Weshalb werden auch im Säuliamt Oktoberfeste gefeiert?

Der «Anzeiger» geht dem aktuellen Trend zu Oktoberfesten, Dirndl und Lederhosen nach

Auch am Stalliker Oktoberfest zeigten sich zahlreiche Damen im Dirndl. Etwas, das es vor den 1990er-Jahren in der Schweiz fast nicht gab. (Bild Salomon Schneider)
Auch am Stalliker Oktoberfest zeigten sich zahlreiche Damen im Dirndl. Etwas, das es vor den 1990er-Jahren in der Schweiz fast nicht gab. (Bild Salomon Schneider)

1810 wurde in München die Hochzeit von Kronprinz Ludwig von Bayern und Therese von Sachsen-Hildburghausen gefeiert, unter anderem mit einem Fest auf der Theresienwiese, am damaligen Stadtrand von München. Es war die Anfangszeit des grossen Wachstums der Stadt München. Von 1400 bis 1800 war München von nur 10000 auf 50000 Einwohner gewachsen. 1850 hatte München bereits 100000 Einwohner, 1940 800000 und heute sind es über 1,5 Millionen. Mit der Stadt München wuchs auch das Oktoberfest. Es kamen immer mehr Schausteller und anstelle der Bierbuden wurden grosse Bierhallen errichtet. 1910 wurden bereits 1200 Hektoliter Bier ausgeschenkt und im grössten Bierzelt fanden 12000 Menschen Platz. Heute sind noch zahlreiche Bierzelte dazugekommen, jedoch finden in keinem mehr als 10000 Personen Platz.

Die Nazis und das Oktoberfest

Beim 100-Jahre-Jubiläum waren Lederhosen und Dirndl nur vereinzelt anzutreffen. Lederhosen waren die robuste Arbeitskleidung von Handwerkern und wurden in der Freizeit nur selten getragen. Das Dirndl war langärmlig, hoch geschlossen und wurde in den katholischen Gebieten Süddeutschlands und Österreichs von der städtischen Oberschicht getragen.

Zentral beeinflusst wurde das Oktoberfest von den Nationalsozialisten. Die NS-Propaganda benannte das Oktoberfest in «Grossdeutsches Volksfest» um. Ähnlich hielt es die nationalsozialistische Propagandamaschine mit Dirndl und Lederhosen. Das Dirndl wurde «entkatholisiert», kurzärmlig gestaltet, geschnürt und mit vergrössertem Ausschnitt versehen, wie man es heute kennt. Auch die Lederhosen wurden von den Nazis kurzerhand zur gesamtdeutschen Nationaltracht ernannt, was wie beim Dirndl die Popularität stark erhöhte. Juden und später auch Polen sowie Ostarbeitern waren das Tragen von Lederhosen oder Dirndln verboten und auch der Besuch des Oktoberfests wurde ihnen untersagt.

Zweite Blütezeit des Traditionalismus

In der Nachkriegszeit erfreuten sich Lederhosen und Dirndl immer noch grosser Beliebtheit, gerieten aber mit dem Siegeszug der Jeans bei allen Geschlechtern fast in Vergessenheit. Erst seit Mitte der 1990er-Jahre wurden Dirndl und Lederhosen wieder öfter getragen und sind zum Exportschlager Bayrischer Kultur geworden und auch das Oktoberfest begann in dieser Zeit immer mehr Menschen aus dem Ausland anzuziehen.

Mit der konservativen Wende in Europa, seit dem Ende des Kalten Krieges, haben Volksfeste in allen Ländern Europas wieder an Bedeutung gewonnen. Vielerorts in der Deutschschweiz haben sich seither Oktoberfeste entwickelt und auch immer mehr Säuliämtlerinnen und Säuliämtler haben ein Dirndl oder Lederhosen im Kleiderkasten.

Stimmung im Festzelt

Wie an allen Oktoberfesten gab es auch in Stallikon viel Bier, deftiges Essen und laute Stimmungsmusik. Bereits kurz nach der Öffnung des Festzelts waren fast alle Tische voll besetzt, ab 20 Uhr wurde mitgeschunkelt und um 22 Uhr war das Zelt prall gefüllt und die bierselige Feststimmung erreichte ihren Höhepunkt.

«Als 2014 die Hauptübung der Feuerwehr Unteramt in Stallikon stattfand, wollte der Zug Stallikon etwas Spezielles bieten und so kamen wir auf die Idee, ein Oktoberfest zu organisieren. Es war ein voller Erfolg und wir wollten es im Jahr darauf wiederholen. Da es viel Aufwand bedeutet, haben wir uns dann entschieden, das Oktoberfest einfach alle zwei Jahre durchzuführen. Wir haben einen super Zug, bei dem alle begeistert mitmachen. Deshalb kommt auch immer ein einzigartiges Fest zustande. Dieses Jahr hat auch die politische Gemeinde erstmals mitgemacht, was hervorragend passt. Denn, wo kommen Neuzuzüger besser unter die Leute als in einem Festzelt?», schwärmt OK-Präsident Reto Sonderegger.

Weitere Artikel zu «Bezirk Affoltern», die sie interessieren könnten

Bezirk Affoltern18.04.2024

Unverhofft kommt oft

Wie ein Baumstamm dem Hausemer Kari Burkard zur Sechseläuten-Teilnahme verhalf
Bezirk Affoltern18.04.2024

Auch auf kleinen Flächen kann man viel für die Biodiversität tun

Der Natur- und Vogelschutzverein (NVBA) gestaltete eine Wiese naturnah
Strahlende Gesichter bei den am Hausemer Schulhaus-Neubau Beteiligten. (Bild Sandra Isabél Claus)
Bezirk Affoltern18.04.2024

Nun steht der Schulneubau

Das Primarschulhaus in Hausen ist bezogen