Expo Mailand und Monza als Höhepunkte

Die diesjährige Reise in die Lombardei hat gezeigt, dass auch Italien über ein gut funktionierendes System an öffentlichen Verkehrsmitteln verfügt – vorausgesetzt, es ist nicht Nacht und es wird nicht gestreikt.

Die Jungunternehmer Säuliamt zu Besuch bei ihrem Mitglied Toni Seiler (hinten rechts), der mit dem Lola aus dem Jahre 1968 das Classic-Race auf dem Autodrom in Monza bestritt. (Bild zvg.)
Die Jungunternehmer Säuliamt zu Besuch bei ihrem Mitglied Toni Seiler (hinten rechts), der mit dem Lola aus dem Jahre 1968 das Classic-Race auf dem Autodrom in Monza bestritt. (Bild zvg.)

Irgendwann kommt bei jedem Reisenden der Moment, wo er die Zustände der Destination mit denen im Heimatland vergleicht. Beim Schreibenden kam dieser Zeitpunkt am vorletzten Abend der viertägigen Italien-Reise mit den Jungunternehmern Säuliamt (Jusa). Kurz nach Mitternacht galt es von Monza zurück ins Hotel zu gelangen, das etwas ausserhalb in Concorrezo lag. Monza ist nicht irgendein Provinznest, sondern eine Stadt bei Mailand mit 125'000 Einwohnern und der weltberühmten Autorennbahn, auf der am 6. September wieder ein Formel-1-Rennen stattfindet; mit einer wunderbaren Altstadt und hervorragenden Restaurants wie das besuchte La.it, die an lauen Samstagabenden rege frequentiert werden.

Doch wehe, wer sich nach Mitternacht kein Taxi vorbestellt hat. Da fährt kein Nachtzug und auch kein Nachtbus. Und Taxis schon gar nicht! Wer sein Glück dennoch versucht, auf eine der Nummern der drei wichtigen Taxiunternehmen anzurufen, bekommt eine automatische Ansage zu hören, mehr nicht. Und erhält drei Tage später, inzwischen längst wieder zu Hause, eine SMS von Taxi Oscar mit der Entschuldigung, er habe den Anruf nicht gesehen, weil die Nummer aus dem Ausland gekommen sei.

Kreativität und Überredungskunst

Eine grössere Gruppe zog es dennoch in eine der lauschigen Bars in der Altstadt – um sich dann zu fortgeschrittener Stunde des Ernstes der Situation bewusst zu werden. Nun war Kreativität gefragt. Während die einen ein paar jungen Bar-Besuchern eine Runde spendierten, um sich als Gegenleistung ins Hotel fahren zu lassen, nahmen drei Unentwegte den sechs Kilometer langen Fussmarsch in Kauf. Wer würde schon morgens um halb drei anhalten, um drei Männer nach Hause zu fahren? Eben.

Unterwegs entlang der Einfallstrassen erlebte das Trio dann so einiges. Nachtaktives Gewerbe und tatsächlich ein Unachtsamer, der beim Wegfahren von einem Platz den Weg über den Grünstreifen gewählt hatte. Was er offenbar nicht sah: Der Streifen hatte eine ziemlich tiefe Wasserrinne, in der das Auto mit den Vorderrädern bis zum Chassis versank. Keine Chance, ohne fremde Hilfe da jemals wieder rauszukommen. Auch die drei Herren schafften es nicht, den jungen Automobilisten aus seiner misslichen Situation zu befreien. Somit wurde nichts aus der Idee, als Gegenleistung ins Hotel gebracht zu werden. Also weiterlaufen. Bei 25 Grad und aufgehendem Mond nicht ganz so strapaziös, wie es sich vielleicht liest.

Sonst verlief die Italienreise mit Besuchen der beeindruckenden Weltausstellung und des Lola-Rennteams von Toni Seiler, nicht zuletzt dank der perfekten Planung von Ursula von Allmen von der Reisebar in Bonstetten, reibungslos. Die Fahrt mit dem Zug nach Mailand war reine Entspannung. In dreieinhalb Stunden ist man mitten in der lombardischen Kapitale. Die Weltausstellung erreicht man im Minutentakt per U-, S- oder der normalen Eisenbahn. Zudem fahren auch Busse und Taxis. Die Jusa wählten die U-Bahn. Die ist günstig und schnell und im Idealfall auch kühl.

