Petition für die geplante Schliessung der Bachtelenstrasse eingereicht

Naturschutzverbände wollen, dass die Kernzone im Sihlwald unangetastet bleibt

Im Gespräch mit den Kontrahenten wird bald einmal klar, dass die Schutzwürdigkeit des Sihlwaldes mit seiner 4,21 Quadratkilometer grossen Kernzone hier wie dort nicht angezweifelt wird. Wie dieser Schutz jedoch auszusehen hat, darüber scheiden sich die Geister. 2008 vom Zürcher Regierungsrat in Kraft gesetzt, regte sich bald Widerstand gegen die rigide Schutzverordnung (SVO) im Sihlwald. Beliebte Wegverbindungen auf dem Albisausläufer wie der Schnabelluckenweg sowie der Kreten- und der Albismätteliweg waren plötzlich nur noch für Fussgänger erlaubt. Andere Wege wie die Streubodenstrasse, die durch die Kernzone führen, wurden mittels von der Parkverwaltung umgerissener Bäume gleich ganz geschlossen. Immer öfter gerieten Waldbesucher und Park-Ranger wegen der Verbote aneinander.

Dagegen regte sich zunehmend Widerstand aus der Bevölkerung. 2012 wurde die IG Sihlwald für alle gegründet. Eine Gruppe, bestehend aus Reitern, Bikern, Bauern, Waldbesitzern, Wanderern, Hundehaltern und Anwohnern des Wildnisparks, die die Einschränkungen nicht länger hinnehmen wollte. Innert weniger Wochen wurden mehr als Tausend Unterschriften zugunsten einer Petition für eine Überarbeitung der SVO gesammelt; die IG erhielt 350 Mitglieder. Unter dem Druck der Bevölkerung und zahlreicher Lokalpolitiker schwenkten auch die politischen Gremien aller Anrainergemeinden sowie die Zürcher Planungsgruppen Knonaueramt und Zimmerberg ein und stützten die Anliegen der IG.

Der politische Widerstand erlosch nie

Der politische Widerstand gegen die Überarbeitung der SVO erlosch jedoch nie. Mitte 2013 reichten Davide Loss (SP, Adliswil), Rahel Walti (GLP, Horgen) und Edith Häusler-Michel (Grüne, Kilchberg) ein dringliches Postulat mit dem Titel «Kanton gefährdet grüne Perle im Sihltal» im Kantonsrat ein. Ihr Ziel, die Revision der SVO zu verhindern, scheiterte jedoch an der bürgerlichen Ratsmehrheit. Das Postulat wurde nicht an den Regierungsrat überwiesen. Das Gros der Parlamentarier respektierte damit den Wunsch aus der Bevölkerung und auch die Verordnung, die vorsieht, dass sie «überarbeitet werden kann, wenn ein überwiegendes Interesse besteht».

Die revidierte Schutzverordnung, die der Regierungsrat im September 2014 in die Vernehmlassung schickte, löste gegen 100 Einwendungen aus. Dreiviertel davon betreffen die Verbindungswege und deren Nutzungsmöglichkeiten. Auf Anklang stiess zwar, dass der Wanderweg auf dem Albisgrat nicht mehr zum Schutzgebiet gehört und damit für Velofahrer und Reiter wieder zugänglich gemacht werden soll. Bei genauer Betrachtung stellte sich aber heraus, dass dies lediglich eine Fehlerkorrektur war. Die Planer hatten den Perimeter des Wildnisparks allzu grosszügig auf die Hausemer Seite des Albis gelegt. Anlässlich der Informationsveranstaltung zur SVO-Revision sagte Projektleiter Hanspeter Tschanz dazu: «Man hat sich das zuwenig gut überlegt, als man die Karte zeichnete.»

