Ortsbegehung zeigt Potenzial von Affoltern bis Knonau

Autobahnkraftwerk-Pionier Laurent Jospin beim Augenschein vor Ort an der A4 in Affoltern, flankiert von Charles Höhn (links) und Johannes Bartels von der Standortförderung Knonauer Amt.
Bis zu 70 Gigawattstunden Strom pro Jahr soll das A4-Autobahnkraftwerk im Knonauer Amt künftig liefern. Am Freitag trafen sich die Initianten zur Ortsbegehung an den fünf potenziellen Abschnitten.
Von: Thomas Stöckli
Mit einer Autobahnüberdachung Sonnenstrom gewinnen – die Idee sei ihm 2009 gekommen, verrät Laurent Jospin, Initiant eines entsprechenden, noch nicht realisierten, Pilotprojekts im Wallis. Bereits seit 2010 beschäftigt er sich intensiv damit. Als bei der Energieregion Knonauer Amt dieselbe Idee für die hiesige Autobahn aufkam, lag es demnach nahe, sich der Vorplanung des Pioniers anzuschliessen. Dazu habe man ihm auch beim Bundesamt für Strassen (Astra) geraten, so Charles Höhn, der das Projekt im Säuliamt begleitet.
Vergangenen Freitag fand eine Dreierdelegation aus der Westschweiz den Weg nach Affoltern. Empfangen wurden sie von Höhn und Standortförderer Johannes Bartels. Eine «Vor-Vorbereitung» nannte Jospin den Augenschein vor Ort mit Fotokamera, Drohne und GPS-Messgerät. Es gehe darum, Daten zu sammeln und etwaige Problemstellen zu erkennen. Problematisch könnten etwa Hochspannungsleitungen sein, führte Jospin aus.
Installation bei laufendem Verkehr
Für die Überdachung würden zuerst die Stützen erstellt, dann die 48 Meter breiten und zwölf Meter langen Dachmodule darüber gezogen. «Dazu brauchen wir Installationsstellen mit unmittelbarem Zugang zur Autobahn», erklärt Jospin. Die Module sollen hier vorbereitet, dann über eine Rampe auf das Trägergestell hoch- und weiter an ihren Bestimmungsort geschoben werden. «Eine zentrale Bedingung ist: Wir müssen so bauen, dass wir den Verkehrsfluss nicht stören.» Der Augenschein vor Ort sollte auch dazu dienen, die Kosten genauer abschätzen zu können. Das ist wichtig, wenn es um die Suche nach Investoren geht. Eine Vermögensverwaltungsfirma habe bereits ihr Interesse bekundet, so Jospin, «aber die lokale Bevölkerung soll zuerst kommen dürfen. Sie hat die Anlage ja auch vor den Augen.»
Für das A4-Autobahnkraftwerk stehen fünf eher kurvenarme Abschnitte zur Diskussion, von Knonau im Süden über Mettmenstetten – je eine vor und nach der bestehenden Überdachung –, zwischen Dachlissen und Affoltern sowie in Zwillikon. Auf letzteren Abschnitt werde man aber voraussichtlich verzichten, weil sich hier (zu) viele Herausforderungen kumulieren. Statt 3,2 km dürfte sich die Gesamtlänge des Autobahnkraftwerks deshalb auf rund 2,5 km beschränken. Rund 50 bis zu 70 Gigawattstunden Strom sollte es so nach neusten Plänen liefern. Das dann, wenn nebst Solarmodulen auf dem Dach auch in die Struktur integrierte, langsam drehende Windturbinen miteingeschlossen werden können. Diese wären praktisch unsichtbar und geräuschlos. «Das müssen wir mit dem Astra aber noch besprechen», schränkt Jospin ein, «bewilligt sind erst die Struktur und die Fotovoltaik-Überdachung.»
Vermutlich zuerst im Wallis
Das Projekt im Wallis geniesst für den Pionier nach wie vor Priorität. Schliesslich handle es sich dort um ein 1,6 km langes kerzengerades Stück, das einfacher zu realisieren sei. Zuletzt ist es aber politisch ins Stocken geraten. Und so schliesst Jospin nicht aus, trotzdem zuerst im Knonauer Amt zu bauen. «Hier ist zwar technisch vieles komplizierter als im Wallis», sagt er, «aber es sind Probleme, die wir lösen können.» Um die Baubewilligung beantragen zu können, braucht es vorgängig grünes Licht der zuständigen Behörden vom Kanton respektive vom Bund. «Wenn wir die haben, ist sechs Monate später Baustart», so Jospin.
«Es ist höchste Zeit, dass es konkret wird», betont er nach elf Jahren Planung. Wobei die Zeit nicht einfach verloren ist, hat sich die Kosten-Nutzen-Rechnung doch seit dem Start immer wieder verbessert. «Heute sind wir unter dem üblichen Strompreis», veranschaulicht Charles Höhn, was das Projekt für Anleger interessant mache. Nach dem vierstündigen Besuch im Knonauer Amt hat er die Gäste aus der Westschweiz mit einem Präsent an regionalen Spezialitäten verabschiedet.