Ein Garten voller Heil- und Küchenkräuter
Serie «Gärten»: Silvia Trinkler zaubert auf wenig Land einen Gesundheitsgarten
«Für mich ist mein Gärtchen mitten im Dorf Medizin – für die Seele, fürs Auge und für die Gesundheit», erklärt Silvia Trinkler. Seit einigen Jahren befasst sich die Fahrlehrerin und ausgebildete Kräuterfachfrau intensiv mit der Pflanzenwelt. Das um- und angebaute alte Bauernhaus, direkt an der Dorfstrasse in Obfelden, wurde nach dem Umbau zum Teil neugestaltet. Sie und ihr Mann magerten den Boden ab – das heisst, sie fügten flächendeckend Sand und Kies zur Erde hinzu und schafften so eine Basis für das Gedeihen von heimischen Pflanzen, die zugleich ideale Bienennahrung sind. Silvia Trinkler ist ausgebildete Imkerin, sie betreut aber zurzeit keine eigenen Bienenvölker.
Wachsen darf, was sie aussät, pflanzt und vor allem, was von selbst wächst. Sie wirkt regulierend, jätet nur, was überhandzunehmen droht und andere Pflanzen verdrängt. In ihrem Garten kommen kein Kunstdünger, keine Pestizide und keine Fungizide zum Einsatz. Denn die Pflanzen werden als Heilkräuter zu Tinkturen, Salben und Emulsionen verarbeitet. Zudem kommen Kräuter in ihrer Küche frisch und getrocknet, als Gewürzkräuter, als Kräutersalze und als Pestos zum Einsatz.
Optimal genutzte Flächen
Silvia und Hans-Peter Trinkler gestalteten ihren Garten mit viel Freude neu. Sie erstellte das Konzept und er, handwerklich begabt, übernahm die schweren Arbeiten. Den Garten, der zwei Seiten des Hauses umrahmt, teilte Silvia Trinkler wohlüberlegt in Räume ein.
Zugang zum Garten hat sie auch von der Terrasse ihrer Wohnung. Der Übergang ist fliessend, denn bereits auf dem Balkon wachsen in Töpfen Pflanzen. In einer antiken Zinkbadewanne wuchern Kräuter aller Art – auch Unkraut – oder besser gesagt: Wildkräuter. Silvia Trinkler kennt sie alle, ihre Namen, aber auch ihre Wirkung auf die Gesundheit.
Auf dem Tisch sind Kräuter bereit für die Verarbeitung und für die Heilkräuterkurse, welche die Kräuterfachfrau anbietet. Von der Decke hängen duftende Kräutersträusse, im Regal stehen frisch abgefüllte Zitronenmelissen- und Pfefferminzsirupflaschen und getrocknete Bärlauchblüten sind zum Abpacken bereit. Viel Arbeit – aber es gibt auch eine Erholungsecke mit einladenden Loungemöbeln.
Über eine Treppe gelangt man in den eigentlichen Garten. Beim Heruntersteigen erhascht man einen Blick auf das mit Sukkulenten bepflanzte Vordach – auf das Silvia und Hans Peter Trinkler zum Jäten auch mal aus dem Fenster steigen. Im dreieckigen Stück Land entlang der Dorfstrasse wachsen Kräuter und Blumen. Im Kräuter-Naturgarten gedeihen beispielsweise Pflanzen wie Beinwell, Minze, Zitronenmelisse, Lavendel, Jungfer im Grünen, Giersch, Salbei, Rosmarin, Wegerich-Arten, Johanniskraut, Malven, Kapuziner und Frauenmantel. Sie werden von der Kräuterfrau fachkundig genutzt.
Erstaunlich vielfältige Ernte
Der rund 80 Quadratmeter umfassende Garten ist gegen die stark befahrene Dorfstrasse mit einem dichten Bretterzaun geschützt. Dieser steht nicht direkt an der Strasse, sondern lässt Raum für Blumen. Damit schauen Passanten nicht an eine Bretterwand, sondern an Blumen aller Art.
In die Bretterwand integriert ist ein kleines Häuschen, wo ein Tisch und zwei Gartenstühle einladen, auch mal Pause zu machen.
Am Haus ranken Rosen und Passionsblumen, ein junger Aprikosenbaum soll bald Früchte tragen. Aus dem Garten ernten Trinklers auch Äpfel, Birnen, Feigen, Salat, Tomaten, Kornelkirschen und verschiedene Beerensorten.
Silvia Trinkler liebt ihren «Kindergarten», ein Beet, wo sie aus Stecklingen junge Pflanzen zieht. Sie rät: «Stecklinge in Wasser stellen, in dem Weidenzweige ihre Wirkstoffe abgeben – oder mit ‹Weidenwasser› giessen.»
Kräuterkurse
Silvia Trinkler gibt ihr Wissen gern weiter. Sie versteht Pflanzen nicht primär als Heilmittel, sondern als Möglichkeit, die Gesundheit präventiv zu stärken. «Mit Kräutern und Wildkräutern kochen, heisst achtsam sein, genau hinschauen, sich Zeit nehmen. Es ist einfach, immer mal wieder mit Pestos in Salaten, Suppen oder als Kräutersalz zu sich zu nehmen. Beispielsweise Giersch, auch Baumtropf genannt, ist bei Gärtnern nicht beliebt. Silvia Trinkler hat mit der Pflanze Frieden geschlossen: «Durch den hohen Gehalt an Mineralien wirkt die Pflanze basisch, blutreinigend und harnsäuretreibend. Eine Spinatquiche mit Giersch schmeckt lecker und man realisiert nicht, dass man klammheimlich etwas für die Gesundheit tut.»
Sie betont: «Eine der wichtigsten Pflanzen in meinem Gärtchen ist aber die einjährige Kapuzinerkresse. Seit ich die Wirkstoffe dieser Pflanze kenne, brauche ich nie mehr Antibiotika bei einer Blasenentzündung.»
Ihr Garten endet nicht an ihrem Gartenzaun. «Mit offenen Augen über Feldwege spazieren oder in einen kühlen Wald eintauchen – das ist Herzensnahrung. Mit Aufmerksamkeit – und manchmal auch mit der Kamera – «neue» Pflanzen entdecken – das ist Entspannung pur!»
Infos zum Kräuterkursangebot: werk-tag.ch