Mögliche Schuldenfalle für Gemeinden

Knapp 100 Gemeinderäte, RPK-Mitglieder und Gemeindeangestellte informierten sich am 29. März über die Änderungen durch das neue Gemeindegesetz. Die grössten Veränderungen bringen die neuen Verbuchungsrichtlinien HRM2, die sich auf Vermögenswerte und Abschreibungen auswirken.

Es kommen grosse Veränderungen auf die Gemeinden zu, ob für grosse Gemeinden wie Affoltern...

Es kommen grosse Veränderungen auf die Gemeinden zu, ob für grosse Gemeinden wie Affoltern...

...oder Kleingemeinden wie Rifferswil. (Bilder Salomon Schneider)

...oder Kleingemeinden wie Rifferswil. (Bilder Salomon Schneider)

Am 1. Januar 2018 tritt das neue Gemeindegesetz des Kantons Zürich in Kraft. Das bisherige Gemeindegesetz stammt aus dem Jahr 1926. Das Gemeindegesetz gibt den Handlungsrahmen für die Gemeinden vor, die jedoch in vielen Bereichen beträchtlichen Spielraum erlauben. Um diesen Handlungsspielraum zu definieren, müssen die Gemeinden bis Anfang 2022 ihre Gemeindeordnungen überarbeiten. Die überarbeiteten Versionen müssen der Bevölkerung zur Abstimmung vorgelegt werden.

Bezirkslösungen empfehlen sich

Der ehemalige Gemeindeschreiber und Experte für das neue Gemeindegesetz Hanspeter Höhener erklärte: «Mit dem neuen Gemeindegesetz wird es vermehrt zu Urnenabstimmungen kommen. Für viele Fragen legt das Gemeindegesetz jedoch nur fest, dass sie geregelt werden müssen. Ob beispielsweise Abrechnungen für Bauten, die im Budget lagen, in Zukunft immer noch der Gemeindeversammlung vorgelegt werden müssen, können die Gemeinden selber festlegen. Grundsätzlich sollen in der neuen Gemeindeordnung nur die Grundzüge der Gemeindeorganisation geregelt werden. Wer dabei zu weit ins Detail geht, beraubt sich dringend notwendiger Flexibilität. Schliesslich kann eine Gemeinde nicht wissen, welche Herausforderungen in Zukunft auf sie zukommen. Um die neuen Richtlinien besonders nutzerfreundlich und rechtssicher zu machen, empfehlen sich in vielen Fällen sicherlich Bezirkslösungen – beispielsweise für amtliche Publikationen.» Mit dem neuen Gemeindegesetz steht es den Gemeinden offen, die amtlichen Publikationen beispielsweise nur noch online zu veröffentlichen.

Abschreibungen werden stärker reglementiert

Ein kleiner, aber gewichtiger Teil des neuen Gemeindegesetzes ist die neue Rechnungslegung HRM2 (Harmonisiertes Rechnungslegungsmodell 2). Die gewichtigste Anpassung passiert bei den Abschreibungen. Bisher werden Vermögenswerte – das Verwaltungsvermögen – grösstenteils linear abgeschrieben, zehn Prozent pro Jahr.

HRM2 bringt dynamische Abschreibungen. Eine direkte Abschreibung von Investitionen in Strassen oder Werkleitungen – auch wenn nie mehr jemand dafür etwas bezahlen wird – ist dann nicht mehr möglich. Die Umstellung auf HRM2 muss am 1. Januar 2019 ausgeführt sein. Im Bezirk Affoltern haben Bonstetten, Stallikon und Wettswil bereits auf HRM2 umgestellt.

Schleichende Schuldenfalle

Stallikon hat bereits auf Anfang 2016 auf HRM2 umgestellt. Der Stalliker Finanzverwalter Reto Feuz erläutert: «HRM2 gibt vor, dass Investitionen über ihre gesamte Nutzungsdauer linear abgeschrieben werden müssen: 33 Jahre für Hochbauten, 50 Jahre für Wasserleitungen. Die Folge ist, dass Stallikon Wasserleitungen wieder in die Bilanz aufnehmen musste, die längst abgeschrieben waren.

Nach HRM1 musste der aktuelle Gemeinderat für Investitionen aufkommen, da Investitionen in zwei bis drei Amtszeiten abgeschrieben wurden. Durch die längere Dauer der Abschreibungen müssen nun zwei Generationen für getätigte Investitionen geradestehen. Das schnelle Abschreiben kam eigentlich dem Aufbau stiller Reserven gleich. Durch HRM2 gibt es sicher die Chance einer schleichenden Schuldenfalle, da Investitionen 30 bis 50 Jahre finanzielle Folgen haben. Um dieser schleichenden Verschuldung entgegenzuwirken, müssen Gemeinden flüssige Mittel anhäufen, um Investitionen vermehrt aus Eigenmitteln finanzieren zu können – anstatt sich zu verschulden. Dafür müsste das Bewusstsein entstehen, dass Ertragsüberschüsse erwirtschaftet werden müssen – anstatt bei jedem Ertragsüberschuss die Steuern zu senken.»

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