Wahre Sternstunden mit der Orchestergesellschaft

Die Wahl des Konzerttitels beschrieb Hugo Bollschweiler, Leiter der Orchestergesellschaft Affoltern, wie folgt: Die aufgeführten Werke stammen von drei Zeitgenossen, die «Sterne ihrer Zeit» waren – Mozart als strahlender Stern, Winter als fast vergessenes Gestirn und de Arriaga als viel zu früh verglühter Komet.

Die Orchestergesellschaft Affoltern mit ihrem musikalischen Leiter Hugo Bollschweiler. (Bild Susanne Crimi)
Die Orchestergesellschaft Affoltern mit ihrem musikalischen Leiter Hugo Bollschweiler. (Bild Susanne Crimi)

Mit Wolfgang Amadeus Mozarts (1756-1791) Ouvertüre zu «Idomeneo» legte sich das Orchester ein schwieriges Einstiegsstück auf den Notenständer. Mozart selbst bezeichnete diese Oper als seine liebste Komposition, er schrieb sie als Auftragsstück für den Karneval 1781 in München. Sein Aufenthalt in München war für ihn eine sehr glückliche Zeit, und er durfte das grosse Mannheimer Orchester leiten. Dieses war bekannt für seine sehr begabten Musiker, und Mozart schrieb deshalb voll Begeisterung sehr schwierig zu spielende Orchesterpassagen. Selbst sein erfahrender Vater warnte ihn davor, zu anspruchsvoll zu schreiben: «…denn ich kenne Deine Schreibart, es gehört bey allen Instrumenten die unausgesetzte erstaunlichste Aufmerksamkeit dazu, und es ist kein Spass, wenn das Orchester (…) mit solchem Fleiss und Aufmerksamkeit angespannt seyn muss...»

Aber Mozart wusste, dass die Spannung einer Aufführung erhöht wird, wenn die Instrumentalisten gefordert werden. Genau 237 Jahre und ein Tag nach der Uraufführung zeigte die Orchestergesellschaft Affoltern den Zuhörern eindrücklich, dass auch sie Mozart hätten begeistern können. Virtuos und eindrücklich durften die Zuhörer sich in das Konzert hineinhören, und spürbar wurde auch die Erwartung an die weiteren Konzertstücke.

Andrea Bischoff: Die Oboe ist wie ein Teil von ihr

Die Solo-Oboistin Andrea Bischoff, im In- und Ausland gefragte und im Luzerner Sinfonieorchester tätige Musikerin, begeisterte danach mit dem Konzert für Oboe und Orchester, Nr. 2, F-Dur, von Peter von Winter (1754-1825) das Publikum. Ihr Instrument scheint für sie wie ein Teil ihres Körpers zu sein, und sie verstand es wunderbar, ihr Publikum mit den Klangmöglichkeiten ihrer «Schalmei» in den Bann zu ziehen. Man konnte sich im Allegro einfach der Musik hingeben; horchte erstaunt hin, weil plötzlich eine sehr modern anmutende Kadenz zu hören war, liess sich im zweiten romantischen Satz entspannt treiben und genoss voller Freude das «Rondo». Imponierend war auch zu erkennen, mit wie viel Kraft die Luft durch das feine Rohr in das Instrument geblasen werden muss, um die Oboe zum Klingen zu bringen und doch wie schön und vielfältig sie klingen kann.

Das Publikum liess die Künstlerin nicht ohne Zugabe gehen. Hugo Bollschweiler erklärte anschliessend auch die moderne Kadenz in ersten Satz, die von Daniel Hess aus Winterhur modern in die Komposition von Peter von Winter hineinkomponiert wurde, um den Bogen – vielleicht wie eine Sternschnuppe? – zwischen der Klassik und heute zu ziehen.

Der spanische Mozart

Der «spanische Mozart», Juan Chrisóstomo de Arriaga (1806-1826), eine ebensolche Ausnahmeerscheinung wie Mozart selbst, war schon als Kind ein Musikgenie und begann im zarten Alter zu komponieren. Sein früher Tod mit 19 Jahren liess ihn eine Zeitlang in Vergessenheit geraten. Die Orchestergesellschaft Affoltern widmete ihm den dritten Teil des diesjährigen Winterkonzertes mit der «Sinfonia a gran orquesta» in D-Dur. Mit dieser Sinfonie brachten die Musiker unter der Leitung von Hugo Bollschweiler eindrücklich zum Ausdruck, mit wie viel Eleganz, Dramatik und spanischen Temperament dieser damals 17-jährige Jüngling Musik komponieren konnte. Der zweite Satz war als Andante getragen und ausgeglichen. Im dritten Satz konnte mal förmlich hören, wie eine Feder als Windspiel zart und verspielt herumgewirbelt wurde.

Mit Drama oder zartes Piano – die Orchestergesellschaft Affoltern liess die Zuhörer eine wahre Sternstunde geniessen. Mit einem warmen Applaus als Dank für die soeben gehörten «Sterne-Kompositionen» verabschiedete sich das Publikum in die klare Mondnacht.

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