Graffiti – Kunst oder Vandalismus?

Der heute 77-jährige Harald Naegeli, «Sprayer von Zürich», floh in den Achtzigern vor der Strafverfolgung, wurde an die Schweiz ausgeliefert und zu neun Monaten Haft verurteilt. Heute stellt nicht nur die Stadt Zürich Flächen für gesprayte Kunst zur Verfügung: Letzte Woche konnten Hausemer Jugendliche Spraykunst als Gemeinschaftswerk erleben.

Gemeinsame Arbeit der Hausemer Jugendlichen am Graffiti auf der Abschrankung der Baustelle Törlenmatt. (Bild Bernhard Schneider)
Gemeinsame Arbeit der Hausemer Jugendlichen am Graffiti auf der Abschrankung der Baustelle Törlenmatt. (Bild Bernhard Schneider)

Der «Sprayer von Zürich» polarisierte Ende der 1970er-Jahre. Niemand wusste, wer hinter den eleganten Figuren stand. Die einen freuten sich über die Belebung der Betonwände, die anderen ärgerten sich über diese neue Form von Vandalismus. Putzequipen entfernten die Werke so rasch als möglich. Trotz des Kopfgeldes von 3000 Franken, das auf den «Sprayer von Zürich» ausgesetzt wurde, gelang es der Polizei erst 1979, ihn zu entdecken, nachdem er beim Sprayen seine Brille verloren hatte. Er floh nach Deutschand, wurde 1984 an die Schweizer Behörden ausgeliefert und musste sechs Monate ins Gefängnis.

Inzwischen wurden die wenigen erhaltenen Zürcher Spraywerke von Harald Nägeli restauriert. Sein Werk wird kunsthistorisch als ein Grundstein für die moderne Street Art betrachtet, die verschiedene nichtkommerzielle Kunstformen umfasst. Dazu zählen auch Graffiti, bei welchen bildliche Motive wichtiger sind als der Text. Wikipedia zählt 18 verschiedene Graffiti-Arten auf: Es braucht einiges Wissen, um Graffiti beurteilen zu können.

Kreatives Gestalten als Ferienaktivität

Der Leiter des Jugendtreffs Chratz, Marco Müller, zählt zu den Kennern der Graffiti-Szene. Er will die jugendlichen Besucherinnen und Besucher des «Chratz» zusammen mit seiner Kollegin Patricia Weiss motivieren, gemeinsam etwas zu gestalten. Um ihnen dies mit Graffiti zu ermöglichen, hat er von der Bauherrschaft der Wohnüberbauung Törlenmatt, der Weisbrod-Zürrer AG und der Baugenossenschaft Silu, sowie vom Bauern, der den angrenzenden Acker bewirtschaftet, die Erlaubnis erhalten, in einer Ferienaktion die Bauabschrankung mit Graffiti zu besprayen.

Etwa ein Dutzend Hausemer Jugendliche haben so kreatives Gestalten im Team als Ferienaktivität erlebt. Dank der Entwicklung von Graffiti zu eigenständigen Kunstformen steht nicht mehr der Adrenalinkick des Illegalen im Vordergrund, sondern das bewusste Gestalten einer grossen Fläche.

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