Heilige Schei**e!
Das Naturbad Maschwanden ist von Bakterien verunreinigt und seit dem 20. Juni zu – ein Debakel für das Wirte-Duo

Käthi Huwiler zieht den roten, rollbaren Einkaufskorb aus dem Vorratsschuppen die Treppenstufen hoch, durch den Badi-Eingang. Sie hat Nachschub geholt, falls am Abend noch jemand ein Bier will. «Arbeit gibt es immer», sagt sie. Seit mehreren Wochen muss die Badibeiz-Betreiberin sie allerdings suchen. Wo kaum noch jemand ein Glacé bestellt, die Cola verschüttet, leere Teller hinterlässt oder die Plastikstühle vollschwitzt, wird es unangenehm ruhig.
Es war am 20. Juni, als die Gemeinde Maschwanden auf ihrer Website mitteilte, dass der Badebetrieb aufgrund der Wasserqualität «bis auf Weiteres» eingestellt werden müsse. Der Grund: «Zwei Parameter» überschritten den gesetzlichen Höchstwert. Anders gesagt: In der Badeanlage befanden sich Bakterien, die dort in dieser Konzentration nicht sein sollten. Mittlerweile steht der Badebetrieb seit vier Wochen still.
Niemandem auf die Füsse treten
Das Naturbad Maschwanden wurde in der Wintersaison 2013/14 umgebaut und auf biologische Wasseraufbereitung umgestellt. Davor war die Badi jahrelang ein konventionelles Freibad gewesen, das Wasser wurde mit Chlor desinfiziert. Nach neun Saisons ohne nennenswerte Probleme musste das Becken nun erstmals wegen Bakterien geschlossen werden.
Badi-zugewandte Kreise werden im Gespräch schmallippig, wenn sie gefragt werden, um welche Bakterien es sich handelt und wie sie ins Wasser gelangt sind. Die einen wissen nichts Näheres und die anderen werden sich hüten, in diesem kleinen Dorf irgendjemandem auf die Füsse zu treten. Im Gespräch wird in einem Nebensatz die Badi in Embrach zum Thema, wo sich das Wasser vor einigen Tagen angeblich gelb-grünlich präsentierte, nachdem die Aufbereitungsanlage ausfiel und das Chlor fehlte. Gäste interpretierten die Verfärbungen als Urin. Die Gemeinde sprach von «gravierenden Schäden» bei der Badewasser-Aufbereitung.
In Maschwanden schrieb die Gemeinde Ende Juni, die erhöhten Werte könnten «auf verschiedene Ursachen zurückzuführen» sein. Ergänzend zu den gängigen Hygiene-Vorschriften nutzte sie die Gelegenheit, Eltern eindringlich darauf hinzuweisen, ihren Babys und Kleinkindern vor dem Plantschen saubere Windeln anzuziehen. Gemeindepräsident Christian Bachmann bestätigt auf Anfrage, dass es sich bei einem der beiden Erreger um Kolibakterien (Darmbakterien) handelte. Dieser Wert habe sich mittlerweile normalisiert, sagt er, und weist darauf hin, dass es bei den Grenzwerten kaum Spielraum gebe: «Das Badewasser muss nahezu Trinkwasserqualität aufweisen.»
Das Badi-Abo bleibt auch 2024 gültig
Am Freitag gab die Gemeinde in einer Mitteilung ein Update. Ähnlich wie in den bisherigen Schreiben hiess es, man arbeite «mit Hochdruck» daran, die Bedingungen für eine einwandfreie Wasserqualität wiederherzustellen. Die Gemeinde stehe in engem Kontakt mit einem Fachspezialisten für Naturbäder und mit dem kantonalen Labor.
Verantwortlich für die anhaltende Schliessung sei das Bakterium «Pseudomonas aeruginosa». Dieses kommt typischerweise in feuchter Umgebung vor. Nun hat der Gemeinderat Maschwanden zugunsten der Badegäste beschlossen, dass die Saisonkarten ein Jahr länger gültig bleiben. Gäste mit einer Jahreskarte 2023 werden also in der kommenden Saison freien Einlass erhalten.
Solidarität mit dem Wirte-Duo
Für Badi-Beiz-Betreiberin Käthi Huwiler ist die Situation besonders undankbar. Die 58-Jährige hatte den Imbiss in Maschwanden bereits von 2010 bis 2016 betrieben. Zurückgekehrt war sie, weil es sich für die Gemeinde als knifflig erwiesen hatte, eine neue Pächterin zu finden. Ihr war von Beginn weg klar, dass die 14-Stunden-Tage in der Hochsaison alleine nicht zu schaffen sein würden. So stieg ihr Sohn Pius Huwiler mit ein, seinerseits ausgebildeter Koch. Auch er sitzt am Donnerstagnachmittag an einem der Festbänke. «Füreluege» lautet seine Devise, «was bleibt uns anderes übrig?» Etwas leichter fällt ihnen der Blick nach vorne, weil sie für ihren Kiosk, der weiterhin geöffnet bleibt, bisher auf die Solidarität verschiedener Kreise zählen durften. «Wir haben Arbeiter, die bei uns zum Znüni oder Mittagessen einkehren», sagt Käthi Huwiler, «heute Mittag hatten wir ordentlich zu tun.» Immer wieder kämen auch Familien aus dem Dorf zum Essen vorbei, um die beiden zu unterstützen.
Und dann naht am Donnerstagnachmittag auf einmal doch noch Kundschaft. Ein Mann mit Baseball-Kappe und Klettverschluss-Sandalen taucht vor der Einlassschranke auf. Weil die Lorze wenig Wasser führt, hätte er sich mit seiner Partnerin gerne einen Schwumm im Naturbad gegönnt. Daraus wird nichts. «Bakterien», sagt Käthi Huwiler. «Isch wahr?», erwidert der Mann, «ganz verreckt!», um einen Entschluss zu fassen, der ihr als Wirtin noch so recht sein dürfte: «Da müemer grad eis trinke!»