«Jugendliche sollten sich gut informieren»

Infoabend zum dualen Bildungssystem will das Interesse an der Berufslehre steigern

Fritz Rohner und Cheyenne Kölliker vom Lehrstellenforum in Affoltern sind von den Vorteilen der Berufslehre im Rahmen des dualen Bildungssystems überzeugt. (Bild Florian Hofer)

Im Kanton Zürich sind über 13000 Lehrstellen besetzt, im Bezirk Affoltern arbeiten aktuell 322 junge Frauen und Männer als Lehrlinge. Die Zahl der offenen Stellen ist unbekannt. Dennoch ist klar: Immer mehr Lehrbetriebe haben Probleme, freie Lehrstellen zu besetzen. Einerseits gibt es dafür demografische Gründe, zum anderen stellen die Verantwortlichen des Vereins Lehrstellenforum in Affoltern fest, dass viele Jugendliche das duale Bildungssystem der Schweiz wenig oder zu wenig kennen. Mit einem Infoabend zur Berufslehre soll dieses Defizit nun zum Teil abgearbeitet werden. Im Interview erklären Fritz Rohner, Präsident, und Cheyenne Kölliker, Aktuarin, was die Herausforderungen für junge Berufsleute, aber auch für die Firmen sind.

Was ist Ihrer Meinung nach wichtig für einen Lehrbetrieb bei der Suche nach geeigneten Auszubildenden?

Cheyenne Kölliker: Grundsätzlich sollte man als Betrieb versuchen, so attraktiv wie möglich zu sein. Die Lehrstelle alleine reicht kaum mehr aus. Natürlich ist der Lohn eine Komponente. Aber wir hören immer wieder, dass Benefits wie Sprachaufenthalte, ÖV-Abos oder auch ein Fitnessabo als attraktiv wahrgenommen werden.

Fritz Rohner: Viele junge Leute informieren sich über die Website des Unternehmens. Diese Website muss unbedingt sehr attraktiv sein. Wichtig ist auch, dass die Firma aufzeigt, welche Karrierechancen es gibt, wie die Entwicklung gefördert wird und was für Weiterbildungen möglich sind. Man muss klarmachen, dass man die Lehrlinge fördern und auch fordern wird, Feedback geben und seine Aufgabe als Lehrmeister ernst nehmen wird. In unserer Firma sind wir im ersten Jahr vor allem daran, die jungen Leute zu formen. Dazu muss man systematisch und logisch vorgehen.

Cheyenne Kölliker: Wir erleben auch, dass Social-Media-Accounts eine gute Wirkung erzielen.

Das muss dann aber sehr ehrlich rüberkommen und darf nicht von der firmeneigenen PR-Abteilung gesteuert werden.

Cheyenne Kölliker: Unbedingt. Aktive Lehrende erzählen dann zum Beispiel, was sie im Berufsalltag lernen, welche Erfahrungen sie machen.

Was sollten Jugendliche beachten, wenn sie vor der Berufswahl stehen?

Fritz Rohner: Sie sollten sich ausführlich informieren. Zum Beispiel am Infoabend am kommenden Dienstag in Affoltern oder auch an der Berufsmesse – die nächste findet im Herbst 2025 statt. Firmen, die da einen interessanten Stand haben, können dort sehr erfolgreich für sich werben. Schnuppertage sind eine weitere sehr gute Gelegenheit.

Warum sollte man sich überhaupt für eine Lehre statt fürs Gymnasium entscheiden?

Fritz Rohner: Wir wollen das nicht gewichten. Aber wir beobachten, dass viele, die auf das Gymnasium gehen, den Entscheid für eine Berufswahl nur hinausschieben. Vor allem Ausländer, die in den Kanton Zürich gezogen sind, wissen oft gar nicht, was es für Möglichkeiten gibt.

Cheyenne Kölliker: Das, was man im Alter zwischen 15 und 18 Jahren nicht lernt, das holt man später nicht mehr ein. Das duale Bildungssystem bietet ja gerade eine hohe Durchlässigkeit, sodass man später noch Matura machen und auch studieren kann. Wer früh gelernt hat zu arbeiten, wird im späteren Leben auch sehr erfolgreich sein.

Welche Rolle spielen die Schulen beim Berufswahlprozess?

Fritz Rohner: Das erleben wir sehr unterschiedlich. An der Berufsmesse gibt es Lehrer und Lehrerinnen, die ihre Klasse tipptopp vorbereitet haben. Und es gibt auch solche, die das nicht machen. Aber nicht nur die Lehrpersonen, sondern auch die Eltern können mit aktiver Teilnahme am Findungsprozess viel tun.

Infoabend zur Berufslehre

Der Infoabend steht unter dem Motto «Berufslehre = Talentschmiede der Zukunft». An diesem Abend erhalten die Besucherinnen und Besucher umfassende Informationen über das duale Bildungssystem der Schweiz und des Kantons Zürich. Ausserdem gibt es Vorträge von Yannick Blättler (CEO von neoviso.ch) und Silvia Jäggi (CEO von eifach-mache.ch). Danach folgt eine Podiumsdiskussion. Im Foyer stellt sich zudem eine Handvoll Unternehmen aus dem Knonauer Amt vor. (red)

Dienstag, 26. November, 18.30 Uhr, Kasinosaal Affoltern. Vorträge, Podiumsdiskussion, Apéro. Eintritt frei; lehrstellenforum.ch