Affoltern erhielt Besuch von fünf Tigern

Am Dienstag und Mittwoch dieser Woche schlug der Circus Royal seine Zeltstadt am Rande Affolterns neben den Sportplätzen im Moos auf. Die Platzverhältnisse auf dem Kronenplatz hätten das Gastspiel dieses Jahr nicht erlaubt, denn die mitgereisten Tiere brauchen viel Platz.

Victor Guillaumin zeigte fünf bengalische Tiger aus der Zucht von Martin Lacey jun. (Bilder Andrea Bolliger)

Victor Guillaumin zeigte fünf bengalische Tiger aus der Zucht von Martin Lacey jun. (Bilder Andrea Bolliger)

Oliver Skreinig vor der Raubtieranlage.

Oliver Skreinig vor der Raubtieranlage.

Nick Andrew mit «Hula Hoop»-Reifen.

Nick Andrew mit «Hula Hoop»-Reifen.

Bei Temperaturen über dreissig Grad war Zirkusdirektor Oliver Skreinig positiv überrascht, dass am Dienstagnachmittag bereits einige Leute den Vorverkauf für die Vorstellungen benutzt hatten. Denn während die Artisten der stickigen Luft im Zelt nach einigen Minuten wieder entfliehen können, bleibt das Publikum zwei Stunden lang im Zelt sitzen. In früheren Jahren spielte der Circus Royal auf dem Kronenplatz. Doch wäre dieser zum Aufstellen der grössten mobilen Raubtieranlage nicht geeignet gewesen. Auf dem Areal neben den Sportanlagen im Moos fanden Tier und Mensch ausreichend Raum und einen grasbewachsenen Boden. Für Kamele, Nandus, Lamas, ein Alpaca, sowie die Pferde wurden grosszügige Weiden eingezäunt. Wenn kein geeignetes Areal zur Verfügung steht, streicht der Circus Royal schon einmal Gastspielorte aus dem Tourneeplan.

Mehr als die Vorschriften verlangen

Das Schweizer Tierschutzgesetz schreibt vor, wie gross die Anlagen für die Tiere sein müssen. Die Schweiz, erklärt Zirkusdirektor Oliver Skreinig, sei das einzige Land, welches dabei keinen Unterschied zwischen Privathaltung, Zoos und Zirkussen mache. Die Raubtieranlage, die dem Besitzer der Tiger, Martin Lacey jun. gehört, ist sogar noch grösser als es das Gesetz vorschreibt. In Oliver Skreinigs Augen richtet sich gute Tierhaltung aber nicht nur nach Zentimetern. Für ihn ist der Umgang und die Beschäftigung mit den Tieren ebenso wichtig. Er plädiert für eine gesunde Einstellung zwischen Mensch und Tier. Die Zirkustierhaltung ist im Circus Royal von der Öffentlichkeit einsehbar. Um das Areal ist kein blickdichter Zaun installiert. Jedermann kann von aussen zu den Tieren hineinsehen oder sie bei einem Zoobesuch von Nahem beobachten und zuschauen, wie die Tiere für die Vorstellung im Zirkuszelt bereitgemacht werden. Tierschutz brauche es, Tieraktivismus nicht, sagt Oliver Skreinig. Die Gesundheit der Tiere wird rund 40 Mal im Jahr durch örtlich zuständige Amtstierärzte geprüft. Wer nicht mit Raubtieren vertraut ist, muss sich an den Vorgaben aus den Papieren der Tourneegenehmigung orientieren. Hin und wieder liessen sich Tierärzte auch durch eine kundige Person aus einem Zoo begleiten, meint Oliver Skreinig.

