Leichtigkeit und Lebensfreude schenken

Lächelnde Verbundenheit zwischen Grossmutter und Enkel – man muss nicht gleich ticken, um sich zu mögen.
Wer vom Haupteingang des Pflegezentrums Sonnenberg zur Cafeteria schlendert, wird sich kaum gegen ein Lächeln wehren können. Die Werke der Bonstetterin Angela Höhn wirken stimmungsaufhellend. Sie erzählen kleine, heitere Geschichten aus dem Alltag.
Von: Regula Zellweger
«Ich bin keine Künstlerin», erklärt Angela Höhn, «ich male einfach gern». Und sie kann malen und zeichnen. Die Architektin konstruiert ihre figürlichen Acryl-Bilder überzeugend und vermittelt gleichzeitig Emotionen, die insgesamt Harmonie mit der nötigen Prise Spannung ausstrahlen. Sie malt am liebsten Blumen und Menschen.
«Meine Bilder entstehen über den Weg vom Kopf über den Bauch zur Hand», erklärt Angela Höhn und bringt es in ihrer bescheidenen Art auf den Punkt: «Ich bin dankbar, dass es einfach fliesst.» Sie kann Situationen hervorragend analysieren – und gestalterisch umsetzen. Sie skizziert ihre Bilder auf Papier, bevor sie sie mit Acrylfarbe malt.
Die Autodidaktin hat einen Sinn für Formen und Farben. Sie erfasst kurze Momente, die Geschichten oder Gefühle so widerspiegeln, dass das Betrachten ihrer Bilder wohltut.
Vernissage im Pflegezentrum Sonnenberg
Angela Höhn kennt und schätzt das Pflegezentrum, in dem auch ihre Schwester wohnt. Franziska Marty, Vorsitzende der Geschäftsleitung, begrüsste die Besucher der Vernissage am 3. Mai und formulierte ihre Freude, dass nun nach der Pandemie die zweite Ausstellung in den Räumen des Pflegezentrums eröffnet werden konnte. Sie freut sich ganz besonders über die Vielfalt der Bilder und deren Heiterkeit, dankte Angela Höhn und deren Gatten Charles Höhn, der die Ausstellung initiiert hatte.
Mit liebevoller Bewunderung für seine Frau richtete Charles Höhn einige Worte an die Besuchenden. Er gab einen Einblick in das Leben von Angela Höhn, die 1953 mit 11 Jahren aus Italien in die Schweiz kam – damals erlebte sie die schwierigen Lebensbedingungen eines «Tschingge-Chinds», damals, in den 50er-Jahren, als man in der Schweiz nach Arbeitern rief und staunte, dass Menschen kamen. Angela Höhn hat sie im Buch «Angela und die Schweiz ... eine vergessene Zeit» berührend beschrieben. Untertitel: «Man wurde ärmer, um wohlhabender zu werden.»
Die Kindheit hat sie nachhaltig geprägt. Sie sagt von sich, dass sie Traurigkeit und Niedergeschlagenheit kenne. Umso mehr erstaunen die Fröhlichkeit und Leichtigkeit ihrer Bilder. Mit gestalterischem Tun kann man letztlich eigene, belastende Gefühle kompensieren. Angela Höhn tut dies so, dass sie nicht nur ihre eigene Befindlichkeit positiv beeinflusst, sie überträgt sie auch auf die Betrachter ihrer Bilder.
Heitere Momente
Man muss schmunzeln, wenn man das Bild mit dem Ehepaar betrachtet. Frau und Mann sitzen sich am Esstisch gegenüber. Beide starren in ihre roten Handys. Im Hintergrund ein Bild von Jesus an der Wand. Man lächelt und spinnt seine eigenen, tiefgründigen Gedanken. Sind mit den Handys und ihrer exzessiven Nutzung ethische Werte in den Hintergrund geraten?
Ein anderes Bild zeigt eine Enkelin mit dem Grossvater, die zusammen lachend ein Selfie machen. Können Handys auch der Einsamkeit entgegenwirken, Generationen verbinden? Das Thema Enkel-Grosseltern kehrt auch im Bild wieder, auf dem eine Grossmutter und ihr Punk-Enkel auf einer Bank sitzen und einander liebevoll zulächeln.
Es gibt auch mehrere Porträtbilder von Menschen, die herzhaft lachen. Vergnügt schaut man sich das Bild mit den beiden Asiatinnen an, die vor einer Schweizer Kuh auf kleinkariertem Hintergrund ein Selfie machen.
«Lebensfreude, die ansteckt» ist auf dem Hinweis-Plakat zur Ausstellung zu lesen. Stimmt! Vielleicht lässt man sich von der sehenswerten Ausstellung motivieren, einen lieben Menschen im Pflegezentrum Sonnenberg zu besuchen, mit ihm die Bilder zu bewundern und bei einem Kaffee zuzuhören, was die Bilder bei den älteren Menschen auslösen. Die Erinnerungen werden wie bei Angela Höhn ausfallen: Eine breite Palette von Gefühlen und unterschiedlichste Erinnerungen an eine «vergessene Zeit». Denn die Bilder von Angela Höhn finden den Weg – ohne Umweg über den Intellekt – zu den Herzen der Menschen.
Ausstellung «Lebensfreude», Bilder von Angela Höhn im Pflegezentrum Sonnenberg, Haus Pilatus, Erdgeschoss, Melchior-Hirzel-Weg 42, Affoltern.