Hilfe von der medizinischen Basis

Bis anhin ist die befürchtete Welle mit Neuansteckungen im Kanton Zürich ausgeblieben. Im Notfall würde das medizinische Personal in der Versorgung der Kranken jedoch eine entscheidende Rolle spielen. Die Arztpraxen im Bezirk organisieren sich dorfübergreifend und ergreifen Schutzmassnahmen, um das Spital zu entlasten.

Hausarzt Erich Villiger und Praxiskoordinatorin Kelly Hösli vor dem Container, in dem ab sofort Patienten mit Corona-Symptomen behandelt werden. (Bild Livia Häberling)
Hausarzt Erich Villiger und Praxiskoordinatorin Kelly Hösli vor dem Container, in dem ab sofort Patienten mit Corona-Symptomen behandelt werden. (Bild Livia Häberling)

Die Zahl der Corona-Fälle nimmt weiter zu. Bis am Montagmorgen, 11.30 Uhr, haben die Kantone schweizweit 14956 Erkrankte gemeldet. 300 Personen sind gestorben. Auch das Spital Affoltern hat sich für einen starken Anstieg an Neuinfizierten gewappnet (der «Anzeiger» hat berichtet). Vor dem Haupteingang kanalisiert der Zivilschutz seit dem 13. März den Patientenfluss. Wer Grippe- oder Erkältungssymptome aufweist, wird direkt zu den beiden Containern weitergeleitet, die für die Coronavirus-Abklärung vor der Notaufnahme aufgestellt worden sind. Im Bettenhaus stehen ausserdem 88 Betten für Corona-Patienten bereit, im Geschützten Operationssaal (Gops) weitere 30.

Bis jetzt ist die befürchtete Welle an Hospitalisierungsbedürftigen ausgeblieben. «Aktuell behandeln wir sechs Patienten mit einer gesicherten Corona-Infektion und drei Patienten, die klassische Covid-Symptome aufweisen», sagt Spitaldirektor Michael Buik. In den Containern werde laufend weiter getestet. Im Anschluss begebe sich der Grossteil der Patienten in die häusliche Quarantäne und werde telefonisch weiterbetreut.

Medizinische Grundversorgung sicherstellen

Was aber, wenn sich die Situation plötzlich verschärft und die Anzahl der Infizierten und Pflegebedürftigen rasant steigt? Um für dieses Szenario gewappnet zu sein, treffen sich die Entscheidungsträger aller Ämtler Gesundheits- und Pflegeinstitutionen, Vertreter der Ärzteschaft, von Zivilschutz und der Regionalen Führungsorganisation unter Federführung des Sicherheitszweckverbands wöchentlich zu einer Sitzung. So sollen Personal- oder Materialengpässe gemeinsam koordiniert werden.

Auch die Hausarztpraxen im Bezirk haben sich organisiert. Die 14 Gemeinden wurden inzwischen in die drei Rayons Oberamt, Mittelamt und Unteramt eingeteilt. Innerhalb dieser Gebiete werde separat koordiniert, zum Beispiel, falls es in einzelnen Praxen zu Personalengpässen kommen sollte, sagt Hausarzt Daniel Zimmermann, Vorstandsmitglied im Bezirksärzteverband. «Das Spital gerät bei ­einer Zunahme an Erkrankten am stärksten unter Druck. Unser Ziel ist es deshalb, die medizinische Grundversorgung der Bevölkerung in den Praxen weiterhin sicherzustellen, um das Spital zu entlasten.»

Zusätzliche Unterstützung könne bei Bedarf auch im personellen Bereich geboten werden, so Daniel Zimmermann. «Dadurch, dass in den Praxen keine Routineuntersuchungen mehr stattfinden, werden Kapazitäten frei.» So könnten Ärztinnen, Ärzte, oder ­Praxismitarbeitende im Notfall in anderen Praxen in ihrem Rayon oder auch im Spital einspringen.

«Corona-Container» zum Schutz von Personal und Risikopatienten

Damit sich das Personal im Notfall gegenseitig unterstützen kann, muss es allerdings gesund bleiben. Deshalb haben Eveline Breidenstein und Erich Villiger in ihrer Arztpraxis in Ottenbach letzte Woche einen «Corona-Container» aufgestellt. Diesen hatten sie aufgrund der engen Platzverhältnisse ursprünglich als Büro-Raum bestellt, angesichts der aktuellen Situation habe man ihn nun jedoch früher angeschafft.

Weil auch in Ottenbach nur noch Notfall-Patienten betreut werden dürfen, fällt ein Grossteil der Behandlungen weg. Rund 75 Prozent, schätzt Erich Villiger. Falls möglich, werden diese Patienten telefonisch beraten. Viele sind verunsichert, ob sie weiterhin zur Arbeit gehen sollen – gerade, wenn sie Risikopatienten sind oder grippeähnliche Symptome wie Husten oder Fieber zeigen. Erich Villiger rät dringend davon ab. Die Selbstisolation sei viel wirksamer, als eine Maske zu tragen. Jene Patienten, die als Notfälle gelten und zugleich Symptome aufweisen, betreten die Praxis ebenfalls nicht mehr. Stattdessen werden sie vorgängig am Telefon oder mittels Hinweis an der Türe in das «Wartezimmer» – ein Zelt – hinter dem Haus gebeten. So wollen die beiden Ärzte verhindern, dass ihre Räume mit dem Virus kontaminiert werden.

Im Container werden auch Corona-Tests durchgeführt. Weil schweizweit noch immer zu wenig Material zur Verfügung steht, werden nur die Risikogruppen getestet. Zu diesen zählen Mitarbeitende aus dem Gesundheitsbereich und Patienten, bei denen eine Hospitalisierung im Fall einer
Erkrankung wahrscheinlich ist. «Wir sind keine Corona-Teststation», betont Erich Villiger, in Einzelfällen könne der Test jedoch notwendig sein. Zum Beispiel dann, wenn ein lungenkranker Patient wegen einer Bronchitis behandelt werde, im Fall einer positiven Corona-Diagnose jedoch mit einer Hospitalisierung zu rechnen sei.

Spital Affoltern soll im Notfall andere Kliniken entlasten

Sollte sich die Lage im Kanton Zürich in den nächsten Tagen und Wochen massiv zuspitzen, könnten in Affoltern auch Patienten aus anderen Regionen untergebracht werden. Die Gesundheitsdirektion hat die Spitäler und ­Institutionen in die drei Kategorien ­Covid-A-, B- und C-Kliniken unterteilt. Das Spital Affoltern gehört zu den C-Häusern. «Es hat keine eigene Intensivstation und steht damit nicht für die intensivmedizinische Behandlung von Corona-Patienten zur Verfügung», sagt Michael Buik. Stattdessen soll es Patienten betreuen, die keine akutmedizinische Versorgung (mehr) benötigen – im Notfall auch jene von A- und B-Häusern, um diese zu entlasten. «Wir arbeiten aktuell sehr eng mit dem Triemlispital zusammen», so Buik. Aber auch Verlegungen aus anderen umliegenden Spitälern sind denkbar.

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