Ein Säuliämtler im Bundeshaus

Viele Dossiers waren ihm schon vertraut, und er hat im Nationalrat schnell Fuss gefasst: Hans-Ulrich Bigler, seit über 13 Jahren in Affoltern wohnhafter Direktor des schweizerischen Gewerbeverbandes, sitzt seit exakt zwei Jahren als FDP-Vertreter im Parlament – und hat dort klare Präferenzen: die Anliegen von Wirtschaft und Gewerbe.

Rege Betriebsamkeit und Kameras: Hans-Ulrich Bigler in der Wandelhalle des Bundeshauses. (Bild Werner Schneiter)
Rege Betriebsamkeit und Kameras: Hans-Ulrich Bigler in der Wandelhalle des Bundeshauses. (Bild Werner Schneiter)

Hans-Ulrich Bigler ist seit dem 1. Juli 2008 Direktor des schweizerischen Gewerbeverbandes (sgv). Der grösste Dachverband der Schweizer Wirtschaft zählt 250 Mitgliederorganisationen und gegen 300000 Unternehmungen. Eine gewichtige Organisation, die seit 8. Dezember 2015 nun auch eine gewichtige Stimme hat im Nationalrat. Als Ruedi Noser zum Ständerat gekürt wurde, durfte Bigler Einsitz nehmen in der grossen Kammer. Lange vor seinem Eintritt bewegte er sich in der Wandelhalle des Bundeshauses. Als sgv-Direktor kannte er nicht nur die wirtschaftspolitischen Dossiers à fonds, sondern auch eine Vielzahl an Parlamentsmitgliedern. «Ich habe tatsächlich schnell Fuss gefasst, aber die Mechanismen in Kommissionen, in der Fraktion und im Plenum musste ich erst verinnerlichen», sagt er beim Besuch des «Anzeigers» in Bern. Und er fügt bei: «Seit ich im Parlament sitze, bin ich natürlich zeitnaher bei Entscheidungen dabei und früher informiert. So kann ich auch früher Einfluss nehmen. Das ist ein markanter Gewinn für meine Rolle als KMU-/Wirtschaftsvertreter».

Wir treffen ihn in der Wandelhalle, die rund um den Ratssaal führt und Schauplatz ist von Interviews, von lockeren Gesprächen zwischen Besuchern und Nationalräten. Rege Betriebsamkeit herrscht auch an diesem Dienstag, jenem Tag, als Alain Berset (SP) zum Bundespräsidenten und Ueli Maurer (SVP) zum Vize gewählt werden. Im Plenum sorgt die SVP für Aufregung mit ihrer Aktion zum 25. Jahrestag der EWR-Ablehnung durch das Schweizervolk. Der neue Fraktionschef Thomas Aeschi verteidigt das Absingen der Nationalhymne seiner Fraktion vor laufender Kamera mit lauter Stimme. Gewerkschaftsvertreter Corrado Paradini sagt vor dem Mikrofon «Sauerei». Hans-Ulrich Bigler kann dieser Aktion nicht viel abgewinnen. «Gehört nicht ins Parlament und spaltet in dieser Frage weiter», sagt er.

