Politische Statements und Grüsse vom Titlis

Allein mit Plakaten, Flyern und Inseraten führt man heute keinen Wahlkampf mehr. Kantonsratskandidatinnen und -kandidaten aus dem Säuliamt sind oft in den sozialen Medien präsent – auch mit Trivialem.

Kantonsratskandidatinnen und -kandidaten setzen auch im Säuliamt auf Präsenz in den sozialen Medien. <em>(Bild Werner Schneiter)</em>
Kantonsratskandidatinnen und -kandidaten setzen auch im Säuliamt auf Präsenz in den sozialen Medien. <em>(Bild Werner Schneiter)</em>

Wahlkampf fand noch bis zu Beginn dieses Jahrtausends ausschliesslich in Inseraten, Leserbriefen und via Flyer statt, auch auf chronisch schwach besuchten Wahlpodien. Natürlich gibt es das auch im aktuellen Wahlkampf noch: Lachende Kandidatinnen und Kandidaten in Inseratenspalten und auf grossflächigen Strassenplakaten, die sich als offen, liberal, sozial, wirtschafts- und gewerbefreundlich, umweltbewusst, als bodenständig und weiss was noch alles präsentieren. Und in den Leserbriefspalten ist natürlich jetzt das Spital ein grosses Thema. Aber da platzieren nicht nur Bewerberinnen und Bewerber fürs Rathaus an der Limmat ihre Meinungen oder Botschaften.

Die eigene Partei kritisiert

Aber allein in der gedruckten Presse erreicht man heute seine potenzielle Wählerschaft nicht mehr. Die Präsenz in sozialen Medien hat im Laufe der letzten Jahre klar an Bedeutung gewonnen. Ein Blick ins Facebook bestätigt das. Hier tummeln sich fast alle, betreiben Werbung in eigener Sache und garnieren ihre Aussagen mit mehr oder weniger schönen Bildli. Fast alle meinen, sich zu allen Themen äussern zu müssen. Die junge SP-Vertreterin geisselt die Waffenexporte, nicht nur jene in Bürgerkriegsländern. Sie bezeichnet die bürgerliche Mehrheit im Kantonsrat beim Thema Rosengartentunnel in der Stadt Zürich als «engstirnig» und folgert: «Es hätt z’vill Autos».

Dann ist von ihr eine Ode an die klimastreikenden Schüler zu lesen, auch von ihrer Erklärung im Kantonsrat. Sie löst damit zahlreiche «Gefällt mir» und viel Zustimmung aus, kaum kritische Voten. Beim Spital Affoltern hingegen bilden sich keine Filterblasen: Hier wird parteiübergreifende Zustimmung sichtbar, jedenfalls von SVP-, GLP- und EVP-Seite, deren Kandidaten hier dem Wahlvolk gemeinsam zurufen: «3x Ja zum Spital Bezirk Affoltern».

Bis dato liess sich unter den Kandidierenden aus dem Amt niemand finden, der mal einen Spruch raushaut und auf grosses Echo stösst. Immerhin schreibt ein freisinniger Jungpolitiker aus dem Unteramt, das Ja zum Rahmenabkommen seiner Partei sei der grösste Fehler gewesen seit der EWR-Abstimmung von 1992. Päng! Hier erntet er Ablehnung und mehrheitlich «Daumen hoch», im Übrigen auch für seine Masterarbeit.

Wiederwahl gefährdet?

Ein Parteikollege von ihm bleibt (noch) unverbindlich, nicht beim Rahmenabkommen, aber bei der so wichtigen Spital-Abstimmung vom 19. Mai. Er wünscht sich eine breite Diskussion über das Gesundheitswesen im Amt und fragt sich, warum diese nicht schon vor dem viel kritisierten Entscheid des Stadtrates von Affoltern erfolgt ist. Der Mann hat sich vor der Abstimmung noch nicht positioniert. Ob er das noch vor dem 24. März 2019, dem Wahltag, macht, lässt er heute offen und räumt freimütig ein, damit möglicherweise seine Wiederwahl zu gefährden.

Natürlich thematisiert der GLP-Kandidat sein Postulat zum Klimawandel im Kantonsrat. «Politiker aus den Betten, wir müssen die Welt retten», heisst es da. Ein Ratskollege von ihm, der SVP angehörend, verweist auf seine Kantonsratskolumnen in der Zeitung. Er hat sich vor allem bei der Abstimmung zum Wassergesetz ins Zeug gelegt. Sein Parteikollege ist auf Facebook nicht zu finden. Auch das gibts.

Cüpligläser und Skihelm

Nicht alle, aber einige, machen auch einen Blick auf ihr Privatleben frei. «Ich freue mich auf den ersten Apéro auf unserer Terrasse», schreibt der FDP-Kantonsrat und platziert ein Bild eines Terrassentisches, wo zwei gefüllte Cüpligläser auf einen schönen Abend in vertrauter Zweisamkeit hindeuten. Er liefert auch bewegte Bilder von seinem Besuch im Circus Conelli, derweil der GLP-Vertreter, mit Skihelm auf dem Kopf, die Community vom Titlis grüsst, was immerhin 34 Followern gefällt. Weniger als der FDP-Vertreter ziert sich der EVP-Kantonsrat: «Ja zum Spital im Bezirk Affoltern», schreibt er und liefert erst noch bewegte Grafiken, die von einem professionellen Sprecher kommentiert werden.

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