Wo Familien wirkungsvoll unterstützt und entlastet werden

Das Familienzentrum Bezirk Affoltern feiert am kommenden Samstag in Affoltern das 20-Jahre-Jubiläum

Im Dienst von Familien mit Kindern: Eliane Studer Kilchenmann, Präsidentin des Vereins Familienzentrum, (links) und Claudia Ledermann, Geschäftsführerin. (Bild Werner Schneiter)
Im Dienst von Familien mit Kindern: Eliane Studer Kilchenmann, Präsidentin des Vereins Familienzentrum, (links) und Claudia Ledermann, Geschäftsführerin. (Bild Werner Schneiter)

«Wir haben klein begonnen», sagen Eliane Studer Kilchenmann, Präsidentin, und Claudia Ledermann, Geschäftsführerin, im Gespräch mit dem «Anzeiger». Damals, vor 20 Jahren, formierte sich eine Interessengemeinschaft, die sich mit Kleinkindfragen auseinandersetzte und feststellte, dass ein Begegnungsort für Mütter mit Kindern fehlte. Am 3. Oktober folgte dann die Gründung des Vereins Mütterzentrum (MüZe), der auch dank Aufbauhilfe der Dachorganisation Schweizerischer Mütterzentren gedieh. Acht Vorstandsmitglieder haben zu dieser Zeit den «Laden geschmissen». Kafi, Kinderhüeti, Börse und das Kurswesen haben aus dieser Zeit überlebt und gehören heute sozusagen zum «Grundgerüst» des Angebots. Lediglich die Ludothek musste vor ein paar Jahren aus Platz- und Nachfragegründen geschlossen werden.

1999 folgte ein erster Professionalisierungsschritt: Der Vorstand wurde gesplittet und eine bezahlte Betriebsleitung installiert, gleichzeitig hat man sich an die Jugendkommission gewandt. 2004 erhielt das MüZe – inzwischen mit zwei Betriebsleiterinnen – einen Leistungsauftrag und wurde vom damaligen Jugendsekretariat aktiv unterstützt. «Mit dem jährlichen Beitrag von 65000 Franken konnte damals die Zukunft mittelfristig gesichert werden», fügt Claudia Ledermann bei.

Acht Ämtler Gemeinden leistenBeiträge

Seit 2003 kann das markante alte Gerichtsgebäude am Kronenplatz in Affoltern genutzt werden. 2012 wurde der Dachverband Schweizerischer Mütterzentren aufgelöst, und zwei Jahre später kam es zu einer weiteren Zäsur: Der Kanton zog sich aus der Finanzierung solcher Zentren zurück. «So begann die Suche nach neuen Sozialpartnern – kein einfaches Unterfangen», so Eliane Studer Kilchenmann und Claudia Ledermann, «immerhin ging es um einen Betrag von 200000 Franken.» Luft blieb in dieser unsicheren Phase, weil der Kanton eine dreijährige Übergangsfinanzierung garantierte. Zusätzlich sprangen aufgrund eines Antrags auf Defizitübernahme für die Jahre 2015 und 2016 acht Ämtler Gemeinden relativ kurzfristig für den errechneten Fehlbetrag ein: Die Behörden von Aeugst, Hausen, Mettmenstetten, Obfelden, Ottenbach, Stallikon und Wettswil zeigten sich für die Jahre 2015 und 2016 zu einem Beitrag in der Höhe von Fr. 1.25 pro Einwohnerin und Einwohner bereit. Die Standortgemeinde Affoltern verdoppelt den Gesamtbeitrag der sieben anderen Gemeinden. So kommen jährlich insgesamt rund 61000 Franken zusammen.

In die Zeit der Verhandlungen mit den Gemeinden fällt auch der Namenswechsel – vom Mütterzentrum zum Familienzentrum. «Es geht ja nicht nur um Mütter, in unserem Fokus steht die Familie», halten die beiden Verantwortlichen fest.

