«Ein weiterer Lockdown wäre für viele das Ende»

Stefan Brupbacher referierte in Bonstetten über die Heraus­forderungen, denen sich Industrie und Werkplatz Schweiz in Zeiten von Klimawandel und Covid-19 stellen müssen. Zu reden gab im Anschluss vor allem die Konzernverantwortungsinitiative.

Peter Ehrler, Co-Präsident der FDP Bonstetten (links), überreicht Stefan Brupbacher als Dank für seine Ausführungen ein Kochbuch aus Bonstetten. (Bild Angela Bernetta)
Peter Ehrler, Co-Präsident der FDP Bonstetten (links), überreicht Stefan Brupbacher als Dank für seine Ausführungen ein Kochbuch aus Bonstetten. (Bild Angela Bernetta)

Knapp zwanzig Interessierte fanden am vergangenen Mittwochabend den Weg ins Guggi-Beizli im Gartencenter ­Guggenbühl in Bonstetten. Die FDP-Ortsparteien von Bonstetten, Stallikon und Wettswil hatten anlässlich ihres Stamms gemeinsam mit der Bezirkspartei der FDP zu einem Referat mit dem Swissmem-Direktor Stefan Brupbacher (siehe Box) geladen. Dieser sprach über die ­Bedeutung von Industrie und Werkplatz Schweiz in Zeiten von Kilmawandel und Covid-19. Die Stimmung war gut, der Rahmen familiär.

Die Schweizer Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie, kurz MEM-Industrie, generiere rund 80 Prozent ihrer ­Erträge aus dem Export, sagte Stefan Brupbacher eingangs. «Der Zugang zu den ausländischen Märkten ist für diese Unternehmen überlebenswichtig.» Wegen der globalen Corona-Pandemie und der damit einhergehenden Lockdowns in verschiedenen Ländern war dieser über längere Zeit nicht mehr gewährleistet. «Dies führte zu massiven Umsatz- und Auftragseinbussen gegenüber dem Vorjahr bei den Schweizer Grossfirmen wie bei den KMU.» Man rechne damit, dass es ein bis drei Jahre dauern werde, bis sich die Branche erholt habe.

Die Schweiz droht nun von einer weiteren Pandemiewelle überrollt zu werden. Stefan Brupbacher warnte vor einem zweiten Lockdown. «Viele Betriebe sind bereits in einer schwierigen Lage und nicht wenige kämpfen ums Überleben. Ein weiterer Lockdown wäre wohl für einige das Ende.» Man fordere von Bund und Kanton, die Industrie von einem möglichen weiteren Lockdown auszunehmen.

CH-Technologien für den Klimaschutz

«Seit 1999 existieren globale Produktionsketten», fuhr Brupbacher fort. Das Pro-Kopf-Einkommen und die Lebenserwartung seien infolgedessen in nicht wenigen Schwellen- und Entwicklungsländern nachweislich gestiegen. Auch in Hinblick auf die Abstimmung über die Konzertverantwortungsinitiative (Kovi) warnte Brupbacher vor politischen Strömungen, die mehr Staat, höhere Steuern und zusätzlichen Protektionismus fordern. «Die meisten Schweizer Unternehmen können nicht vom Ertrag aus dem Schweizer Markt leben.» Und ergänzte: «Wir setzen stattdessen auf Unternehmertum, Freihandel und technologischen Fortschritt, der auch im Kampf gegen den Klimawandel wichtig ist, damit wir das Netto-­Null-Emissionsziel bis 2050 erreichen.» ­Ergänzend dazu verwies er auf eine Studie vom Verband Deutscher Maschinen- und Anlagebau und der Boston Consulting Group (BCG). Diese kommt zum Schluss, dass mit dem Einsatz von Technologien aus dem Maschinenbau jedes Jahr rund 30 Gigatonnen CO2 eingespart werden können, was den globalen CO2-Emmissionen von 2006 entspricht. «Der Schweizer Forschungs- und Innovationsstandort bietet gute Voraussetzungen für die Unternehmen, um dieses Potenzial erfolgreich anzugehen.» Geht es nach dem Energy Transition Index des WEF, der die Fähigkeit von Ländern hinsichtlich einer erfolgreichen Veränderung der Energiewirtschaft bewertet, steht die Schweiz auf dem zweiten Platz. «Die Schweizer MEM-Industrie kann Technologien liefern, die weltweit einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz ­leisten.»

Kovi und Fachkräftemangel

Erwartungsgemäss drehten sich die Wortmeldungen nach dem Referat vor allem um die Abstimmung über die Kovi Ende November. Ein Ja führe zu weitreichenden rechtlichen, wirtschaftlichen und politischen Problemen, war man sich einig. Angesichts der ideologisch geführten Debatte der Befürworter und Befürworterinnen, die vom Pro-Komitee bereits vor ein paar Jahren lanciert worden ist, bemängelten einige eine fehlende, gleichwertige Kampagne seitens der FDP. Nicht wenige sahen die Abstimmung gar bereits als verloren an. «Der Kampf entscheidet sich auf der Ziellinie», so Brupbacher. Man müsse nun mit guten Argumenten überzeugen und die unsauberen Strategien der Gegner thematisieren.

Viele Betriebe hätten Mühe, ihre Lehrstellen angemessen zu besetzen, beanstandete Peter Ehrler, Co-Präsident der FDP Bonstetten. Auch die Maschinenindustrie sei davon betroffen, da man die besten Schüler für eine ­Ausbildung gewinnen wolle. Die Branche stehe mit diesem Wunsch allerdings nicht alleine da. Man bewerbe die ­Berufsbildung angemessen und sei auf gutem Weg, sagte Brupbacher. «Allerdings ist es uns bis heute nicht gelungen, junge Frauen für technische Berufe zu begeistern.» Der drohende Fach­kräftemangel dürfte die Branche wohl noch eine Weile beschäftigen.

Stefan Brupbacher und Swissmem

Stefan Brupbacher ist seit dem 1. Januar 2019 Direktor von Swissmem, dem Verband der Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie und vertritt 1150 Mitgliedsfirmen mit 320000 Mitarbeitenden. Als einer der wichtigsten Schweizer Branchenverbände engagiert sich Swissmem für offene Märkte dank Freihandelsabkommen und einem Rahmenabkommen mit der EU, einen liberalen Arbeitsmarkt sowie eine auf die Herausforderungen der Digitalisierung angepasste Bildungs- und Forschungspolitik.

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