Mit klarem Kopf zum Punktgewinn

Das Armbrustschiessen hat im Bezirk Affoltern eine langjährige Tradition – und findet auch bei Jungen Anklang

Hier ist Treffsicherheit gefragt: die Kursteilnehmenden während des 
Schiessmanövers.

Hier ist Treffsicherheit gefragt: die Kursteilnehmenden während des Schiessmanövers.

Im vergangenen Jahr konnte Lea Genkinger das Endschiessen für sich 
entscheiden. Gelingt ihr erneut der Triumph? (Bilder Selina Brodmann)

Im vergangenen Jahr konnte Lea Genkinger das Endschiessen für sich entscheiden. Gelingt ihr erneut der Triumph? (Bilder Selina Brodmann)

Jeden Sonntag zwischen Ostern und Pfingsten üben die Kinder und Jugendlichen – im Alter zwischen 10 und 16 Jahren – der «Armbrustschützen Zwillikon» das Schiessen. Insgesamt sind das sechs Kursschiessen, welche am Ende eine Rangliste ergeben und somit eine Gewinnerin oder einen Gewinner küren. Die Trainings sowie die Wettkämpfe finden bei Familie Frutiger auf dem Bauernhof in Zwillikon statt. Geschossen wird in der Stellung «kniend» auf eine Distanz von 13 Metern. «Wir als Verein legen viel Wert auf sauberes und sicheres Arbeiten. Die Kinder lernen das von klein auf, für die eigene Sicherheit und die der anderen», sagt Patrick Genkinger, Hilfsleiter des Vereins und Vater einer Armbrustschützin. Im Kurs selbst wird der Umgang mit der Armbrust und die Konzentrationsfähigkeit geschult. «Das Schiessen war lange Zeit negativ konnotiert, dabei ist es totale Kopfsache. Wenn mental etwas nicht stimmt, dann funktioniert das Schiessen auch nicht», erklärt Patrick Genkinger. Es sei hartes Training mit viel Konzentration und trotzdem habe der Verein ein sportliches und gesellschaftliches Klima. «Im Moment haben wir viele Mädchen im Verein», erzählt der Hilfsleiter, «sie sind vielfach ruhiger und disziplinierter.»

Die Pfeile werden selber gebaut

Das Armbrustschiessen hat eine lange Tradition im Säuliamt. In Zwillikon wird nach Aussage von Werner Steiner seit den 30er-Jahren geschossen. In Obfelden schossen die Schulkinder auch schon in den 40ern- und bis in die 80er-Jahre hin­ein auf dem Schulhausplatz. In Uerzlikon wurde in der Kiesgrube geschossen. Heute ist es deutlich seltener. Der Verein in Zwillikon kann dank grosszügiger finanzieller Unterstützung verschiedener Unternehmen und der Bevölkerung den Brauch aufrechterhalten. Zurzeit besitzt der Verein 32 eigene Armbrüste. Die restlichen sind Leihgaben. Alle sind auf eine einzigartige Art und Weise für den Verein angefertigt. Jedes Mitglied besitzt für das Training im Moment eine eigene Waffe. Dies vereinfacht das Trainieren massiv, denn beim Armbrustschiessen bleibt die Schiessposition immer gleich. Man stellt, um zu zielen, einfach die Waffe ein. Deswegen ist der Verein um jede Armbrust froh, die sonst auf dem Dachboden verstaubt. Marcel Schneebeli, Hilfsleiter des Vereins und Waffen Mech, baut die Pfeile für den Verein selbst. Ebenfalls ist er freiwillig dazu bereit, die Armbrüste zu reparieren, wenn etwas nicht mehr stimmt. «Dieses Jahr habe ich ungefähr 50 Stunden investiert, um Pfeile zu machen», sagt er. Klar sei es dieses Jahr speziell viel, da er einige Pfeile produzierte, aber auch sonst arbeite er mindestens 30 Stunden für den Verein.

Einen Franken für jede Zehn

Der Verein organisiert jede Saison drei Wettkämpfe, bei denen sich die Kinder und Jugendlichen beweisen können. Zum Saisonstart findet am Ostersamstag das Osterschiessen statt, das eine separate Wertung erhält. An den folgenden Sonntagen wird dann hart trainiert. Die zehnjährige Lia Sofia Lentini ist das erste Jahr im Verein. «Ich konzentriere mich gerne und mein grosser Bruder hat mir gesagt, dass man sich beim Armbrustschiessen konzentrieren muss», sagt sie begeistert. «Seit ich acht Jahre alt bin, will ich in den Verein», fügt sie hinzu. Für jede getroffene Zehn, die Mitte der Scheibe, erhalten die jungen Armbrustschützen und Armbrustschützinnen einen Franken. «Mein Ziel ist es, ganz viele Zehnen zu treffen. Das Geld, das ich gewinnen würde, will ich dem Verein spenden», erzählt die Zehnjährige.

Letzte Woche fand auf dem Hof bei Familie Frutiger das Feldschiessen statt. Auch hier zählen jeweils nur die Schüsse des Wettkampfes selbst. Nächste Woche findet, ebenfalls auf dem Bauernhof in Zwillikon, das Endschiessen statt. Es ist der letzte Event der Saison und wird mit Essen und Trinken für jede und jeden Interessierten, besuchenswert. Das Endschiessen beginnt um 12 Uhr. Beim Endschiessen darf die Gewinnerin oder der Gewinner ein Goldvreneli mit nach Hause nehmen. Vergangenes Jahr hat Lea Genkinger gewonnen. Für die 16-Jährige wird es dieses Jahr das letzte Mal sein. Seit sechs Jahren ist sie im Verein. Sie erinnert sich zurück: «Früher standen wir vor dem Gabentisch und haben uns die Preise ausgesucht, die wir gewinnen wollen.» Heute ist ihr der Preis nicht mehr so wichtig und trotzdem freut sie sich fest über ihr Goldvreneli vom letzten Jahr.

Lea Genkinger hat schon mehrere Erfolge gefeiert. Mit dem Sturmgewehr durfte sie sich in einer Gruppenmeisterschaft an der Spitze des Kantons platzieren. «Es war ein schönes Gefühl, mit der Goldmedaille unter Fanfare und Vereinsfahnen auf dem Podest zu stehen», schwärmt sie. «Beim Schiessen darf man sich nicht zu viel Druck aufbauen. Ich muss üben, mich zu konzentrieren und zu schauen, dass der Kopf nicht die Oberhand gewinnt», erklärt Lea Genkinger und freut sich auf das Endschiessen kommenden Samstag.