Ein kleiner Übeltäter macht mächtig Ärger

«Burglind» und der trockene Sommer haben im Säuliamt zu einer Borkenkäfer-Plage geführt. Tausende Bäume fielen ihm bisher zum Opfer. Die Holzqualität ist oft minderwertig und der Absatz schwierig.

Ueli Müller im Affoltemer Wald vor einem Teil des befallenen Holzes. Die blau-grauen Verfärbungen (sog. «Bläuepilze») vermindern die Holzqualität. (Bilder Livia Häberling)

Ueli Müller im Affoltemer Wald vor einem Teil des befallenen Holzes. Die blau-grauen Verfärbungen (sog. «Bläuepilze») vermindern die Holzqualität. (Bilder Livia Häberling)

Die Muster in der Rinde zeigen das typische Brutsystem des Buchdruckers.

Die Muster in der Rinde zeigen das typische Brutsystem des Buchdruckers.

Der Holzschädling wird nur wenige Millimeter gross.<em/>

Der Holzschädling wird nur wenige Millimeter gross.<em/>

Ueli Müller hackt mit dem Beil ein Stück Rinde vom Baumstamm. Auf den ersten Blick ist für ein ungeschultes Auge nichts zu erkennen. Sie ist braun, mit rauer Struktur, ganz normal. Doch kaum umgedreht, zeigt sich: Da bewegt sich etwas, die Rinde scheint zu leben.

In ihr hat es sich der Borkenkäfer gemütlich gemacht. Das kleine Tierchen gehört zur Unterfamilie der Rüsselkäfer. Weltweit gibt es rund 6000 Arten, in Mitteleuropa sind es 120. In den Schweizer Wäldern sind der Buchdrucker und der Kupferstecher am weitesten verbreitet. Obwohl der Käfer bloss ein paar Millimeter gross wird, kann er in den betroffenen Wäldern immensen Schaden anrichten.

Zur Eiablage – meist in Fichten – bohrt der Käfer Gänge in die Rinde oder das Holz. Die Larven des Buchdruckers entwickeln sich während sieben bis zehn Wochen. Beim Kupferstecher sind es zwischen fünf bis neun Wochen. In dieser Zeit ernähren sich die Larven von den saftführenden Schichten des Baumes in der Rinde. Dabei handelt es sich meist um die Lebensader des Baumes, deshalb führt der Befall in der Regel zu dessen Absterben.

Umgefallene Bäume – ein Paradies für den Borkenkäfer

«Ein gesunder Baum ist gegen Schädlinge wie den Borkenkäfer gut geschützt», erklärt Ueli Müller, Förster im Revier Affoltern, Bonstetten und Hedingen. Probiert der Käfer, sich durch die Rinde zu fressen, sondert der Baum Harz ab, und der Käfer ertrinkt darin. Der Sturm Burglind warf jedoch auch im Säuliamt unzählige Bäume um. «Diese umgeworfenen Bäume sind den Käfern schutzlos ausgeliefert», so Müller. Der Käfer nistet sich ein, vermehrt sich, schlüpft aus und befällt weitere Bäume. Gemäss Ueli Müller verdoppelt sich der Schaden, der im Wald durch Unwetter entsteht, in den darauffolgenden Monaten meist durch den Käferbefall.

Doch nicht nur das Unwetter schuf ideale Bedingungen für den Borkenkäfer. Auch der trockene Sommer trug dazu bei. Durch die fehlenden Niederschläge konnten die Bäume zu wenig Wasser aus dem Boden aufnehmen. Der Mangel schwächte ihren natürlichen Abwehrmechanismus: «Auch Bäume, die noch standen, wurden nach und nach vom Käfer befallen, weil sie nicht genügend Harz produzieren konnten», erklärt er.

Affoltern, Hedingen und Bonstetten: rund 3000 Bäume gefällt

Nach dem Sturm habe man eine vergrösserte Borkenkäferpopulation für möglich gehalten, erklärt auch Corsin Riatsch, Förster im Revier Stallikon, Wettswil und im Staatswald Buchen-egg. «Jene Gebiete, die vom Sturm sehr betroffen waren oder in denen es früher bereits Borkenkäfer gab, haben wir den Sommer hindurch regelmässig kontrolliert.» Allerdings habe man lange nichts bemerkt, der Befall habe verhältnismässig spät eingesetzt. «Normalerweise fliegen Borkenkäfer schon im Frühling aus. In meinem Revier ging es erst Mitte Juli los, dann aber richtig», erklärt er. Seither hält der Käfer die Förster und ihre Mitarbeitenden auf Trab. Corsin Riatsch musste in den letzten drei Monaten im Gebiet der Buchenegg rund 500 Kubik Holz fällen. In Wettswil und Stallikon kamen nochmals 150 Kubik hinzu. Noch prekärer zeigte sich der Befall im Revier von Flurin Farrèr. Er bewirtschaftet die Wälder in Knonau, Maschwanden, Mettmenstetten, Obfelden und Ottenbach und musste mehr als 2000 Kubik Holz abtun. In den Wäldern von Ueli Müller waren es seinen Schätzungen zufolge rund 3000 Bäume. Was einer ganzen Jahresnutzung entspricht.

Auch die Schnitzellager der HEA Holzenergie AG sind voll

Die einzige Möglichkeit, die Vermehrung des Käfers einzudämmen, besteht darin, das Holz so schnell wie möglich aus dem Wald zu schaffen. Abnehmer für die enormen Mengen zu finden, ist jedoch seit Längerem schwierig, die Holzpreise sind im Keller. Normalerweise werden Bäume im Winter gefällt. Dann fliesst in ihren Adern weniger Wasser als während der Wachstumsperiode. Werden sie jedoch im Sommer gefällt, verfärben die Nährstoffe des Baumes das Holz und vermindern seine Qualität. Folglich kann es meist nur zu Holzschnitzeln verarbeitet und als Brennstoff verwendet werden. Ursprünglich sei geplant gewesen, das befallene Holz direkt zu Schnitzeln zu verarbeiten und zu verbrennen, so Herbert Stehli, Betriebsleiter bei der HEA Holzenergie AG. Nun zeige sich jedoch, dass das Angebot die Nachfrage bei Weitem übersteige. «Aufgrund der milden Temperaturen brauchen wir noch wenig Energie.» Herbert Stehli hofft nun auf einen kalten Winter, damit möglichst viel des Käferholzes verbrannt werden kann.

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