Für aussergewöhnliches Engagement ausgezeichnet

Das European Milkboard, der Dachverband von über 100000 Europäischen Milchproduzenten, zeichnete den Bonstetter Werner Locher mit der goldenen Faironika aus. Der Bauer will es jedoch nicht bei seinem Engagement für «di fair Milch Säuliamt» bewenden lassen.

Werner Locher (ganz rechts) war einer von fünf Gewinnern der goldenen Faironika. Er wurde für sein spezielles persönliches Engagement ausgezeichnet. <em>(Bild zvg.)</em>
Werner Locher (ganz rechts) war einer von fünf Gewinnern der goldenen Faironika. Er wurde für sein spezielles persönliches Engagement ausgezeichnet. <em>(Bild zvg.)</em>

Vergangene Woche fand im Belgischen Libramont der Kongress der «fairen Milchgenossenschaften» statt, organisiert vom European Milk Board, das Milchproduzenten aus 16 europäischen Ländern vertritt. In sieben europäischen Ländern gibt es bereits Genossenschaften, die ihre Milch zu einem existenzsichernden Preis direkt an die Supermärkte verkaufen. Spediteure und Verarbeiter sind somit Dienstleister und können ihre oft dominante Marktstellung nicht mehr so stark ausspielen.

Gemeinsame Strategien gegen die grosse Marktmacht

Die Bewegung entstand vor zehn Jahren in Belgien, verbreitet sich aber rasant. Werner Locher erläutert: «Die faire Milch hat bereits politische Dimensionen erreicht. In Belgien hatten sich alle verarbeitenden Betriebe vor zehn Jahren gemeinsam geweigert, die Milch der Genossenschaft für faire Milch abzufüllen. Sie wurde dann im nahen Luxemburg abgefüllt. Heute haben sich die Verarbeiter und Spediteure daran gewöhnt, für die fairen Milchproduzenten Dienstleistungen zu erbringen.»

Am Kongress kamen über 200 Genossenschafter aus der Schweiz, Belgien, Deutschland, Frankreich, Italien, Luxemburg und Österreich zusammen, um sich auszutauschen und zu koordinieren. Werner Locher: «Obwohl beispielsweise in Belgien bereits Millionen Liter faire Milch verkauft werden, ist di fair Milch Säuliamt eine Erfolgsgeschichte. Wir konnten uns schnell relevante Marktanteile sichern, sie kommt bei den Konsumierenden hervorragend an und mit dem Albis-Beck hat der erste grössere Verarbeitungsbetrieb auf unsere faire Milch umgestellt. Und da wir genossenschaftlich aufgestellt sind, profitieren alle unsere Mitglieder zu gleichen Teilen vom fairen Milchpreis.»

Im Rahmen des Kongresses wurden Auszeichnungen in verschiedenen Preiskategorien vergeben. Werner Locher gewann in der Kategorie spezielles persönliches Engagement. Er ist Präsident der Genossenschaft faire Milch Säuliamt und Sekretär der bäuerlichen Interessengemeinschaft für einen fairen Milchmarkt: «Die Auszeichnung kam sehr unerwartet. Ich bin in meinem Engagement ein Überzeugungstäter und hätte nie mit einem Preis gerechnet. Ich habe mich deshalb riesig gefreut, dass mein Engagement beim European Milk Board zur Kenntnis genommen wurde. Es war ein starkes Zeichen, dass ich nicht nur gegen Windmühlen anrenne.»

Verfehlte Landwirtschaftspolitik schafft Flüchtlinge

Als Gäste waren an diesen Kongress auch faire Milchbauern aus sechs westafrikanischen Ländern eingeladen worden: Mauretanien, Senegal, Burkina Faso, Mali, Tschad und Niger. Dort wurde damit begonnen, ebenfalls faire Milch zu verkaufen. Die Initialzündung kam aus einer Bauerngenossenschaft aus Burkina Faso und die Idee hat sich ebenso schnell verbreitet wie in Europa.

«In Westafrika besteht das Hauptproblem der Milchbauern darin, dass in Europa täglich tausende Liter Milchüberschüsse anfallen. Diese wird entrahmt und aus der Magermilch wird Magermilchpulver hergestellt. Dieses wird von europäischen Milchkonzernen in Westafrika mit Palmöl angereichert und dort zu Spottpreisen verkauft. Diese Praxis hat dazu geführt, dass in diesen Ländern die Milchpreise zusammengefallen sind und tausende Bauern ihre Lebensgrundlage verloren haben. Mit der fairen Milch können diese Bauern einige Rappen dazuverdienen, was für sie existenzrettend sein kann», erläutert Werner Locher und ergänzt: «Die Kollateralschäden, welche die europäischen Landwirtschafts-Grossverarbeiter in Afrika anrichten, zerstören dort verschiedene Landwirtschaftszweige und sind für die Flüchtlingsströme aus Schwarzafrika mitverantwortlich. Dies gilt es aufzuhalten. Wir wurden eingeladen, die fairen Milchproduzenten in Afrika zu besuchen. Es wäre das erste Mal, dass ich Europa verlasse. Für die faire Milch habe ich mir diesen Besuch jedoch für das kommende Jahr vorgenommen. Denn in globalen Märkten für landwirtschaftliche Produkte müssen wir gemeinsam internationale Lösungen finden.»

Konsumenten entscheiden mit

«In der EU diktieren die grossen Verarbeiter von Landwirtschaftsprodukten durch geschicktes Lobbying die Landwirtschaftspolitik, obschon sich viele Bauern dagegen wehren. Eine Folge dieser Politik ist, dass Landwirtschaftsüberschüsse seit Jahren im Ausland entsorgt werden. Dann haben Kollegen darunter zu leiden, die sich nicht wehren können», erklärt Werner Locher.

Bei der Milch gibt es in ganz Europa grosse Überschüsse. Dies würde in einer optimalen Marktwirtschaft zu Preisanpassungen und damit zu einer Senkung der Milchmenge führen. Die international operierenden Molkereikonzerne haben jedoch erreicht, dass in den Handelsabkommen zwischen der EU und Afrika verarbeitete Lebensmittel zollfrei in diese Länder exportiert werden dürfen. Und sie haben auch erreicht, dass Magermilchpulver welches mit Palmöl angereichert ist, als «verarbeitetes Produkt» in diese Kategorie kommt. Diese billigen Exporte zerstören beispielsweise in Westafrika die Lebensgrundlagen von tausenden von Kleinbauern und es kann zu Hungersnöten kommen, wenn die Überschüsse aus aller Welt plötzlich ausbleiben. Werner Locher: «Es ist absolut unverantwortlich, dass die Schweiz und die EU ihre Märkte ausregulieren, indem sie Überschüsse einfach in fremden Ländern entsorgen. Der freie Markt lässt das aber zu. Es braucht daher Bauern, die sich international vernetzen, und sich für eine faire Landwirtschaft engagieren, die wirtschaftlich ist und den Strukturen und Konsumgewohnheiten in den verschiedenen Ländern gerecht wird. Viele Konsumentinnen und Konsumenten haben das erkannt. Wenn sie Produkte wie di fair Milch Säuliamt kaufen, entscheiden sie sich für mehr als einen existenzsichernden Milchpreis. Es ist ein politischer Entscheid; ein kleiner Beitrag zu mehr Menschlichkeit im Welthandel und ein Zeichen, dass ein Bewusstsein dafür am Entstehen ist, dass die Geiz-ist-geil-Mentalität auch Verlierer mit sich bringt.»

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