Bevölkerung will hohe Verschuldung beibehalten

Eineinhalb Stunden lang erläuterte der Stalliker Gemeindepräsident Werner Michel detailliert, weshalb eine massive Steuererhöhung unumgänglich sei. Nach langer Diskussion und komplizierten Abstimmungen entschied sich der Stalliker Souverän für eine Steuererhöhung um vier statt zehn Prozentpunkte.

Ein Steuerprozent macht in Stallikon 110'000 Franken aus. Je höher die Steuern sind, desto mehr Geld kommt jedoch durch den Finanzausgleich und den topografischen Sonderzuschuss noch dazu. Der Gemeinderat budgetierte bei einer Erhöhung der Steuern um zehn Prozent einen Ertragsüberschuss von gut 690'000 Franken. Davon waren 660'000 als Budgetreserve für die kommenden Jahre angedacht. Würde die Gemeindeversammlung die Steuererhöhung ablehnen, würde die Gemeinde nicht nur über eine Million weniger durch Steuern einnehmen, sondern auch über 400'000 Franken weniger aus dem Finanzausgleich erhalten.

Der Schulraum ist wieder knapp

Durch viel zahlreicher zugezogene Familien muss der Schulraum in Stallikon bereits wieder erweitert werden, obwohl das Schulhaus «Pünten» erst im Sommer 2014 eingeweiht worden ist. Deshalb wollte der Gemeinderat 660'000 Franken Reserve für künftige Ausgaben im Zusammenhang mit neuen Schulräumen, die ab August 2019 bezogen und betrieben werden müssen – es wird sich dabei wahrscheinlich um provisorische Pavillons handeln.

In Stallikon ist die Zahl der Senioren und Kinder in den vergangenen Jahren überdurchschnittlich gestiegen. Deshalb müssen die steigenden Kosten durch immer weniger Arbeitstätige getragen werden. Die tiefsten Steuereinnahmen entfallen durch junge Menschen, bis zum Abschluss der Ausbildung, gefolgt von Familien mit schulpflichtigen Kindern und betagten Personen. Am meisten Steuersubstrat generieren Arbeitstätige in Zweipersonenhaushalten – von denen es in Stallikon nur wenige gibt.

Stallikon weist eine finanzielle Strukturschwäche auf, da die Steuern im Vergleich zur Steuerkraft pro Einwohner extrem tief sind und die Gemeinde weist kantonal die sechsthöchsten Schulden pro Einwohner auf. Gleichzeitig werden vom bürgerlich dominierten Kantonsrat Ausgleichsmechanismen für strukturschwache Gemeinden abgebaut. Gut möglich, dass es in einigen Jahren den topografischen Sonderausgleich nicht mehr gibt und der Finanzausgleich bei einer Annahme der Steuervorlage 17 geschwächt wird.

Das neue Rechnungsmodell schönt die finanzielle Situation

 

Durch das neue Rechnungsmodell HRM2 sieht die Situation der Gemeinde Stallikon zudem besser aus, als sie ist. Da neu über viel längere Zeiträume abgeschrieben wird, fallen Abschreibungen für getätigte Investitionen am Anfang viel geringer aus. Gerade in Zeiten günstiger Kredite ist deshalb für Gemeinden die Schuldenfalle fast vorprogrammiert.

In der Diskussion wurde zuerst über das Budget gestritten. Ein Stalliker wollte es zurückweisen, ein Weiterer wollte 900'000 Franken weniger budgetieren. Schlussendlich wurde das Budget angenommen, wobei 120'000 Franken weniger als geplant für die Dorfkernplanung budgetiert wurden. Beim Steuerfuss wurde die Gemeindeversammlung turbulent. Es wurden drei Anträge gestellt – für eine Steuererhöhung von einem, vier sowie sieben Prozent. Da ohne Rückzug von Anträgen zehn Abstimmungen notwendig gewesen wären, die allesamt hätten richtig ausgezählt werden müssen, zogen sich die Abstimmungen in die Länge – vor allem, da noch einige Personen dazugekommen waren und nicht allen völlig klar war, wann sie die Hand heben durften. Der Antrag des Gemeinderats fand am wenigsten Unterstützung und der Antrag auf sieben Prozent Steuererhöhung wurde zurückgezogen. Schlussendlich fand der Antrag für vier Prozent Steuererhöhung 35 Stimmen mehr Unterstützung als der Antrag auf eine einprozentige Steuererhöhung.

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