«Humor ist die beste Prävention»

Die Mitarbeitenden der Spitex leisten ihre Einsätze seit dem Frühling unter herausfordernden Bedingungen. Christina Hausherr, Zentrumsleitung in Obfelden der Spitex Knonaueramt, und Heidi Gyr, Fachfrau Gesundheit, berichten, wie sich ihre Arbeit verändert hat und wie sie selber mit der Situation umgehen.

Die Spitex-Mitarbeiterinnen, hier vor dem Spitex-Zentrum in Obfelden, sind trotz Corona guter Laune.
Die Spitex-Mitarbeiterinnen, hier vor dem Spitex-Zentrum in Obfelden, sind trotz Corona guter Laune.

«Anzeiger»: Wie unterscheidet sich für Sie die Arbeitssituation jetzt zu jener im ­Frühling?

Christina Hausherr: Im Frühling wurden wir von der Situation überrannt. Wir hatten ganz zu Beginn der Pandemie kein oder zu wenig Schutzmaterial. Es fehlte vor allem an Masken und es gab in den ersten Tagen auch noch keine Konzepte. Zudem fielen die unterstützenden Angehörigen oder Nachbarn unserer Kundschaft aus, denn sie mussten ja zu Hause bleiben.

Heidi Gyr: Jetzt wissen wir, wie mit der Situation umgegangen werden muss, und wir haben das nötige Material. Die Angehörigen sind mehrheitlich auch wieder präsent und helfen mit. Sie kennen auch die Regeln, tragen Masken und halten Abstand.

Haben Sie mehr zu tun wegen der Corona-­Massnahmen?

Hausherr: Ja, viel mehr! Wir müssen das Schutzmaterial ständig auffüllen und bereitstellen und hier im Zentrum täglich alles desinfizieren.

Gyr: Es ist unglaublich, wie viel ­Material wir jetzt brauchen. Sehen Sie nur hier diese Berge von Schachteln mit Masken. Aber auch Desinfektionsmittel, Handschuhe und Schutzanzüge müssen vorhanden sein.

Haben Sie bei Ihrer Arbeit Angst, sich ­anzustecken?

Gyr: Nein! Wir schützen uns gut. Wir dürfen nicht mit Angst arbeiten gehen, das wäre ein schlechter Begleiter.

Hausherr: Natürlich sind wir vorsichtig und sensibilisiert. Wir lassen uns bei Symptomen im Team testen und raten auch unserer Kundschaft, sich testen zu lassen.

Was hat sich an den Arbeitsabläufen ­verändert?

Gyr: Natürlich tragen wir Masken, und viele Kunden auch. Wir schütteln keine Hände und verwenden bei den Einsätzen Handschuhe. Wenn bei einer Person ein Verdacht auf eine Corona­infektion besteht oder sie erkrankt ist, dann müssen wir vor der Wohnungstür Schutzanzüge anziehen.

Das ist gewiss sehr zeitaufwändig.

Gyr: Ja, das braucht mehr Zeit. Zuerst ziehen wir die Schutzanzüge an, dann gehen wir zur Kundin, und nach der Arbeit ziehen wir die Anzüge wieder aus und entsorgen sie sofort. Wir ­mussten diese Abläufe ganz konkret trainieren.

Was ist zurzeit besonders herausfordernd?

Hausherr: Für mich als Führungsperson ist es die Sorge um die 40 Mitarbeitenden im Zentrum Obfelden. Mir liegt am Herzen, dass sie gut geschützt sind und gesund bleiben.

Gyr: Für mich ist es manchmal belastend, wenn ich traurigen Kundinnen und Kunden keine Nähe geben, keine Hand halten darf.

Ist das Bedürfnis nach Nähe in ­dieser Zeit grösser?

Gyr: Ja, sehr. Für die Senioren finden zurzeit keine Anlässe statt. Wir sind manchmal die einzigen Kontaktpersonen und somit besteht bei vielen ein grosses Mitteilungsbedürfnis. Die Menschen möchten reden, erzählen, den Frust oder die Trauer loswerden. Dafür müssen wir Raum und Zeit geben. In diesem Bereich hat sich unsere Arbeit sehr verändert seit dem Frühling. Das Dasein für die Menschen hat einen hohen Stellenwert erhalten. Wir versuchen auch ganz bewusst, mit Fröhlichkeit, einem Lachen und auch mal einem Spass auf unsere Kundschaft zuzugehen.

Hausherr: In diesem Bereich sind meine Mitarbeitenden gefordert, bei ihrer Arbeit Prioritäten zu setzen. Das Erbringen unserer Leistungen orientiert sich an den Vorgaben «Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und Wirtschaft­lichkeit».

Wie gehen die Kundinnen und Kunden mit den Schutzmassnahmen um?

Gyr: Die meisten haben sich inzwischen gut daran gewöhnt und stören sich nicht an der Maske oder den Handschuhen. Es gibt aber ab und zu noch solche, die uns aus lauter Freude die Hand schütteln möchten. Grundsätzlich spüren wir, dass unsere Arbeit bewusster geschätzt wird als zuvor. Spannend ist auch, dass ich schon einige sehr persönliche Gespräche führen konnte über die Krankheit und auch über die Frage, was die Kundin möchte, wenn sie erkranken würde. Ich beobachte, dass sich viele zurzeit intensiver mit dem Leben und dem Tod auseinandersetzen.

Gibt es für Sie mentale Hilfen, um die ­Situation zu meistern?

Hausherr: Wir haben hier einen sehr guten Zusammenhalt im Team, unterstützen uns und achten auf unsere Psychohygiene. Und ich achte darauf, dass unser Schränkchen in der Küche immer gut gefüllt ist mit Schokolade.

Gyr: Der Humor untereinander ist auch wichtig und hilft uns, manche belastende Situation zu verarbeiten. ­Humor ist die beste Prävention.

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