«Billig ist nicht automatisch auch wirtschaftlich am günstigsten»

Informationsabend des Gewerbeverbands des Bezirks Affoltern zum Thema Auftragsvergabe durch Gemeinden

Das Podium zum Thema Auftragsvergabe durch Gemeinden (von links): Bauunternehmer Andri Oertli, FDP-Kantonsrat Olivier Hofmann, Gesprächsleiter Bernhard Schneider, Verwaltungsrichter Matthias Hauser und der Affoltemer Immobilienvorstand Hermann Brüt
Das Podium zum Thema Auftragsvergabe durch Gemeinden (von links): Bauunternehmer Andri Oertli, FDP-Kantonsrat Olivier Hofmann, Gesprächsleiter Bernhard Schneider, Verwaltungsrichter Matthias Hauser und der Affoltemer Immobilienvorstand Hermann Brütsch. (Bild Salomon Schneider)

Olivier Hofmann, der Präsident des Bezirksgewerbeverbands und FDP- Kantonsrat begrüsste die gut 50 anwesenden Behördenmitglieder und Gewerbetreibenden an der Informationsveranstaltung vom vergangenen Donnerstag im Restaurant Löwen in Hausen: «Es geht dem Gewerbeverband darum, Wissen zu vermitteln und zur Verständigung zwischen Gemeinden und Gewerbe beizutragen. Es ist erfreulich, dass Gewerbe und Politik sich gleichermassen für dieses Thema interessieren.»

Submissionsrecht als Zwangsjacke

Matthias Hauser, Rechtsanwalt und Richter am Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, hielt das Inputreferat zum Thema Auftragsvergabe und Submissionsrecht auf Gemeindeebene. Die Verrechtlichung der Submissionsgesetze sei eine Zwangsjacke für Gemeinden und auch für das Gewerbe nicht unbedingt positiv: «Gemeinden können oft nicht dorthin vergeben, wo sie gute Erfahrungen gemacht haben, da der Preis den grössten Teil der Offerten ausmacht. Gleichzeitig profitiert genau das regionale Gewerbe wenig vom verschärften Submissionsrecht, da auswärtige Firmen eher zum Zug kommen.»

Die Submissionsgesetzgebung sehe eigentlich vor, dass das wirtschaftlich günstigste Angebot berücksichtigt werden müsse und nicht das billigste. Gleichzeitig komme es aber immer öfter zu Rechtsstreitigkeiten, wenn nicht die billigste Offerte berücksichtigt werde. «Gerade kleine Gemeinden gewichten deshalb den Preis sehr hoch, denn rechtssichere und transparente Begründungen für die Berücksichtigung von qualitativen Kriterien brauchen viel Erfahrung und Know-how. Referenzen sind in diesem Bereich extrem wertvoll. Wenn sie eingeholt werden, muss das vergleichbar geschehen und gut dokumentiert werden. Dann ist auch die Rechtssicherheit gewährleistet», erläuterte Matthias Hauser.

In der Privatwirtschaft viel einfacher

Im Anschluss an das Inputreferat führte der Gesprächsleiter Bernhard Schneider eine angeregte Podiumsdiskussion mit dem Affoltemer Immobilienvorstand Hermann Brütsch, Matthias Hauser, Olivier Hofmann und Andri Oertli, dem Inhaber und Geschäftsführer des Hedinger Baugeschäfts Halbeis AG.

Zuerst fragte Bernhard Schneider Hermann Brütsch, ob er lieber als Gemeindevertreter oder in der Privatwirtschaft Aufträge vergebe. Brütschs Antwort kam sofort: «Ganz klar in der Privatwirtschaft. Dort ist alles viel einfacher. In der Gemeinde werden für alle Geschäfte, die über den Gemeinderatstisch gehen, mindestens drei Offerten eingeholt, wenn es mindestens um 6000 Franken geht. Ich lege grossen Wert darauf, dass jeder eine faire Chance erhält.»

Uneinigkeit, wann welches Vergabeverfahren Sinn macht

Andri Oertli bezog als Gewerbetreibender klar Stellung zu dieser Praxis: «Für uns sind diese Offerten für Kleinaufträge oft mit viel Aufwand verbunden. Wir müssen uns alles ansehen, planen und eine Offerte schreiben. Das nimmt immer einige Stunden in Anspruch. Oft besteht zudem nicht einmal eine schriftliche Dokumentation, was genau gewünscht ist.» Es seid deshalb manchmal eine Lotterie, ob man einen Auftrag erhalte und wenn man ihn kriege, sei meistens der Preis der alles entscheidende Faktor. Zudem werde manchmal ein Kostenvoranschlag eingeholt, der anschliessend als Offerte behandelt werde.

Die Diskussion spann weiter und wurde auch auf das Publikum ausgedehnt. Es stellte sich jedoch heraus, dass Gewerbe und Gemeinden bei Kleinaufträgen schlicht und einfach andere Ziele verfolgen. Gemeinden geht es um Rechtssicherheit und möglichst günstige Leistungen, während das Gewerbe das freihändige Verfahren bevorzugen würde, bei Aufträgen von unter 10’000 Franken. Man offeriere aber natürlich trotzdem, denn eine gute Beziehung zu den Behörden sei sehr wichtig.

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