Ist die Lage doch nicht so trüb?

Vor Säuliämtler Wirtschaftsvertretern zeigte sich UBS-Chefökonom Daniel Kalt «recht optimistisch»

Mit seinem Wirtschaftsausblick regelmässig zu Gast beim Arbeitgeberverband des Bezirks Affoltern: Daniel Kalt, Chef- ökonom und Chief Investment Officer UBS Schweiz (links), mit Thomas Naef, Präsident des AGV Affoltern. (Bild Daniel Vaia)

Der Krieg in der Ukraine, der Konflikt im Nahen Osten, der neue US-Präsident, die lahmende Konjunktur in Europa, Regierungskrisen in mehreren EU-­Ländern, der Klimawandel ... Manche ­mögen inzwischen gar nicht mehr hinschauen. Zu viel Negatives. Anders sieht es Daniel Kalt, UBS-Chefökonom und Chief Investment Officer Schweiz – ­zumindest mit Blick auf die Wirtschaft. Er sei, was die Aussichten für das laufende Jahr angeht, «recht optimistisch», erklärte Kalt am Mittwoch in Affoltern vor Vertretern des Arbeitgeberverbands des Bezirks Affoltern. Aus seiner Sicht ist das von den Medien vermittelte Bild der Weltlage «vielleicht ein wenig zu stark negativ».

Die Gemütslage der rund 50 Säuliämtler Wirtschaftsvertreterinnen und Wirtschaftsvertreter am Prognose-­Anlass im Alters- und Pflegeheim Senevita erwies sich allerdings als ein paar Schraubenumdrehungen gedämpfter. Auf die von Kalt ans Publikum gerichtete Frage, wer «Licht am Ende des Tunnels in Europa» sehe, ging nicht eine einzige Hand nach oben.

Das überrasche ihn nicht, so Kalt. Im Vergleich zum Sommer und Herbst letzten Jahres lasse die Zuversicht seit zwei Monaten wieder nach. Er bleibe dennoch recht optimistisch. Daher auch der Titel seiner Jahresprognose: «Goldene Zwanziger: Die nächste Etappe». Kalt stützt sich dabei auf die Tatsache, dass die globalen Aktienmärkte in diesem Jahrzehnt, trotz Coronakrise, rund 70 Prozent zugelegt haben. Der Titel deute auch an, dass man derzeit ähnlich grosse Umwälzungen erlebe, wie in den 20er-Jahren des letzten ­Jahrhunderts.

Die globalen Aktienmärkte, so Kalt, reagierten letztlich nicht so sehr auf geopolitische Ereignisse, sondern – wie man seit 1990 mehrmals habe sehen können – vor allem auf die US-Wirtschaft. Spürbare Einbrüche am Aktienmarkt habe es nur gegeben, wenn die US-Wirtschaft in eine Rezession fiel. Das drücke auch der bekannte Satz aus: «It’s the economy, stupid», auf die Wirtschaft kommts an, Dummkopf.

Trump, nicht nur schlecht für Wirtschaft

Und was ändert sich mit dem Amtsantritt von Donald Trump als US-Präsident? «Trump sagt viel, wenn der Tag lang ist, es wird nicht so schlimm kommen, wie viele befürchten», so Kalt. Letztlich werde Trump «viel selektiver» vorgehen, als er bisher ankündigte. «Hart anfassen» werde er aber auf jeden Fall China. Und Europa werde er unter anderem mit seiner Forderung nach massiv höheren Militärausgaben weiter vor sich hertreiben. «Es wird viel Getöse geben und es wird scheppern.» Aber Trumps Präsidentschaft werde nicht nur schlecht sein für die Wirtschaft und die Finanzmärkte.

Auch Chinas Wirtschaft werde weiter wachsen, auch wenn nicht mehr so rasant wie bisher. «Das schwächste Glied in der Weltwirtschaft bleibt Europa, Europa hinkt bei etlichen Entwicklungen nach.» Wie Europa ticke, zeige der Merksatz: «Die USA erfinden, China ­kopiert, Europa reguliert.» Die hohe ­Regulationsdichte würge die Innovationsfähigkeit ab, wobei die Schweiz im Vergleich zu Europa diesbezüglich immer noch gut dastehe.

Sofern geopolitisch nichts zu stark aus dem Ruder laufe, sei er insgesamt für 2025 verhalten optimistisch. Die ­Aktienmärkte dürften angesichts der Firmengewinne (Schätzung 2025: +8 Prozent global) weiter zulegen – auch weil man mittlerweile die Inflation in den wichtigen Ländern unter Kontrolle habe. Eine andere Frage sei, was mit dem starken Schweizer Franken passiere. Es bestehe die Möglichkeit, dass die Schweizerische Nationalbank (SNB) sich notfalls gezwungen sehen könnte, wieder Negativzinsen einzuführen. Das sei allerdings «nicht das Hauptszenario der UBS».

Fragen rund um KI, Kryptowährungen und Franken

Die von den regionalen Firmenvertretern gestellten Fragen an Kalt drehten sich um die Themen künstliche ­Intelligenz (siehe Kästchen), Kryptowährungen und Schweizer Franken. So erklärte die Managerin einer stark exportorientierten Firma, dass angesichts des teuren Frankens «langsam die Ideen ausgehen», wie man noch konkurrenzfähig bleiben könne.

Auffallend zurückhaltend äusserte sich Kalt zum «Krypto-Zeugs». Derzeit existierten über 20000 verschiedene Kryptowährungen auf der Welt: «Das ist eine Blase, nur ein paar wenige machen damit das grosse Geld.» Irgendwann werde zudem der «Regulierungshammer» kommen. «Investieren? Versuchen Sie es, good luck!»