«Verkehr ist ein heimlicher Siedlungs- und Verkehrsplaner»

Die Zürcher Planungsgruppe Knonaueramt (ZPK) lancierte die Erarbeitung des Gesamtverkehrskonzepts Knonauer Amt 2040 mit einem Workshop, an dem sich alle Gemeinden beteiligten. Die regionale Optik diskutierten vier Ämtler Kantonsräte sowie der Standortförderer.

Intensive Diskussionen anhand der Resultate der Gespräche an den einzelnen Tischen ergaben die Grundlage für die weiteren Arbeiten am Gesamtverkehrskonzept. <em>(Bild bs)</em>
Intensive Diskussionen anhand der Resultate der Gespräche an den einzelnen Tischen ergaben die Grundlage für die weiteren Arbeiten am Gesamtverkehrskonzept. <em>(Bild bs)</em>

«Verkehr ist ein heimlicher Siedlungs- und Verkehrsplaner», eröffnete ZPK-Präsident Christian Gabathuler die Veranstaltung und führte damit direkt zu ihrem Kern: In welche Bahnen muss die Verkehrsinfrastruktur gelenkt werden, um die erwünschte Siedlungsentwicklung zu unterstützen? Sabina Uffer, Fachberaterin der ZPK bei der Regionalplanung Zürich und Umgebung (RZU), präsentierte fünf Trends der Mobilitätsentwicklung: Erstens werden wir künftig immer häufiger für jeden Weg diejenige Fortbewegungsart wählen, die sich am besten dafür eignet. Zweitens werden wir unsere Wege zunehmend mit Smartphone-Apps planen und organisieren. Drittens werden immer mehr Fahrzeuge geteilt. Viertens nimmt die Automatisierung zu und damit auch die Verkehrssicherheit. Und fünftens werden die Fahrzeuge immer weniger Klimagase und Schadstoffe ausstossen.

Diese Trends führen zu verschiedenen Szenarien für die Zukunft. Für die Gestaltung der Räume sind Automatisierung, Car-Sharing und Verlagerung von Wegen auf raumeffizientere Verkehrsmittel entscheidend, denn das Auto benötigt für dieselbe Transportleistung ein Vielfaches des Raumes eines Busses, eines Zugs, eines Fahrrads, einer Fussgängerin oder eines Fussgängers. Eine höhere Auslastung der vorhandenen Autos senkt den Parkplatzbedarf, eine Verlagerung zum öffentlichen und zum Langsamverkehr erhöht die Strassenkapazität ebenso wie Assistenzsysteme, die geringere Abstände und gleichmässigere Geschwindigkeiten mit weniger Stau ermöglichen.

Besondere regionale Qualitäten

Regionalplanerin Bernadette Breitenmoser zählte die besonderen Qualitäten der Region auf, die mit der Raumplanung – und dem entsprechenden Verkehrskonzept – gestärkt werden sollen: Die Region ist überschaubar, verfügt über eine eigenständige Identität mit unterschiedlich ausgeprägten Teilräumen. Die Bevölkerung ist überdurchschnittlich stark mit ihrem Lebensraum verbunden, was Engagement und sozialen Zusammenhang fördert. Das Wohnumfeld ist familienfreundlich. Die wertvollen Landschafts- und Naturräume schaffen attraktive Erholungsgebiete und eine hohe Eignung für die landwirtschaftliche Bewirtschaftung. Die dezentrale Grundversorgung deckt weitgehend den täglichen Bedarf. Für Bedürfnisse, die darüber hinausgehen, liegen die Städte Zürich und Zug gut erreichbar in der Nähe.

Wichtige raumplanerische Ziele sind ein starkes Regionalzentrum und eine Siedlungsentwicklung, die vorzugsweise entlang der Bahnlinie erfolgt. Doch diese Ziele entsprechen aktuell nicht der Realität, denn Affoltern und Hedingen wachsen unterdurchschnittlich. Bernadette Breitenmoser fasste zusammen: «Das Bevölkerungswachstum erfolgt nicht so, wie es der Richtplan vorsieht.» Das Knonauer Amt ist gut vernetzt, nicht nur nach Zürich und Zug, sondern auch in den Aargau, ins Limmattal und ans linke Seeufer. Der Modalsplit, das Verhältnis zwischen öffentlichem Verkehr und Privatverkehr, hängt stark von der Erschliessung ab – in Stallikon benützen 29%, in Maschwanden 3% öffentliche Verkehrsmittel.

Was leistet ein Zentrum?

Die Ergebnisse der regional gegliederten Gruppendiskussionen ergab eine Auslegeordnung für die Fortsetzung der Arbeiten am Gesamtverkehrskonzept. Die Region – vertreten durch vier Kantonsräte und den Standortförderer – und die Stadt Affoltern wünschen starkes Regionalzentrum, wollen den Zusammenhalt in der Region fördern und sehen die Wohn- und Arbeitsschwerpunkte entlang der S-Bahn.

Die anderen Teilregionen haben teilweise kontroverse Gewichtungen der einzelnen Fragen ergeben, insbesondere bezüglich der Bedeutung des Regionalzentrums und des Wachstums entlang der S-Bahn. Darf etwa Maschwanden nicht wachsen? In der Gruppe Unteramt wurde die Gewichtung der regionalen Zentren im Vergleich zu Zürich diskutiert und damit zusammenhängend die Frage, ob die Region wirklich nur ein einziges Regionalzentrum benötige. Ein Konsens bestand darin, dass die Zentrumsfrage von den einzelnen Gemeinden stark gemäss den jeweiligen Distanzen nach Affoltern, Zug und Zürich gewichtet werde. Doch was bedeutet Zentrum überhaupt? Je nach dem jeweiligen Bedürfnis – Schule, Einkauf, Kultur, Sport – stehen unter Umständen andere Zentren im Vordergrund.

Für Ottenbach und Obfelden ist der Weg nach Zürich, auch nach Zug und in die Innerschweiz via Affoltern wichtig. Die Beziehung in den Aargau wird hier naheliegenderweise höher gewichtet als in den Gemeinden nahe bei Zug oder Zürich. Darüber hinaus waren viele Fragen weitgehend unbestritten: Es werden möglichst direkte und schnelle Bahn- und Busverbindungen gewünscht, der Viertelstundentakt soll durchgehend von Zürich über Affoltern nach Zug eingeführt werden. Die Grenzen zwischen öffentlichem und privatem Verkehr werden sich vor allem im Bereich der Feinverteiler in den nächsten Jahren teilweise auflösen. Und, es besteht grosser Handlungsbedarf bei der Schaffung sicherer Verkehrs- und Fusswege nicht nur zwischen den Dörfern, sondern auch innerhalb der grösseren Siedlungen.

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