Verwaltungsrechtliche Klage gegen Affoltern

Die von der Kesb eingesetzten Berufsbeistände des Sozialdienstes Bezirk Affoltern haben in den Jahren 2016 und 2017 einen Teil der laufenden Beistandsmandate von Affoltemern weitergeführt. Affoltern allerdings verweigert die Bezahlung, weil die Stadt seit Anfang 2016 eine eigene Berufsbeistandschaft anbiete.

Wer Beistand ist, legt gemäss Kindes- und Erwachsenenschutzrecht die Kesb fest. Diese hat den Wunsch der verbeiständeten Person zu berücksichtigen. In der Regel ist das Mandat unbefristet, wobei der Beistand der Kesb alle zwei Jahre einen Rechenschaftsbericht zu unterbreiten hat. Als die Gemeinde Affoltern Ende 2015 den Austritt aus dem Zweckbereich Sozialdienst Bezirk erklärte, lief bei knapp 100 verbeiständeten Personen aus dem Bezirkshauptort diese zweijährige Frist noch. «Mit dem Ablauf einer solchen Frist bietet sich jeweils eine gute Gelegenheit zu prüfen, ob ein Beistand der Stadt Affoltern eingesetzt werden könnte», erklärt Ivo Lötscher, Aktuar Kesb Bezirk Affoltern, und ergänzt: «Die Kesb hat bezüglich des Mandatswechsels der Affoltemer Klientinnen und Klienten aber auch unabhängig von diesen Perioden jedes Dossier individuell geprüft und anschliessend entschieden, ob sie ein Mandat an die Berufsbeistandschaft der Stadt Affoltern übertragen wird oder nicht.» Grossmehrheitlich wurden die Mandate in der Folge übertragen.

Obergericht: Interesse verbeiständeter Personen steht im Vordergrund

Mit der von der Kesb verfügten Übertragung war allerdings eine verbeiständete Person aus Affoltern nicht einverstanden und gelangte ans Obergericht des Kantons Zürich. Dieses hielt im Urteil fest, «dass das Mandat trotz Auflösung der organisatorischen Grundverhältnisse weiterzuführen ist, wenn die besonderen Schutzinteressen der betroffenen Person bei der Auflösung des Mandatsverhältnisses verletzt würden». Die verbeiständete Person wünschte sich die Beibehaltung der bisherigen Beiständin, was vom Obergericht gestützt wurde (Urteil PQ170074-O/U vom 11. Oktober 2017). Es gewichtet also die Fortsetzung der Beistandschaft mit der bisherigen Berufsbeiständin des Zweckverbands aufgrund des zu ihr bestehenden Vertrauensverhältnisses höher, als das Interesse des Gemeinwesens an einer eigenen angemessenen organisatorischen Struktur.

Insgesamt führte die Berufsbeistandschaft des Sozialdienstes Bezirk Affoltern 2016 die Mandate von 89 Affoltemern, 2017 noch von rund deren 50 mit den bisherigen Beiständen. Der entsprechende Dienstleistungsaufwand für die Fortsetzung dieser Beistandschaften wurde der Stadt Affoltern in Rechnung gestellt. Der Bezirkshauptort allerdings verweigerte die Abgeltung dieser Forderung mit dem Hinweis darauf, dass man seit Anfang 2016 eine eigene Berufsbeistandschaft anbiete. Stadtschreiber Stefan Trottmann fügt dazu auf Anfrage an: «Die Stadt Affoltern ist per Ende 2015 aus dem ehemaligen Zweckverband Sozialdienst Bezirk Affoltern ausgeschieden und führt seither eine eigene Berufsbeistandschaft. Die Stadt Affoltern hat immer wieder auf eine zügige Überführung der Berufsbeistandschaften gedrängt, ohne dass dies passiert ist. Umstritten ist nun, ob die Stadt Affoltern nach ihrem Austritt und dem Aufbau eigener Strukturen weiterhin für die Kosten aufzukommen habe, für wie viele Fälle und in welcher Höhe. Ansonsten kann sich die Stadt Affoltern zum laufenden Verfahren nicht äussern.»

Forderung abgelehnt – Klage eingereicht

Die Forderung der Berufsbeistandschaft des Sozialdienstes Bezirk Affoltern lehnt der Bezirkshauptort folglich ab. Eine einvernehmliche Lösung konnte nicht erreicht werden, worauf der Verwaltungsrat der Kesb Bezirk Affoltern als Nachfolgeorganisation des Zweckverbandes Sozialdienst beschloss, eine Klage gegen Affoltern auszuarbeiten. Am 20. November wurde diese beim Verwaltungsgericht des Kantons Zürich eingereicht.

Die Kosten, die 2016 und 2017 beim Sozialdienst Bezirk Affoltern für die Fortführung der vorab genannten Berufsbeistandsmandate angefallen sind, belaufen sich auf rund 300000 Franken für 2016 und 200000 Franken für 2017. «Um die Streitigkeit nicht unnötig ‹aufzublasen› und insbesondere die damit verbundenen Anwalts- und Prozesskosten zum Wohle beider Parteien möglichst tief zu halten, hat der Verwaltungsrat Kesb Bezirk Affoltern entschieden, in einem ersten Schritt bloss einen Pilotfall gerichtlich einzuklagen», präzisiert Ivo Lötscher, Aktuar Kesb Bezirk Affoltern. Zurzeit läuft die vom Verwaltungsgericht anberaumte dreissigtägige Frist, während welcher die Stadt Affoltern eine Klageantwort einreichen kann.

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