Eine Geschichte wie ein Märchen

Am vergangenen Donnerstag, 23. August, las Alex Capus in der Buchhandlung Scheidegger aus seinem neuen Roman «Königskinder». Darin kämpfen ein armer Kuhhirte und eine reiche Bauerntochter für ihren Traum von einem gemeinsamen Leben.

Alex Capus zog das Publikum in den Bann seiner Geschichte. Für Lacher sorgten besonders die Dialoge zwischen Max und Tina. <em>(Bild Livia Häberling)</em>
Alex Capus zog das Publikum in den Bann seiner Geschichte. Für Lacher sorgten besonders die Dialoge zwischen Max und Tina. <em>(Bild Livia Häberling)</em>

«Was ist?» «Nichts» «Sag schon.» «Nichts» «Was?» «Die Scheibenwischer.» «Was ist mit denen?» «Du hast sie wegen drei Schneeflocken eingeschaltet.» «Und?» «Jetzt ist die Scheibe verschmiert, die Sicht ist schlechter als vorher.» «Und?» «Gib zu, dass die Sicht jetzt schlechter ist.»

Keifereien zwischen Paaren entwickeln zuweilen ihre ganz eigensinnige Komik. Und sie haben viel Unterhaltungspotenzial – solange man sie aus der zweiten Reihe erlebt. Im neuen Roman von Alex Capus fährt ein Ehepaar den Jaunpass hoch und wird eingeschneit. Während einer Nacht müssen Tina und Max im Auto ausharren. Um sich die Zeit bis zum nächsten Morgen zu vertreiben, erzählt Max Tina die Geschichte von Jakob und Marie-Françoise.

Diese beginnt im Jahr 1779 im Greyerzerland. Er, ein armer Kuhhirte, und sie, die Tochter eines reichen Bauern, treffen auf dem väterlichen Hof zum ersten Mal aufeinander. Ihre Blicke kreuzen sich, und beide merken, dass dieser Moment in ihnen etwas verändert.

Weniger erfreut ist der Vater von Marie, der sich für seine Tochter ein anderes Leben vorstellt und die ungleiche Verbindung mit allen Mitteln bekämpft. Bald darauf wird Jakob in einen achtjährigen Wehrdienst eingezogen.

Eine Prise echtes Leben

«Fehlt nur noch, dass Marie aus Verzweiflung ins Wasser geht. Oder ins Kloster. Oder in ein Unterwasserkloster. Sind die überhaupt katholisch dort unten?» «Und wie. Warum?» «Weil Protestanten keine Klöster haben.» «Haben sie doch.» «Nein.» «Doch. Ist ja egal. Jedenfalls geht Marie nicht ins Kloster. Da kann ich dich beruhigen. Übrigens wäre ich froh, wenn du meiner Geschichte etwas weniger vorauseilende Ablehnung entgegenbringen würdest.»

Sie können es nicht lassen. Das Ehepaar bildet die Rahmenhandlung des Romans, unterbricht die Geschichte jedoch immer wieder mit seinem Gezanke und würzt sie so mit einer willkommenen Prise echten Lebens. «Tina fällt Max ständig ins Wort, will an der Geschichte schrauben. Und wie es der Zufall will, habe auch ich so eine Frau zu Hause», meinte Capus. Gelächter im Saal.

Nichts, ausser Erinnerungen

1787 kehrt Jakob zurück, die beiden sehen sich wieder und verbringen ein paar unbeschwerte Wintermonate miteinander. Dann jedoch besorgt Maries Vater Jakob eine Anstellung am Hof von Versailles, um ihn aus dem Weg zu schaffen. Wieder werden die jungen Liebenden getrennt, ob sie nun – inmitten des gesellschaftlichen Auf- und Umbruchs – noch einmal zusammenfinden werden?

Einmal mehr präsentiert Alex Capus eine Geschichte, die auf wahren Begebenheiten beruht. Die Geschichte von Jakob Boschung war ein Zufallsfund, Capus stiess auf das Volkslied «Pauvre Jacques» und fand bald darauf weitere Zeitdokumente in den Kirchenbüchern von Greyerz und im Staatsarchiv Freiburg. Und auch die Existenz von Marie lässt sich in Dokumenten nachweisen.

«Was mich an dieser Geschichte so berührte, war die Tatsache, dass die beiden trotz langer Jahre der Trennung aneinander festhielten», erklärte Alex Capus dem Publikum. «Es blieben ihnen nichts ausser Erinnerungen, um einander nicht zu vergessen.»

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