Rohstoffhandel beschäftigt Säuliamt weiter

Die «Glencore-Initiativen» in sechs Gemeinden haben das Säuliamt vor einem Jahr in den Fokus der nationalen und internationalen Presse gerückt. Vergangenen Mittwoch fand die Diskussion eine Fortsetzung – allerdings etwas einseitig.

Die Podiumsteilnehmer von links: Andreas Missbach (Erklärung von Bern), Strafrechtsprofessor Mark Pieth, Moderatorin Helene Arnet, alt Regierungsrat Hanspeter Uster und Nationalrat Cédric Wermuth. (Bild Thomas Stöckli)
Die Podiumsteilnehmer von links: Andreas Missbach (Erklärung von Bern), Strafrechtsprofessor Mark Pieth, Moderatorin Helene Arnet, alt Regierungsrat Hanspeter Uster und Nationalrat Cédric Wermuth. (Bild Thomas Stöckli)

Drei von vier Podiumsteilnehmern sind in der Führung der selbst ernannten Rohstoffmarktaufsicht Schweiz – eine fiktive Behörde mit dem Ziel, die Rohstoffförder- und Handelsfirmen zu beaufsichtigen. Der Vierte im Bunde, SP-Nationalrat Cédric Wermuth, hatte jüngst vom Bundesrat eine umfassende Regulierung der Rohstoffhändler gefordert. Eine kontradiktorische Diskussion war unter dieser Prämisse natürlich nicht zu erwarten. Weshalb wurden die Rohstoffhändler – im Gegensatz zur Veranstaltung von vor fast genau einem Jahr – nicht eingeschlossen? «Wir reden nicht dieselbe Sprache», begründete Co-Veranstalterin Helena Heuberger, «ein Dialog wäre deshalb schwierig geworden.»

Aufsehen über die Bezirks-, Kantons- und Landesgrenzen hinaus

«Dass das Thema so viele Leute mobilisiert, das ist nur im Säuliamt möglich», sagte Moderatorin Helene Arnet angesichts der rund 120 Interessierten, die in den Singsaal Chilefeld gefunden hatten. Die «Glencore-Initiativen» in sechs Ämtler Gemeinden hatten offensichtlich zum Nachdenken animiert. «Was Sie getan haben», wandte sich Cédric Wermuth direkt an die Initianten, «hat für Aufsehen gesorgt.» Und das über die Bezirks-, Kantons- und Landesgrenzen hinaus.

Rohstoffreiche Länder, in denen ein Grossteil der Bevölkerung in Armut lebt, das sei ein Paradoxon, so Wermuth zum Phänomen des «Rohstoff-Fluchs»: Der Reichtum wäre da, aber er kommt nicht an. «Unser Wohlstand beruht darauf», so der SP-Nationalrat.

Als «globales Problem» bezeichnet Strafrechtsprofessor Mark Pieth die Situation im Rohstoffhandel. Die Händler seien nicht individuell gefährlich, sondern im Gegenteil oft ganz umgängliche Leute. Deshalb sprach er sich für internationale Zusammenarbeit aus und dafür, die Firmen in den Regulationsprozess einzubeziehen. Was Raubgold, Geldwäscherei und Sportverbände anbelangt, habe die Schweiz zu lange Graubereiche akzeptiert, «warum sollen wir nicht mal vorausgehen?», fragt er deshalb.

Nun zu Kohleminen in Kolumbien

In der Steueroptimierung sieht der Zuger alt Regierungsrat Martin Uster ein grosses Problem in der Schweiz: «Ich bin überzeugt, dass das Steuer-Dumping dem ganzen Land schadet.» An die Wegzug-Drohungen der Rohstoff-Firmen bei strengeren Regulierungen will er nur bedingt glauben: «Das ist ein komplexes System.»

«Ich glaube nimmer, dass die Firmen wegziehen», so Andreas Missbach von der «Erklärung von Bern». Ursprünglich sei die Schweiz für den Rohstoffhandel als «Regulierungs-Oase» attraktiv gewesen, blickt er zurück. Vor der UNO-Mitgliedschaft habe sich das Land nicht an internationale Embargos halten müssen. Weitere Standortvorteile seien das verfügbare Kapital, der Lebensstandard und die tiefen Steuern. So sei mit der Zeit ein Knäuel entstanden.

Wie der Finanzmarkt, der durch die Finma reguliert wird, habe auch der Rohstoffhandel seine eigenen spezifischen Risiken, so Missbach weiter. Die entsprechende Rohstoffmarktaufsicht Schweiz – kurz: Rohma – gibt es allerdings nur im Internet.

Die vom Rohstoffabbau betroffenen Länder sollen an ihrem eigenen Reichtum grossen Anteil haben, im Vordergrund sollen die Rechte der Bevölkerung sowie die Ökologie stehen – so weit waren sich die Podiumsteilnehmer einig. Ob es dazu primär Gesetze oder Selbstregulierung, Transparenz oder Vorbilder braucht, dazu gingen die Meinungen auseinander.

Die Diskussion geht auf jeden Fall weiter: So will eine «Gruppe von engagierten Säuliämtlern» die gigantischen Kohleminen in Kolumbien besichtigen und Anfang nächsten Jahres darüber berichten.

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