Vizepräsident der Finanzkommission

Wir lassen aber das Thema EU beiseite und kommen schnell zu den Kernanliegen des sgv-Chefs, die naturgemäss jene der Wirtschaft beziehungsweise der KMU sind, namentlich Berufs- und Weiterbildung. Von Bedeutung ist für ihn der Umstand, dass all diese Dossiers auch Thema sind in den Kommissionen, denen er angehört: Wissenschaft, Bildung und Kultur (WBK) sowie in der Finanzkommission, wo Hans-Ulrich Bigler zum Vizepräsidenten aufgestiegen ist. Was er als Anerkennung für seine Arbeit wertet. In der WBK hat sein Einsatz ein Ja zur definitiven Finanzierung der Vorbereitung für die höhere Berufsbildung bewirkt – vor allem aber, dass diese höhere Berufsbildung den universitären Lehrgängen finanziell gleichgestellt wird. «Dieses Anliegen hat der Gewerbeverband 2009 lanciert und stellt eine massive Stärkung der Berufsbildung insgesamt dar, auch weil das auf Verfassungsstufe geregelt ist», betont Bigler. Im Weiteren hat er mit seinem Votum im Rat eine Erhöhung der Pauschalbeiträge an die Berufsbildung um 25 Millionen einen Etappensieg errungen. «Das Geschäft ist noch nicht durch. Würden wir diese 25 Millionen beim Bund sparen, so kämen dann noch 75 Millionen der Kantone dazu – 100 Millionen nicht ausgeben für die Berufsbildung – das wäre dramatisch», fügt er bei. Und er enerviert sich über den Bundesrat, der sich gegen die Ausrichtung der Berufs-Weltmeisterschaften von 2021 in der Schweiz ausgesprochen hat – und gleichzeitig fast eine Milliarde für olympische Winterspiele ausgeben will. «Dabei war die Schweiz an der letzten Berufs-WM äusserst erfolgreich», schiebt Bigler nach.

Gegen die Regulierungswut

Zu den Kernanliegen, ja zu den übergeordneten Zielen des im Säuliamt wohnhaften Berners gehört natürlich auch der Kampf gegen die wuchernde Regulierung, die ja gerade in KMU-Kreisen stark beklagt wird. Bigler gehörte zu den treibenden Kräften in seiner Fraktion für eine Regulierungsmessung und eine -bremsung. Dieser Fraktionsvorsstoss wurde vor eineinhalb Jahren eingereicht und ist noch nicht behandelt worden. «Die Mühlen mahlen hier nur langsam», fügt er lachend bei. Gleichzeitig betont er aber die gute Zusammenarbeit zwischen FDP und SVP, wenn es um Sparmassnahmen beim Bund geht. «Da haben wir einiges durchgebracht», fügt er bei und nennt in diesem Zusammenhang auch die ausufernde externe Beratung bei der Bundesverwaltung sowie die Senkung der gebundenen Ausgaben. «Hier ist nun der Bundesrat gezwungen, ein Konzept auszuarbeiten». Als weiteres Ziel des Gewerbes nennnt Hans-Ulrich Bigler die Einführung eines sogenannten Verordnungs-Vetos seitens des Parlaments. «Vieles wird heute auf Verwaltungsstufe legiferiert, ohne dass das Parlament korrigierend oder bremsend einschreiten kann», sagt er. Der liberale Staat brauche ein gesundes Mass an Regeln, aber es könne nicht sein, dass dieser Staat alles vorschreibe und jeder Ausnahmefall geregelt sein müsse.

Am rechten Flügel der FDP

Neun Vorstösse sind bisher mit Biglers Absender versehen. Er nennt die Arbeit im Parlament insgesamt anregend und vielseitig – dazu auch jene in seiner Fraktion, wo auch seine Anliegen manchmal kontrovers diskutiert werden, aber er gleichwohl auch von grosser Unterstützung seiner Kolleginnen und Kollegen spricht. «Mit der Position der FDP zu Gewerbethemen bin ich grossmehrheitlich zufrieden», bekennt er. Auch wenn das liberale Gedankengut hochgehalten werde, erkenne er eine klare Parteilinie, die in seiner Partei klar rechts der Mitte liege. Bigler wird in der Fraktion dem rechten Flügel zugeordnet. «Gemäss neuestem Rating der NZZ liegt Parteichefin Petra Gössi nicht weit weg von mir», fügt er lachend bei. Er betont aber, dass die Arbeit unter der Bundeshauskuppel auch aussserhalb seiner Kernbereiche spannend ist. Er denkt zum Beispiel an die parlamentarische Gruppe Schweiz-Russland. «Da gibt es Lagebeurteilungen, die profunder sind als von Medien beschrieben.»

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