Die Tigergruppe im Circus Royal besteht aus Tieren, die zwischen 16 und 17 Jahre alt sind. Tiger in freier Wildbahn würden ein Alter von 12 und 15 Jahren erreichen, sagt Oliver Skreinig. Die vier Damen und das Männchen stammen aus der 14. Generation der Zucht von Martin Lacey jun. Bereits dessen Vater hatte in England in einem Zoo Tiger und Löwen gezüchtet und später einen Zirkus gegründet. Aus der Motivation heraus, dass Tiere beschäftigt werden müssen. Martin Lacey ist mit Jana Mandana Lacey-Krone, der Juniorchefin des deutschen Circus Krone verheiratet und besitzt eine grosse Raubtierfamilie. In diesem Jahr hat er den Lacey Fund ins Leben gerufen, einen Verein, der sich für eine Verbesserung der Haltung von Tieren einsetzt. Diese praktische Form des Tierschutzes beinhaltet Hilfe durch Fachleute mit jahrelanger Erfahrung als auch direkte Unterstützung ausgewählter Projekte, die Tieren in Not helfen.

Fliegen, wirbeln kreisen

Bei der Vorstellung am Dienstagabend blieben viele Plätze im Zelt unbesetzt. Es waren vor allem Familien mit Kindern, die sich das zweistündige Zirkuserlebnis gönnten. Artistinnen und Artisten aus den verschiedensten Ländern faszinierten mit Jonglierkunst, liessen Diabolos bis unters Zeltdach fliegen, Hula-Hoop-Reifen kreisen und silberne Keulen durch die Luft wirbeln. Der Spanier José Munoz tanzte auf dem Drahtseil und in luftiger Höhe zeigte Nick Andrew sein Können am Trapez. Er ist als Sohn zweier Schweizer Auswanderer in Australien geboren. Ebenfalls aus der Schweiz ist Clown Steevy, der die Besucher mit seinen Spässen aufheiterte. Während in grösseren Zirkusunternehmen die Artisten nur in der Manege oder im Hintergrund zu sehen sind, übernehmen sie im Circus Royal teilweise auch Aufgaben vor der Kulisse, wie den Verkauf von Getränken und Souvenirs in der Pause. Eine wunderbare Gelegenheit einmal mit einem Artisten ins Gespräch zu kommen.

Nummer für das Publikum, Beschäftigung für die Tiere

Wer in der Pause im Zelt blieb, konnte beim Aufbau des Zentralkäfigs zusehen. Eine Besucherin ist extra aus Zürich angereist, um wieder einmal Tiger im Zirkus zu sehen. Für die Tiere sei die Arbeit in der Manege ein Teil ihres Beschäftigungsprogrammes, sagt Oliver Skreinig. So bleiben sie körperlich und geistig fit.

Gemächlich trotten die Tiger einer nach dem anderen in die Manege und zu ihren Plätzen. Der mexikanische Tierlehrer Victor Guillaumin zeigt eine neuartige Präsentation. Kein lautes Peitschenknallen oder Gebrüll ist vernehmbar, stattdessen kommuniziert der Tierlehrer ruhig und streicht auch einmal mit der Hand über den Rücken eines der ihm anvertrauten Tiere. Hin und wieder gibt es einen Happen Fleisch für einen Tiger. Das Schwierigste an der Nummer sei das ruhige Sitzen auf den Podesten, sagt Oliver Skreinig. Victor Guillaumin hat schon in Mexico mit Raubtieren gearbeitet, wollte aber unbedingt zu Martin Lacey jun. Dort begann er wieder ganz von vorne, als Tierpfleger.

Während der Zentralkäfig wieder abgebaut wurde, erzählte Oliver Skreinig weshalb bedrohte Tierarten wie der bengalische Tiger auf alternative Lebensräume angewiesen sind. Später hatten sechs Kamele ihren Auftritt. Nach einem letzten Tanz des Zirkusballetts zeigten sich noch einmal alle Artistinnen und Artisten zum grossen Finale. Inzwischen war aus dem heissen Sommerabend eine laue Sommernacht geworden. Mit allerlei Souvenirs in den Händen, dem einzigartigen Geruch der Manege in der Nase und faszinierenden Bildern im Kopf machten sich die Besucher auf den Heimweg und zurück in den Alltag.

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