Zu viel Verlust von Landwirtschaftsland?

Nicht die Massnahmen für den Hochwasserschutz im Dorf, sondern die Revitalisierung des Jonenbachs ausserhalb des Siedlungsgebietes von Rifferswil geriet an einer Orientierungsveranstaltung ins Visier.

Referierten über Revitalisierung und Hochwasserschutz am Jonenbach, von links: Matthias Oplatka, Pascal Sieber (beide Awel), Michael Nanz (gpw) und der Rifferswiler Gemeindepräsident Marcel Fuchs. (Bild Werner Schneiter)
Referierten über Revitalisierung und Hochwasserschutz am Jonenbach, von links: Matthias Oplatka, Pascal Sieber (beide Awel), Michael Nanz (gpw) und der Rifferswiler Gemeindepräsident Marcel Fuchs. (Bild Werner Schneiter)

Gemäss einer groben Schätzung belaufen sich die Kosten für Renaturierung und Hochwasserschutz am Jonenbach in Rifferswil auf 4,6 Mio. Franken – Kosten, die vom Kanton getragen werden, der dabei wiederum «kräftig» vom Bund unterstützt wird. Anpassungen auf Gemeindeseite hätte Rifferswil zu übernehmen, zum Beispiel Umlegung von Leitungen oder Wegen. «Wir stehen erst am Anfang und haben jetzt eine Situationsanalyse erstellt. Das Projekt muss nun weiterentwickelt werden – noch viele Schritte stehen bevor», sagte Michael Nanz vom Ingenieurbüro gpw in Affoltern. Bis zu einem Ausführungsprojekt dürften rund fünf Jahre verstreichen, ein Bau beansprucht voraussichtlich zwei Jahre.

Der Gemeinderat Rifferswil steht dem Vorhaben positiv gegenüber, wie Bauvorstand Hugo Walter bekräftigte. Er zeigte sich beeindruckt, wie der Kanton die gesteckten Ziele verfolgt.

«Schwierig zu sagen, wann Hochwasser kommen»

Die Bemerkung von Awel-Vertreter Matthias Oplatka, wonach die Revitalisierung eine Attraktivitätssteigerung fürs Dorf darstellt, wurde nicht von allen am Info-Abend Anwesenden geteilt. Für Landwirt Hans Baer ist das Vorhaben unverhältnismässig und ein Luxusprojekt mit enormem Landverschleiss. «Wir haben die Natur schon heute vor unserer Haustüre und überall Erholungsraum und haben bereits heute rund 15 ha Streuland», sagte er mit Blick auf Massnahmen ausserhalb des Dorfes. Eine Absenkung des Bachbetts im Bereich des Dorfplatzes reiche; ein Anheben der Brücke sei nicht notwendig und aus Kostengründen abzulehnen.

Derweil räumte Oplatka ein, dass hier Interessen aufeinanderprallen. Er erinnerte aber auch ans Hochwasser, das den Haselbach bei Knonau über die Ufer treten liess und dort nun Massnahmen beschlossen sind, die auf Akzeptanz stossen. «Schwierig zu sagen, wann Hochwasser kommen. Tatsache ist, dass wir in den letzten Sommern des Öfteren grosse Gewitter mit heftigen Regengüssen hatten», sagte der Kantonsvertreter, auch mit Blick auf den Klimawandel. Für Pascal Sieber, ebenfalls Awel-Mitarbeiter, hat sich die Biodiversität im Mittelland verschlechtert. «Wir brauchen Vernetzungsachsen. Fliessgewässer spielen hier eine wichtige Rolle.»

Im Publikum wurde der Verlust an Landwirtschaftsland besonders kritisiert – auch mit Blick auf die Ernährungssicherheit. «Wir brauchen doch nicht so breite Abschnitte. Lasst doch dem Bach einfach seinen Lauf», hiess es, gepaart mit der Frage nach Realersatz und Entschädigungen. «Realersatz finden – das ist nicht einfach. Wir streben einen Ausgleich unter den Landwirten an – es verlieren zwar alle Land, aber wir wollen den Schwarzen Peter möglichst gut verteilen», hiess es bei den Referenten, die ferner darauf hinwiesen, dass Bauern die Möglichkeit von Unterhaltsarbeiten haben, die entschädigt werden.

Keine Enteignungen

Im Publikum gerieten auch die Kosten ins Visier. «Die Renaturierung ausserhalb des Dorfes lässt sich doch günstiger bewerkstelligen», findet Ruedi Kehrli, der Massnahmen innerhalb des Dorfes begrüsst und auf die sehr gute Wasserqualität hinwies – im Weiteren auch auf gute Fisch- und Krebsbestände, Beleg für eine sehr gute Wasserqualität der Jonen. Neben kritischen Voten gab es auch befürwortende Stimmen: «Ein tolles Projekt. Und Landwirtschaftsland wird ja auch für Strassen und Radwege benötigt. Warum also nicht auch für eine naturnahe Bachgestaltung?», warf eine Votantin ein.

Aufseiten der Kantonsvertreter wurde betont, dass Bachabschnitte mit guter Qualität belassen werden und die Revitalisierung eine wichtige Triebfeder darstellt, um das Projekt realisieren zu können. Pascal Sieber sprach von spannenden Voten und Orientierungspunkten, die man für die weitere Planung gerne aufnehme.

Klar ist, dass der Kanton Enteignungen, die offenbar möglich sind, vermeiden will. «Diese machen keinen Sinn. Wenn wir feststellen, dass das Projekt in breiten Bevölkerungs-kreisen auf Ablehnung stösst, so wird es nicht realisiert», betonte der Awel-Vertreter. Gemeindepräsident Marcel Fuchs rief die Anwesenden zum aktiven Mitmachen auf, Ideen und Vorschläge einzubringen. «Wir sind ja noch nicht in der Projektphase».

Weitere Artikel zu «Bezirk Affoltern», die sie interessieren könnten

Bezirk Affoltern25.04.2024

Fusionspläne bei Landi-Genossenschaften

Landi Albis, Obfelden und Freiamt künftig gemeinsam?
Bezirk Affoltern25.04.2024

Schneedruck macht den Kulturen zu schaffen

Raps, Gerste und Obst leiden unter dem anhaltenden Wintereinbruch
Bezirk Affoltern25.04.2024

Veloweg wird nun doch gebaut

Zwischen Uerzlikon und Rossau: Einigung zwischen der Besitzerfamilie und dem Kanton