Schaulaufen der Nationen

Spannend, wie sich die verschiedenen Nationen an der Weltausstellung präsentieren. Hauptthemen der noch bis Ende Oktober laufenden Expo sind die Welternährung und nachhaltige Energie. Die meisten Nationen präsentieren aber auch – oder nur – ihr touristisches Angebot. Oder versuchen eine Imagekorrektur ihres Landes. Kasach-stan beispielsweise, das sich sehr weltoffen präsentiert. Auffällig ist, wie sich die asiatischen Länder mit viel Fantasie als Technologieträger positionieren; Erdöl exportierende Staaten ihre grossen Anstrengungen im Bereich alternative Energiegewinnung betonen. Nur noch wenige Nationen legen ihr Hauptaugenmerk auf traditionelles Handwerk. Ungarn beispielsweise. Der Pavillon der USA war der einzige, auf dem der amtierende Präsident mit einer Videobotschaft direkt zu den Expo-Besuchern sprach. Die Schweiz präsentiert sich als Wasserschloss und Tinguely-Land mit Schokolade-Tradition. Sehr zu empfehlen ist der Besuch des Cirque du Soleil als einstündige Freiluftvorstellung direkt auf dem Expo-Gelände. Die Fusion aus den klassischen Zirkus-Elementen Klamauk und Artistik mit rhythmischer Live-Musik und zum Schluss mit klassischer Oper von Giaccomo Puccini (Turandot) ist gelungen.

Gratis Busfahrten

Deutlich schlechter erschlossen wie die Expo ist das «Autodromo nazionale» in Monza, das in eine wunderbare Parkanlage mit Wald, Schwimmbad und Gehwegen eingebettet ist. Der Zug von Mailand verkehrt zwar im Viertelstundentakt Richtung Schweiz und hält in Monza. Doch eine Busverbindung, die direkt vor der Autorennbahn hält, gibt es nicht. Man muss schon ein paar hundert Meter laufen, um die Rennautos sehen zu können. Dafür durften wir gratis fahren, da der Bus nicht für den Ticketverkauf ausgerüstet war. Alleine die Willensbekundung beim Chauffeur, ein Billet zu lösen, genügte, und die freundliche Kontrolleurin drückte ein Auge zu. Bei der Rückfahrt hatte der Bus wohl die nötige Infrastruktur an Bord. Doch kein Papier mehr im Automaten. Wieder reisten wir gratis. Man fragt sich, wie die Italiener so ihre öffentlichen Verkehrsmittel refinanzieren.

Heisses Autorennen

Der Besuch beim Rennteam von Toni Seiler war beeindruckend. Auf einem Lola T70 Mk3 Coupé bestreitet der Bonstetter die Classic-Endurance-Rennserie und konnte heuer in Spa-Francorchamps, Belgien, bereits einen Sieg einfahren. Im Monza hatte sein Rennauto von 1968 jedoch Probleme mit dem Öldruck, was vermutlich auch der grossen Hitze zuzuschreiben war. Fürs Rennen wurde ein weiterer Ölkühler eingebaut, der seine Wirkung nicht verfehlte. Seiler erreichte das Ziel im guten fünften Rang. Dabei trieb er den 900 Kilo schweren Lola, der von einem 5-Liter-Chevrolet-Motor und knapp 500 PS befeuert wird, mit knapp 300 Stundenkilometern über den Rundkurs.

Auf der Rückreise in die Schweiz wurde dann traditionsgemäss vom amtierenden Präsidenten Martin Platter der neue bestimmt: Andri Oertli. Man darf gespannt sein, wohin der Hedinger Bauunternehmer die Jungunternehmer führen wird.

Weitere Artikel zu «Bezirk Affoltern», die sie interessieren könnten

Bezirk Affoltern25.04.2024

Fusionspläne bei Landi-Genossenschaften

Landi Albis, Obfelden und Freiamt künftig gemeinsam?
Bezirk Affoltern25.04.2024

Schneedruck macht den Kulturen zu schaffen

Raps, Gerste und Obst leiden unter dem anhaltenden Wintereinbruch
Bezirk Affoltern25.04.2024

Veloweg wird nun doch gebaut

Zwischen Uerzlikon und Rossau: Einigung zwischen der Besitzerfamilie und dem Kanton