Die Revision ist reine Fehlerkorrektur

Ausserdem soll es künftig auch für Reiter und Biker wieder möglich sein, legal durch den Sihlwald von Hausen nach Langnau zu gelangen. Der Leinenzwang für Hunde soll am ganzen rechten Sihlufer zwischen Sihluferweg und der Sihl aufgehoben werden. Eine wichtige Einschränkung, gegen die sich eine Vielzahl der Einwendungen richtete, wurde in der SVO aber auch nach der Revision beibehalten: Die Bachtelenstrasse, die teilweise durch die Kernzone führt, soll ab 2019 nur noch für Fussgänger erlaubt sein. Vorsorglich wird sie deshalb schon seit geraumer Zeit nicht mehr unterhalten und soll gemäss Tschanz inzwischen «abrutschgefährdet» sein.

Um der gewünschten Schliessung der Bachtelenstrasse Nachachtung zu verschaffen, haben die drei Naturschutzvereine Pro Natura Zürich, Schönenberg und Wädenswil, die vier Natur- und Vogelschutzvereine Thalwil, Oberrieden, Langnau und Hirzel sowie der Fischer-Verein Thalwil Unterschriften gesammelt. 2700 Personen haben laut Andreas Hasler,Geschäftsstellenleiter von Pro Natura Zürich, die Petition zuhanden derZürcher Baudirektion unterzeichnet. «Die Kernzone darf nicht angetastet werden», sagte Hasler auf Anfrage des «Anzeigers». Er sieht kein Problem darin, dass Pro Natura Zürich in seiner lokalen Publikation behauptet, dasnationale (Wildnispark-) Label werde «für eine Radwegverbindung durch die Kernzone aufs Spiel gesetzt». ImSihlwald solle es «jetzt mehr Wege vor allem für Velofahrer und Reiter geben, die Schutzverordnung soll gelockert werden». (Dies ist nachgelesbar unter:www.pronatura-zh.ch/pro-natura-lokal Nr. 1/15, Seite 4). Auch findet er es okay, dass Pro Natura Zürich im gleichen Artikel schreibt, die Behörden hätten sich mit der Revision der SVO «instrumentalisieren» lassen. «Das ist unsere Meinung», erklärt Hasler.

Bei der Wahrheit bleiben

«Bei allem Eifer sollte man bei der Wahrheit bleiben», findet Bruno Heinzer, Vorsitzender der IG Sihlwald für alle. «Unsere IG will im Sihlwald keineswegs mehr Wege. Sie will nur, dass das seit Jahrzehnten bestehende Wegnetz für die verschiedenen Nutzer offen und erhalten bleibt.» Dazu gehöre auch die Bachtelenstrasse, die seit jeher ein wichtiger Verbindungsweg im Sihlwald gewesen sei. Schon mehrmals sei an öffentlichen Veranstaltungen und Gemeindeversammlungen widerlegt worden, dass das Offenhalten der Wegverbindungen auch für Reiter und Radler dem Naturschutz schade und das Wildnispark-Label gefährde, führt Heinzer aus. «Es ist auch nicht so, dass bisher irgendwelche Verordnungen gelockert wurden. Bei der revidierten Fassung der Schutzverordnung handelt es sich vorwiegend um Fehlerkorrekturen. Der Albis-Gratweg beispielsweise liegt grösstenteils auf dem Gebiet der Gemeinde Hausen. Das Land ist in Besitz von Korporationen und Privatpersonen, deren Grundstücke ungefragt der Kernzone zugeschlagen worden sind.» – Hasler sieht die rechtliche Situation anders: «Es ist ungewiss, ob der Bund das Wildnispark-Label nicht doch entzieht, wenn die Bachtelenstrasse weiter wie bisher offen bleibt.» Schon jetzt sei die Kernzone wegen der Sihlwaldstrasse ein Kompromiss und mit einer Fläche von 4,41 Quadratkilometer am unteren Grössenlimit. Man wolle das Label nicht durch weitere Zugeständnisse gefährden. Schliesslich sei das Wegnetz im Sihlwald mit der SVO-Revision vor allem für Velofahrer und Reiter deutlich länger geworden.

 

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