Pilze: Vorsicht ist besser als Panik

Giftpilze spriessen nicht nur im Wald und Garten, sondern auch auf Spielplätzen im Knonauer Amt. Wie gefährlich ist dies für Kinder und was können Eltern tun?

Der leicht giftige Heu-Düngerling (Paneolus foenisecii) kommt zu dieser Jahreszeit oft gesellig auf frisch gemähten Rasen vor. (Bild Nathan Wilson)
Der leicht giftige Heu-Düngerling (Paneolus foenisecii) kommt zu dieser Jahreszeit oft gesellig auf frisch gemähten Rasen vor. (Bild Nathan Wilson)

Neugier und Forscherdrang von Kleinkindern sind grenzenlos. Und weil die kleinen Forscher ihre Umwelt mit allen Sinnen erkunden, ist schnell einmal ein gefundenes Pilzchen im Mund verschwunden. «Handelt es sich dabei um einen Giftpilz, kann dies gefährlich werden», sagt Christian Klee, einer der vier Pilzkontrolleure der Kontrollstelle Affoltern und ergänzt: «In den letzten Jahren kam ich öfters bei solchen Fällen, in denen Kinder im Freien unbekannte Pilze geschluckt haben, zum Einsatz». So geschehen in Obfelden, als ein Kind beim Spielen im Rasen kleine bräunliche Pilze fand und schluckte. Die besorgte Mutter suchte sofort telefonischen Rat am Schweizerischen Toxikologischen Informationszentrum in Zürich (kurz Tox-Zentrum), wo man ihr empfahl, dem Kleinen Kohlesuspension zu geben. Gleichzeitig wurde der Affoltemer Pilzkontrolleur aufgeboten. Er sollte die Pilze, welche die Mutter klugerweise am Tatort gesammelt hatte, bestimmen. Gut eine Stunde nach der Einnahme der Pilze, lag das Resultat vor. Es handelte sich um den leicht giftigen Heu-Düngerling, eine Pilzart, die zu dieser Jahreszeit oft in frisch gemähten Rasen erscheint. Die Mutter konnte vorerst beruhigt werden, dass für ihren Kleinen keine unmittelbare Lebensgefahr bestehe. Sie wurde jedoch angewiesen, das Kind zu beobachten und sich bei Bauchschmerzen, Erbrechen oder Durchfall unverzüglich an ihren Arzt oder an das Tox-Zentrum zu wenden.

Selten schwere Vergiftungen

 

«Das ist leider kein Einzelfall. Im letzten Jahr mussten wir am Tox-Zentrum rund 130 Mal Auskünfte erteilen, bei denen Kinder einen oder mehrere Pilze aus dem Rasen eingenommen hatten», sagt Katharina Schenk-Jäger, Ärztin am Tox-Zentrum in Zürich und selbst Pilzkontrolleurin. In den letzten Wochen seien täglich solche Anfragen eingegangen – bis Ende Juni waren bereits wieder 44 betroffen.

Die Gründe für die seit einigen Jahren beobachtbare Zunahme solcher Fälle liessen sich derzeit allerdings noch nicht sicher feststellen. Dass Kinder in den letzten Jahren häufiger mit Pilzen – darunter eben auch mit giftigen – in Berührung kommen, ist möglicherweise auch auf den vermehrten Gebrauch von Rindenschnitzeln zur Bodenabdeckung zurückzuführen. In Gärten, Rabatten und manchenorts auch auf Spielplätzen hemmt diese an sich naturnahe Rindenmulchabdeckung das Krautwachstum. Für gewisse Pilze ist der Mulch aber ein guter Nährboden. Dies bestätigt auch Pilzexperte Christian Klee. Neben Speisepilzen wie etwa der begehrten Spitzmorchel kämen auch Giftpilze aus den Gattungen Häublinge, Risspilze, kleine Schirmlinge und sogar Drogenpilze vor, und zwar auch ausserhalb der Pilzsaison im Herbst.

«Zum Glück für die Kleinen verlaufen die meisten dieser tatsächlichen oder befürchteten Pilzvergiftungen harmlos», sagt Katharina Schenk-Jäger und erläutert: «Die häufigsten Vergiftungssymptome sind Bauchschmerzen, Erbrechen und Durchfall. Zu schwereren Vergiftungserscheinungen, die eine Behandlung im Spital nötig machen, kommt es nur in Einzelfällen.» In solchen Fällen sei aber rasches Handeln wichtig. «Hier sind wir auf die wertvolle Arbeit der Pilzkontrolleurinnen und -kontrolleure angewiesen, welche die Pilzart schnell identifizieren können und so dem Arzt helfen, eine gezielte Behandlung einzuleiten.»

Panikreaktionen vermeiden

 

«Die Giftigkeit einiger Pilze auf diesen Rindenschnitzeln ist zwar nicht zu unterschätzen» betont Katharina Schenk-Jäger, «aber schwere Vergiftungen kommen doch eher selten vor. Viel häufiger zu beobachten sind aufgeregte Eltern, die in solchen Fällen oft überfordert sind.» Angst und Panik sind aber schlechte Helfer, und manchmal sind die beruhigende Anwesenheit eines Arztes oder eines kompetenten Pilzexperten schon die beste Medizin.

Selbst bei sorgfältiger elterlicher Überwachung spielender Kleinkinder, kann es eben doch gelegentlich vorkommen, dass die neugierigen Kleinen diese verlockenden Pilze oder Teile davon in den Mund nehmen. Dieser Gefahr sind sich natürlich auch die Betreuerinnen und Betreuer verschiedener Kindertagesstätten, unter anderen der KiTa Sunneland in Affoltern, bewusst. Mit den kleinen Schützlingen verbringen die Betreuerinnen und Betreuer bei jedem Wetter täglich mehrere Stunden in der freien Natur. Vor dem Ausflug und je nach Situation der Vegetation weisen sie alle Kinder auf die möglichen Gefahren und darauf hin, nichts in den Mund zu nehmen. «Das sind Regeln, die wir streng beachten. Die Kinder sollen ihre Umwelt neugierig erforschen und wir begleiten sie dabei. So können sie ein Bewusstsein für Gefahren erlernen, ohne dabei ängstlich zu werden. Damit lässt sich das Risiko minimieren, dass ein Kind etwas Gefährliches wie Pilze, Beeren, Pflanzen, Zigarettenstummel und anderes, was es so findet, in den Mund steckt», sagt die Leiterin Anne Uellendahl.

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