«Jazz ist die einzige echte Momentkunst»

Am Samstag spielt Daniel Schläppi mit dem renommierten New Yorker Pianist Marc Copland in Affoltern. Im Interview gibt der Schweizer Bassist Auskunft über sein Verhältnis zur Region und zu seiner Musik.

Auf Duo-Besetzung spezialisiert: Bassist Daniel Schläppi. (Bild Uwe Schädelin)
Auf Duo-Besetzung spezialisiert: Bassist Daniel Schläppi. (Bild Uwe Schädelin)

Der Berner Bassist Daniel Schläppi lernte in Manhattan den Pianisten Marc Copland kennen. Daraus entwickelten sich gemeinsame Europatourneen, und einmal spielten sie in der Jazzgallery in New York. Copland wuchs in Philadelphia auf und zog dann nach New York. Zunächst spielte er Saxofon. Der Weltmusiker veröffentlichte viele Alben. Zu seinen Duopartnern zählen Grössen wie John Abercrombie, Gary Peacock, Dave Liebman, Ralph Towner oder Greg Osby.

Daniel Schläppi ist in der Musikwelt ein bekannter Name und bereichert den Genre mit vielen CDs und Konzerten, die in der aktuellen Jazz-Szene Akzente setzen. Am Samstagabend, 16. Dezember, spielen die beiden im «LaMarotte», Affoltern.

«Anzeiger»: Sie besuchen mit Marc Copland Affoltern am Albis, Hand aufs Herz: kennen Sie die Gegend?

Daniel Schläppi: Selbstverständlich kenne ich das Säuliamt. Ich habe schon mehrere Male in Affoltern gespielt, und es war immer super! Dominik Egli, Schlagzeuger in meinem Quartett «Voices», ist in Affoltern aufgewachsen. Bekannte von mir haben hier gewohnt und gearbeitet. Die Aussicht und die Hotellerie im Kloster Kappel kann ich wärmstens empfehlen. Und dann gibt es auch noch diesen schweizweit bekannten, zum Poltern neigenden SVP-alt-Nationalrat…

«Wir interpretieren unser Repertoire jeden Abend anders.»

Bleiben wir bei der Musik. Mit Copland starten Sie die fünfte Tournee und zusammen machten Sie auch das zweite Duo-Album. Wie kann man sich die Zusammenarbeit vorstellen? Wer bringt was ein?

Unsere Musik ist geprägt durch unsere Vorliebe für das Dialogische und für spontanes Interplay. Wir sind beide virtuose Instrumentalisten, aber unser wichtigstes Organ ist das Gehör. Zuhören, kommunizieren und vollkommen in den Moment eintauchen können nur wenige Musiker. Wir interpretieren unser Repertoire jeden Abend anders und entscheiden oft erst auf der Bühne, welche Songs wir spielen möchten. Das ist für uns und das Publikum spannend.

Bass und Piano – eine interessante Kombination. Was macht sie faszinierend?

Marc und ich sind beide auf Duo-Besetzungen spezialisiert. Marc pflegt diese Leidenschaft mit Grössen des Weltjazz wie Gary Peacock, Dave Liebman, Ralph Towner, John Abercrombie und Greg Osby. Ich spiele seit über einem Jahrzehnt regelmässig mit dem wunderbaren Gitarristen Tomas Sauter. Die kleinstmögliche «Band» gibt am meisten Raum für musikalische Interaktion. Als Bassist liebe ich es, wenn ich – anders als im Jazz üblich – nicht die Rolle als «Motor» der Gruppe übernehmen muss. Im Duo bin ich vom ersten Ton an gleichwertiger Partner und geniesse alle Freiheiten, die man sich wünschen kann.

Sie spielten auch schon in den Staaten und in Deutschland. Merkt man die örtliche Mentalität auch durch das jeweilige Publikum?

Aus Publikumsreaktionen weiss ich, dass unsere Musik unmittelbar Emotionen evoziert. Das elementare Empfinden von Menschen, die an Jazzkonzerte gehen, ist in Manhattan ähnlich wie in Wuppertal oder Affoltern. Mentalitäten hängen heutzutage weniger mit Orten als mit Lebensstilen zusammen. Wer volkstümlichen Schlager hört – ob in Berlin oder Beckenried –, wird kaum an unser Konzert kommen.

«Wenn ich von der Intensität im Konzert Gänsehaut bekomme, ist das ein grandioses Gefühl»

Schon immer beschäftigten Sie sich mit Jazz auch in der Vermittlung und in Verbänden. Woher stammt die Liebe zu diesem Genre?

Jazz ist die einzige echte Momentkunst. Gespielt und schon verklungen! Wenn ich – oder das Publikum – von der Intensität des Augenblicks im Konzert Gänsehaut bekomme, ist das ein grandioses Gefühl, ein einzigartiges Erlebnis. Trotzdem sind die Produktionsbedingungen für improvisierte Musik vielerorts verbesserungswürdig. Deshalb habe ich mich lange Jahre in der Berufs- und Verbandspolitik engagiert.

Interview: Urs Heinz Aerni

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