In Vergessenheit geraten

Im Hochmoor Chrutzelen in Rifferswil steht eine Torfhütte, wie es in der Gegend einige gibt. Meist stehen sie fest verschlossen, doch diese ist derart verfallen, dass sie ihr Inneres offenbart: Alter Hausrat. Der «Anzeiger» hat nachgeforscht.

Die verfallene Torfhütte im «Chrutzelen» offenbart ihr Inneres: Von der Schallplatte bis zu Geschirr. (Bild Nepita Santiago)
Die verfallene Torfhütte im «Chrutzelen» offenbart ihr Inneres: Von der Schallplatte bis zu Geschirr. (Bild Nepita Santiago)

Ein Häuslein steht im Walde, ganz still und stumm. Doch vielleicht hat dieses ja etwas zu erzählen. Das nimmt auf jeden Fall an, wer hinter das Hüttchen geht. Dort offenbart schon seit längerer Zeit das kaputte Dach einen überraschenden Einblick ins Innere.

Was auf den ersten Blick wie eine illegale Mülldeponie aussieht, entpuppt sich bei genauerem Hinschauen, als veritabler Hausrat. Schränke mit aufgezogenen Schubladen, in denen Geschirr versorgt war. Bilder, Bücher, ein Mosaiktischchen, Decken, Heizkörper, Schallplatten. Beispielsweise Robert Schumanns «Liederkreis», und man stellt sich gerne vor, wie ein
Musikliebhaber hier in der Stille des Hochmoors Musik hört, und Stücke wie «Waldgespräch», «Die Stille» oder «Mondnacht» werden ihn wohl zum Sinnieren angeregt haben. Das muss jedoch schon länger her sein, denn der Hausrat wirkt ziemlich «vintage» und ist auch stark vermoost.

Willkommener Zusatzbatzen

In unserer Gegend wurde schon in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts Torf gestochen. Da man sich dabei offenbar auch in die Quere kommen konnte, wurden die Moorgebiete in Privatbesitz aufgeteilt, und durch Gräben voneinander abgegrenzt. Die darauf erstellten Riedhäuschen dienten nicht etwa zu Wohnzwecken, sondern in diesen Torfhütten wurden die abgestochenen und bereits vorgetrockneten Torfziegel gelagert. Im Rifferswiler Buch von Hans Schweizer ist zu lesen, dass sich mancher einheimische Bauer einen willkommenen Zusatzbatzen erwarb, indem er über den Eigenbedarf hinaus auch noch Torf, ein begehrtes Brennmaterial mit gutem Heizwert, zum Verkauf abbaute. In der Schweiz sind die Moore seit 1987 geschützt, und es darf kein Torf mehr gestochen werden.

Die Hütte wurde zum Feiern umgenutzt

So wurden mit der Zeit auch die Torfhütten anderen Zwecken zugeführt. Ein ehemaliger Rifferswiler Gemeinderat erzählt, dass eines der Hüttchen früher vorwiegend von Jugendlichen zum Feiern genutzt wurde, und dass sogar einmal die Feuerwehr ins heute geschützte Moor ausrücken musste. Während die meisten der Häuschen in Familienbesitz blieben und instand gehalten werden, gelangten andere durch weitverzweigte Erbschaftsangelegenheiten wohl in Vergessenheit. Das scheint auch beim verfallenen Torfhäuschen der Fall zu sein. Die aktuellen Besitzer sind nicht erreichbar und so hat weder die Gemeinde, noch das Forstamt oder die Chrutzelen-Vereinigung das Recht, hier für Ordnung zu sorgen. Auch wenn dieser Zustand – mitten in einem Naturschutzgebiet – für einige wohl wie ein schmerzender Stachel im Fleisch wirken mag.  Somit bliebt das Häuschen im Walde vorerst also stumm und behält seine Geschichte für sich.

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