«Die Jahre flogen nur so vorbei»

Früher war nicht alles nur besser, auch nicht in der Schule. Vor 40 Jahren, als Bruno Lässer seine Lehrerstelle antrat, war aber doch einiges ziemlich anders. Zeiten, die auch seine Frau Esther erlebte. Die Lehrerin geht nach 34 Jahren in Pension. Die Hauswarte Samuel und Ruth Züllig verabschiedet sich nach 26 Jahren in den Ruhestand.

Sie gehen nach Jahrzehnten Tätigkeit für die Primarschule Affoltern in Pension. Von links: Sämi Züllig, Bruno Lässer, Esther Lässer und Ruth Züllig. (Bild Claudia Merki)
Sie gehen nach Jahrzehnten Tätigkeit für die Primarschule Affoltern in Pension. Von links: Sämi Züllig, Bruno Lässer, Esther Lässer und Ruth Züllig. (Bild Claudia Merki)

Adhs? Ritalin? Burnout? Peacemaker? Vor 40 Jahren, als Lehrer Bruno Lässer seinen «Dienst» bei der Primarschule Affoltern antrat, hätte diese heute nicht nur im Schulwesen gängigen Wörter kaum jemand verstanden. An diesen und vielen weiteren schulspezifischen Begriffen ist abzulesen, wie sehr sich die Gesellschaft und damit die Schule in den vergangenen Jahrzehnten gewandelt hat. «Team-teaching» – zwei Lehrpersonen, die gleichzeitig in einer Klasse unterrichten – war inexistent, beim Wort«Koedukation» hätten die Lehrer wohl nur verständnislos den Kopf geschüttelt. Wenn sie Klassenführung betrieben, hiess dies nicht neudeutsch geschwollen «Classroom Management». Die Gesellschaft und also die Schule brauchte damals weder Hort noch Mittagstisch noch Harmos, die Harmonisierung der Schule.

Apropos Lehrer: Die ausschliesslich männliche Bezeichnung ist hier gewollt, denn zu Bruno Lässers Zeiten waren die Männer in diesem Beruf in der Mehrzahl (heute knapp 20%), und fast alle unterrichteten sie Vollzeit. Die unverheirateten Lehrerinnen wurden noch lange mit «Fräulein» angesprochen, so auch Esther Lässer. Die Lehrerin kann mit 34 Jahren ebenfalls auf eine stattliche Zahl an Jahren an der Primarschule zurückblicken. Als Stütz- und Förderlehrperson war sie auf allen Stufen tätig. Auch Sportunterricht erteilte Esther Lässer, und als Vikarin war sie flexibel kurzfristig einsetzbar. Dank ihrer Unterstützung als Hilfsleiterin wurden zahlreichen Ski- und Klassenlager (siehe Kasten) zueinem unvergesslichen Erlebnis für Generationen von Schülerinnen und Schülern.

«Sommerputz war Kletterzirkus»

Jeweils in den Sommerferien werden die Schulhäuser richtig gründlich gereinigt. Ein Vierteljahrhundert lang beteiligte sich auch Ruth Züllig daran. Die Hauswartin im Nebenamt – hauptberuflich arbeitete sie im Verkauf von Haushaltartikeln und Eisenwaren – bezeichnet diese Aktionen als «Kletterzirkus, der mich fit gehalten hat». Etwas gefrustet sei sie jeweils gewesen, wenn sie die Klassenzimmer unaufgeräumt und nicht aufgestuhlt vorgefunden habe. Die Kommunikation durch Vorgesetzte sei nicht immer optimal gewesen.

Ansonsten zieht Ruth Züllig eine positive Bilanz: «Es entstanden Freundschaften, auch mit Lehrern und Schülern. Die Hauswartausflüge waren immer ein Höhepunkt und amüsant». Die Möglichkeit, selbstständig arbeiten zu können, schätzte sie ebenso sehr wie die Tatsache, dass sich das Putzmaterial im Laufe der Zeit verbessert hat. Nun freut sich Ruth Züllig darauf, den neuen Lebensabschnitt mit ihrem Partner zu geniessen, Zeit in der Natur und mit den Enkeln zu verbringen, sich aufs Velo zu schwingen oder Motorradtouren zu unternehmen.

«Die Jahre flogen nur so vorbei»

26 Jahre arbeitete Samuel «Sämi»Züllig als Hauswart im Schulhaus Semper. Eine lange Zeit, doch «die Jahre flogen nur so vorbei», sagt er rückblickend. Viel hat er erlebt, auch unliebsame Überraschungen, wie diese Episode zeigt: Bei seinem Stellenantritt befand sich ein Schulhausteil im Endausbau, sodass «ich in den Genuss kam, an Bausitzungen teilzunehmen, den Bau überwachen und die Handwerker instruieren zu können», erinnert er sich. Als der Neubau schliesslich fertig war, ging es an die Endreinigung. Er hätte es nicht für möglich gehalten, dass ein Teil dieser Arbeit umsonst war, kaum war sie beendet. «Über Affoltern ging ein Gewitter nieder. Wegen eines Handwerkerfehlers drang Wasser ein und setzte den unteren Stock unter Wasser». Als Nervenprobe für die Hauswarte stellte sich der Schulbetrieb heraus, der parallel zum Bau des zweiten Schulhausteils lief: «Die Baustelle zog die Kinder an, und wir mussten sie von ihr fernhalten». Sämi Züllig freut sich, ab Herbst, wenn er in Pension geht, mehr Zeit für seine Familie zu haben. «Und vielleicht wieder mehr Sport zu treiben».

Claudia Merki, Primarschulpflege Affoltern

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