Langfristige Finanzsicherung steht strategisch im Vordergrund

Um den neuen Anforderungen gerecht werden zu können, hat sich der Vorstand im Juli 2015 dazu entschlossen, zusätzliche Personalressourcen zu schaffen und neben den beiden Betriebsleiterinnen eine Geschäftsführerin einzusetzen. Die Übergangsfinanzierung durch den Kanton endet im Jahr 2018. Die Verhandlungen mit den Bezirksgemeinden über eine weitere Unterstützung unserer Institution auch nach 2016 laufen. Aber allein mit Gemeindebeiträgen lässt sich die finanzielle Lücke natürlich nicht schliessen. Auf der Einnahmenseite stehen auch die Einnahmen aus den Angeboten und Kursen und die Beiträge der aktuell rund 200 Vereinsmitglieder. Laut Budget 2016 liegt die Eigenfinanzierung des Familienzentrums dank Ausbau einiger Angebote bei 48 Prozent. 2014 waren es noch 30 Prozent. Die Angebote sind sehr gefragt. Das nährt die Hoffnung, dass der Selbstfinanzierungsgrad weiter steigt. «Wir sind ein offenes Haus; man muss nicht Mitglied sein, um unsere Angebote nutzen zu können. Aber jeder kann mit einer Mitgliedschaft einen Sockelbeitrag fürs Weiterbestehen des Familienzentrums leisten», sagt Claudia Ledermann.

Leistungsvereinbarung mit der Fachstelle für Integrationsfragen

Zu den grossen Anliegen aller Bezirksgemeinden zählt die sprachliche Integration. Ein entsprechendes Angebot wird nun ausgebaut. Der Start erfolgte im Januar 2016 und umfasst jährlich aktuell zwölf Deutschkurse für Erwachsene mitsamt einer Frühsprachförderung für Kleinkinder und deren Betreuung. Dazu stehen vier Sozialintegrationskurse auf dem Programm. Diese Angebote werden vollumfänglich durch die öffentliche Hand und die Kursteilnehmenden finanziert: 55 Prozent durch Subventionen der kantonalen Fachstelle, 45 Prozent durch die Gemeinden und Kurseinnahmen durch die Teilnehmenden. «Der Abschluss einer Leistungsvereinbarung zwischen der kantonalen Fachstelle und einem Leistungsanbieter direkt ist im System eigentlich nicht vorgesehen.

Die Fachstelle geht ausschliesslich Vereinbarungen mit Gemeinden ein. Da wir aber bezirksweit tätig sind und den Bedarf sämtlicher Bezirksgemeinden in unseren Räumlichkeiten bündeln können, sind wir durch die Fachstelle als bezirksübergreifende Institution akzeptiert. Dies führte zu dieser kantonsweit einmaligen Ausnahme, welche uns sehr ehrt, weil es auch aufzeigt, dass wir vom Kanton als kompetenter und verlässlicher Partner wahrgenommen werden», so ClaudiaLedermann.

Ideal für Wiedereinsteigerinnen ins Berufsleben

Das Familienzentrum zählt rund 40 Mitarbeiterinnen. Frauen, die nach der Geburt ihres Kindes wieder arbeiten wollen, können sich im Familienzentrum mit einer Mitarbeit in einem der zahlreichen Angebote für Familienanliegen einsetzen. Die Entlöhnung ist eher bescheiden. Kinder sind hier jederzeit und überall herzlich willkommen und können auch zur Arbeit mitgebracht oder während den Schichten in der offenen Hüti kostenlos betreut werden lassen. Daher entstehen keine zusätzlichen Kosten für die Kinderbetreuung. Das Gesamtpaket ist deshalb oft recht attraktiv für die Mitarbeiterinnen. Des Weiteren zeigt die Erfahrung, dass eine Mitarbeit gerade in einer leitenden Funktion im Familienzentrum den Wiedereinstieg in den ersten Arbeitsmarkt massiv vereinfacht.

Neben den bereits erwähnten Angeboten gehören auch Weiterbildungen, Vorträge über Erziehung, Erziehungsberatung und anderes mehr zu den regelmässigen Angeboten im Familienzentrum. Familienarbeit und soziale sowie sprachliche Integration sind dort die Kernanliegen – mit der offenen Kinderhüeti auch die Entlastung von Familien. Diese kostet 6 Franken pro Stunde oder 15 Franken für einen halben Tag. «Unsere Mitarbeitenden leisten für wenig Lohn viel für die Allgemeinheit. Der gesellschaftliche Nutzen ist gross, trotzdem müssen wir immer wieder um Anerkennung kämpfen», halten ClaudiaLedermann und Eliane Studer Kilchenmann fest.

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