Muntere Debatten in der Polit-Arena
SVP Bonstetten hatte zu einer Podiumsdiskussion über zwei Abstimmungsvorlagen geladen

Wie viel Tempo 30 vertragen die Städte Winterthur, Zürich und auch die Gemeinden im Bezirk Affoltern? Und sollen die 2500 superreichen Personen in der Schweiz nach ihrem Ableben die Hälfte ihres Vermögens von über 50 Millionen Franken an den Staat vererben müssen? Mit Fragen wie diesen beschäftigte sich ein sorgfältig ausgewähltes Podium auf Einladung der SVP Bonstetten am Dienstagabend im Gemeindesaal. Dort hatten sich etwa 30 Personen zusammengefunden, um sich bei Wasser, Wein und Chips aus erster Hand über die eidgenössische Erbschaftsinitiative der Juso und die bürgerliche, kantonale Mobilitätsinitiative zu informieren.
Als Erstes kreuzten die Kantonsräte Thomas Schweizer (Grüne) und Ueli Pfister (SVP) die Klingen. Der SVP-Kantonsrat setzte dabei stark auf das Argument, flächendeckende Tempo-30-Strecken machten den Blaulichtorganisationen und denen, denen sie helfen sollten, das Leben unnötig schwer. Doch nicht nur Polizei, Feuerwehr oder Krankenwagen kämen dann später an ihren Zielen an, auch Lieferanten bräuchten länger: «Überhaupt, alles wird langsamer.» Fazit: «Tempo 30 auf Hauptachsen geht gar nicht», so Pfister. Gegen einen langsameren Verkehr hätte Kantonsrat Schweizer gar nichts: «Bei Tempo 30 würden viele Leute wesentlich weniger Lärm ertragen müssen.» Grundsätzlich würde die Gesundheit aller Verkehrsteilnehmerinnen und -teilnehmer verbessert: «Die Leute fühlen sich wohler, je langsamer der Verkehr ist, der an ihnen vorbeifährt.» Überhaupt: Tempo 30 sei die Zukunft in Europa, Helsinki in Finnland habe das bereits eingeführt und seitdem keine Verkehrstoten mehr zu beklagen gehabt.» «Für uns ist das linke Ideologie», hielt Pfister dagegen. Zürich wolle bald gar keinen Verkehr mehr in der Stadt dulden. Die Meinung im Publikum schien schon gemacht. Man solle den Autofahrern mehr trauen, sagte ein Teilnehmer: «Ich höre hier immer wieder so etwas wie Autohass.»
Kämpferische zweite Halbzeit
Weil sich nach der Pause die Nationalrätin Katharina Prelicz-Huber (Grüne) und Nationalrat Mauro Tuena (SVP) beim verbalen Schlagabtausch rein gar nichts schenkten, geriet die zweite Diskussionsrunde zur äusserst unterhaltsamen Polit-Arena. Würde man das Vermögen der 2500 Menschen in der Schweiz, die man als superreich bezeichnet (mehr als 50 Millionen Franken Vermögen), bei ihrem Ableben zur Hälfte das Vermögen über 50 Millionen Franken besteuern, käme man auf vier bis sechs Milliarden Franken, «die wir dringend brauchen». Zum Beispiel für Massnahmen im Umweltschutz. Prelicz-Huber rechnete vor: «Die ganz reichen Menschen in der Schweiz verbrauchen in nur 90 Minuten so viel CO2 wie ein Durchschnittsschweizer in seinem ganzen Leben.» Da sei es nur gerecht, wenn diese Personen auch mehr zur Kasse gebeten würden. «Klassenkampf!» konterte SVP-Politiker Tuena: «Das ist wieder einmal so eine Initiative von Leuten, die das Arbeiten nicht erfunden haben.» Er fürchte, dass viele KMU beim Ableben des Patrons mit dieser Erbschaftssteuer derartig zur Kasse gebeten würden, dass sie daran zugrunde gehen könnten. Zudem würden viele Rentner ins Ausland abwandern, Steuererhöhungen für die Daheimgebliebenen seien die Folge. Er hatte auch eine Zahl parat: 1265 Franken pro Jahr koste die Annahme der Erbschaftsinitiative jährlich jeden Steuerzahler in der Schweiz.
Die Grünen-Politikerin zeigte sich in der SVP-dominierten Veranstaltung äusserst kämpferisch und unbeeindruckt von diesen Argumenten: «Es geht doch gar nicht um die KMU, es geht um diese 2500 Personen.» Problematische Konstellationen könne man dann gut im Gesetz regeln. Im Übrigen hätten die Bürgerlichen, die die Juso-Initiative jetzt so vehement bekämpfen würden, die Möglichkeit verpasst, einen Gegenvorschlag zu lancieren. Auch bei diesem Thema diskutierte das Publikum, verstärkt von einer Delegation der Jungen SVP, eifrig mit: «Fehlkonstruktion», «da gehen die KMU kaputt», «das ist doch kill the rich» waren einige der Schlagworte.
Junge Gastreferentin aus Syrien
Als «Special Guest» hatte der Organisator Wuillemin die aus Syrien stammenden 20-jährige Roshina Watti eingeladen, die ein flammendes Plädoyer für das Leben in der Schweiz hielt. «Zum ersten Mal darf ich abstimmen, mitreden, mitgestalten.» Und weiter sagte sie unter grossem Beifall: «Wer hier leben darf, soll auch mitwirken – mit Herz, Haltung und Respekt.» Denn wahre Integration heisst nicht, einfach da zu sein – sondern aus Überzeugung Teil dieser Gesellschaft zu werden.»