Auf dem Jahrmarkt der Uneitelkeit

Betrachtungen zum Affoltemer Chilbi-Wochenende

An der Chilbi steht die Welt Kopf – nicht nur auf der «Ranger»-Riesenschaukel. (Bilder Livia Häberling)

An der Chilbi steht die Welt Kopf – nicht nur auf der «Ranger»-Riesenschaukel. (Bilder Livia Häberling)

Ein bisschen spazieren, ein bisschen flanieren und ein bisschen den Sonntag geniessen.

Ein bisschen spazieren, ein bisschen flanieren und ein bisschen den Sonntag geniessen.

Es ist Sonntag, es ist Chilbi. Das Säuliamt geht hin, obwohl sich letztes Jahr alle sicher waren: «Das Mal isch s letscht Mal gsii.» Kaum dort, steht die Welt plötzlich Kopf.

Dann kauft der Vater dem Töchterchen ein Prinzessinnen-Shirt, obwohl er Rosa blöd findet. Und dem Söhnchen eine Chügeli-Pistole, obwohl er Pazifist ist. Und beides findet er nicht schlimm, obwohl er Geschlechterstereotypen zum Kotzen findet.

Dann essen junge Mädels plötzlich Magenbrot, obwohl die nicht glutenfrei sind. Und gebrannte Mandeln, obwohl die nicht Low Carb sind. Und Crêpes, obwohl die nicht vegan sind.

Dann kaufen die Grosseltern Frühlingsrollen beim Chinesen und Salami beim Italiener, obwohl sie «Fremdländisches» eigentlich verachten.

Dann sagt der Götti «ja» zur Monsterschaukel, obwohl er Höhenangst hat. Und lässt sich davon nichts anmerken, obwohl er dem Kleinen immer sagt, Gefühle zeigen sei auch als Mann voll in Ordnung.

Dann zielen Halbstarke am Schiessstand auf Plastikplättchen, obwohl sie Krieg das Letzte finden. Und die Freundinnen geben sich beeindruckt, obwohl sie insgeheim wissen, dass sie es besser könnten.

Dann fischt das Mami nach Plastikentchen, obwohl sie weiss, dass alle Preise Ramsch sind. Und der Papi sagt nichts, obwohl der Plunder beim Entsorgen mehr kostet, als er wert ist.

Dann darf die Kleine eine Zuckerwatte, obwohl das Karies gibt. Und der Bruder nicht, obwohl das Krach gibt.

Dann ist amerikanisches Kulturgut das Allergrösste, obwohl sonst klar ist: «Switzerland first».

Dann kauft der Singlemann ein Härdöpfelgewürz, obwohl er niemals kocht. Und der Opa einen Bärenbalsam, obwohl er nicht an homöopathischen Hokuspokus glaubt.

Dann sind halbnackte Frauen auf Surfbrettern unproblematisch, obwohl sich alle einig sind, dass Sexismus nicht tolerierbar ist.

Und am Schluss sind sich alle sicher: «Das Mal isch s letscht Mal gsii», obwohl sie insgeheim wissen, dass sie auch nächstes Jahr wieder dabei sein werden.

Denn wenn Chilbi ist, dann ist für einen Nachmittag alles anders. Dann steht die Welt plötzlich Kopf. Und das ist so schön.

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