«Schokolade ist ein Luxusprodukt»

Verbindung von Genuss, Qualität und Handwerkskunst mit Nachhaltigkeit und Verantwortung

Schokolade ist für die meisten ein Genussmittel. (Bild Angela Bernetta)

Schokolade ist für die meisten ein Genussmittel. (Bild Angela Bernetta)

Ob als süsses Geschenk, Zutat in festlichen Rezepten oder einfach zum Geniessen – Schokolade spielt in der Weihnachtszeit eine besondere Rolle. Doch was steckt hinter der beliebten Süssigkeit, und worauf sollten Geniesserinnen und Geniesser achten?

Die richtige Kakaobohne

Wie beim Wein wird auch der Geschmack von Schokolade massgeblich von der Herkunft und der Verarbeitung der Rohstoffe geprägt. «Kakaobohnen aus unterschiedlichen Anbaugebieten verleihen dem Endprodukt charakteristische Aromen», erklärt Shireen C. von Schulthess, Gründerin und Geschäftsführerin der Nala Chocolate GmbH. Ihre Manufaktur in Rifferswil hat sich auf handgefertigte Schokoladenprodukte spezialisiert, die aus zugekaufter Schokolade hergestellt werden.

Kleine Unternehmen setzen häufig auf sortenreine Bohnen, um die besonderen Nuancen der jeweiligen Anbauregion hervorzuheben. «90 Prozent unseres Kakaos stammen aus Bolivien und wachsen wild im Amazonas-Regenwald», ergänzt von Schulthess. Während grosse Schokoladenproduzenten Kakaobohnen aus verschiedenen Ländern mischen, um ein charakteristisches Aromaprofil zu kreieren, arbeiten kleinere Hersteller wie die Schokoladenmanufaktur in Rifferswil meist eng mit einem oder wenigen Produzenten zusammen. Sie kennen die Anbaubedingungen, das Herkunftsgebiet, die Ernte und die Verarbeitung ihrer Bohnen genau. «Wir setzen vor allem auf Grand-Cru-Schokolade», ergänzt die Chocolatière. «Die Kakaobohnen dafür stammen ausschliesslich von einem einzigen Hersteller oder Bauern.»

Wer vom Schokoladenpreis profitiert

Weltweit gibt es schätzungsweise fünf bis sechs Millionen Kakaobauern. Die meisten bewirtschaften lediglich kleine Anbauflächen von durchschnittlich fünf Hektaren und sind auf den Kakaoanbau spezialisiert. Ihre Ernte bildet die Lebensgrundlage für etwa 50 Millionen Menschen, von denen ein grosser Teil in Armut lebt.

Die genossenschaftliche Finanzinstitution Oikocredit macht auf die schwierigen wirtschaftlichen Bedingungen der Kakaobauern aufmerksam. Sie vergibt Darlehen an Mikrofinanzinstitute, Produktionsgenossenschaften sowie soziale kleine und mittlere Unternehmen in über 40 Ländern und trägt so zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen vieler Kakaobauern bei. Gemäss Oikocredit zeigt die Verteilung des Schokoladenpreises ­massive Ungleichheit entlang der Wertschöpfungskette. Der Kakaobauer erhält lediglich 6,6 Prozent des Endpreises. Weitere Anteile entfallen auf den Inlandtransport (0,5 Prozent), Steuern und Vermarktungsbehörden (4,2 Prozent), den internationalen Transport (0,3 Prozent) sowie die Kosten am Ankunftsflughafen (1,1 Prozent). Internationale Händler verdienen 0,2 Prozent, während Verarbeiter und Vermahler 7,6 Prozent erhalten. Den grössten Anteil am Schokoladenpreis sichern sich jedoch die Hersteller mit 35,2 Prozent und der Einzelhandel inklusive Steuern mit 44,2 Prozent.

Nachhaltige Qualität

Angesichts der wirtschaftlichen Ungleichheit entlang der Wertschöpfungskette gewinnen Ansätze wie direkter Handel zunehmend an Bedeutung. «Qualität hat ihren Preis. Schokolade ist ein Luxusprodukt – nicht nur wegen ihres Preises, sondern weil sie Nachhaltigkeit und handwerkliche Qualität vereint», betont von Schulthess. Mit dem wachsenden Bewusstsein für Umwelt- und Sozialfragen kann Nachhaltigkeit zu einem entscheidenden Faktor für die Zukunft der Schokoladenindustrie ­werden. «Verbraucherinnen und Verbraucher erwarten transparente Lieferketten, faire Arbeitsbedingungen und umweltfreundliche Verpackungen», fügt sie hinzu. «Unternehmen, die diese Erwartungen erfüllen, dürften langfristig das Vertrauen der Kundinnen und Kunden gewinnen und sich entscheidende Wettbewerbsvorteile sichern.» Nachhaltig angebaute Kakaobohnen sorgen nicht nur für bessere Lebensbedingungen der Bauern, sondern häufig auch für gute Produkte mit intensiveren Aromen. «Hochwertige Schokolade erkennt man an wenigen Zutaten, einem hohen Kakaoanteil und einer Reihenfolge, bei der die besten Ingredienzien an erster Stelle stehen», erklärt die Unternehmerin.

Schokolade macht glücklich

Schokolade ist für die meisten von uns weit mehr als nur ein Lebensmittel. Der Genuss, der sie so besonders macht, hat eine wissenschaftliche Grundlage: Kakao enthält Substanzen wie Tryptophan, eine Aminosäure, die im Gehirn zur Produktion von Serotonin beiträgt, dem sogenannten «Glückshormon». Zudem wirken Theobromin und geringe Mengen Koffein anregend, während der Zucker in der Schokolade einen schnellen Energieschub liefert, der vorübergehend die Stimmung heben kann. Vor allem in den Wintermonaten, wenn mangelndes Tageslicht den Serotoninspiegel im Gehirn senkt, steigt der Schokoladenkonsum in unseren Breitengraden spürbar an.

Laut Shireen C. von Schulthess ist es nicht allein die chemische Zusammensetzung, die Schokolade so beliebt macht. «Schokoladengenuss ist oft mit angenehmen Erinnerungen verknüpft – etwa an das schokoladige Weihnachtsgebäck der Grossmutter», erklärt sie. Das Gehirn hat gelernt, Schokolade mit Wohlbefinden zu assoziieren, und reagiert auf diese Verknüpfung mit der Ausschüttung von Glückshormonen. «Oft verschenken wir Schokolade liebevoll verpackt», fügt die Chocolatière hinzu. «Die Symbolik hinter diesem Geschenk bereitet mindestens genauso viel Freude wie der Genuss selbst.»