«FCA war wie eine Familie für mich»

«Wer sie waren, was sie wurden»: Souleymane (Suly) Konate, Ex-Fussballer beim FCA

Die Zugehörigkeit beim FC Affoltern erleichterte Souleymane (Suly) Konate (rechts im Bild) die Integration. (Bild zvg)

Suly Konates Wurzeln liegen in der ­Elfenbeinküste, wo er 1979 geboren wurde. Wegen des Bürgerkriegs sah er sich gezwungen zu fliehen. In Saudi-Arabien sowie Algerien spielte er professionell Fussball. In der Schweiz schliesslich fand er beim FC Affoltern die ­Familie, die seine Integration tatkräftig unterstützte.

Ich begegne Suly, wie er schlicht genannt wird, vor dem Gasthof Krone («la couronne»). Meinem Vorschlag, das Interview bei einem Kaffee zu führen, kann er nicht nachkommen, denn als gläubiger Muslim hält er die Regeln des Ramadan, welche auch beinhalten, zwischen Sonnenaufgang und Sonnenuntergang auf Nahrung und Getränke zu verzichten, ein. Der Austausch auf Französisch, in seiner Muttersprache, jedoch kommt ihm sichtlich entgegen.

In der Elfenbeinküste, auch «Kakaoküste» genannt, liegen ebenfalls die Wurzeln vom berühmtesten Fussballer seines Heimatlandes, von Didier Drogba. Dank ihm hätten viele unkundige Fussballanhänger den Staat Elfenbeinküste auf der Landkarte des riesigen Kontinents Afrika entdeckt, findet Konate. Sulys Karriere verlief nicht dermassen glanzvoll, war aber geprägt durch ­Stationen in unterschiedlichen Ländern und Fluchten unter dramatischen ­Umständen.

In der Schweiz landete ereher «zufällig»

Am Anfang habe er Handball gespielt, ehe er als Achtjähriger in der Schule mit Fussball, dem Nationalsport der Elfenbeinküste, begonnen habe. «Mein damaliger Trainer hat mir viel beigebracht, weil er ivorischer Nationalspieler gewesen ist und auch an zwei Afrika-Cups teilgenommen hat», erzählt Suly. In der Elfenbeinküste spielte der heute in ­Affoltern Wohnhafte in der 1. Division. Mit Stade d’Abidjan nahm er auch am Afrika-­Cup der Cupsieger teil.

Ab 2002 nahmen die ethnischen Spannungen zu und führten zu bürgerkriegsähnlichen Zuständen. Dies bewog Souleymane Konate, seine kleine, von ihm geführte Automobilfirma aufzugeben und ins politisch stabilere Saudi-­Arabien zu fliehen, wo er bei Nassr-­Saudi-Club professionell Fussball spielte. Nach ­Ablauf des zweijährigen Vertrags kehrte er noch einmal in seine Heimat zurück, doch inzwischen war der Bürgerkrieg weiter eskaliert, sodass Suly erneut fliehen musste. Diesmal führte ihn die Odyssee nach Algerien, wo er weiterhin als Profi Fussball spielte. Schliesslich folgte 2008 die letzte Station, die Auswanderung in die Schweiz, eine Destination, die sich «zufälligerweise» ergab, wie er bemerkte. In einem Gebiet gelandet zu sein, in dem er zu seiner grossen Überraschung seine Muttersprache Französisch nicht antraf, war für Suly anfänglich sehr schwierig.

Glücklicherweise fand er beim FC Affoltern Menschen, die ihm die Inte­gration erleichterten. «Der FCA war wie eine Familie für mich und viel wichtiger als das Geld, das ich bei einem anderen höher qualifizierten Club hätte verdienen können», so Konate. Keine hohle Phrase, bedenkt man, dass er die ersten Jahre drei Mal pro Woche für das ­Training von Weinfelden im Kanton Thurgau nach Affoltern fuhr und dem Werben des FC Wettswil-Bonstetten ­widerstand.

Welche weiteren Erinnerungen hat Suly an seine Zeit beim FCA? Besonders haften geblieben ist ihm ein Spiel vor vollen Rängen im Moos um den Aufstieg in die 2. Liga. Von 2008 bis 2017 spannte er im Fanionteam des hiesigen Fussballclubs die Fäden und erlebte nicht nur glorreiche Zeiten in der 2. und 3. Liga. Als Trainer wirkte damals der leider allzu früh verstorbene Dragan Filipovic. Ihm habe er es zu verdanken, sein afrikanisches Temperament zu zügeln und seine Rolle auf dem Spielfeld zu finden. Sulys bevorzugte Position war im Mittelfeld. Da konnte er seine Stärken am besten ausspielen. Als technisch versierter Stratege sei er in der Lage gewesen, das Spiel zu lesen, und ausserdem habe er als torgefährlich gegolten.

Nach seiner Aktivkarriere trainierte er während vier Jahren Junioren des FCA verschiedener Kategorien. Nun erschöpft sich seine fussballerische Aktivität aufs gelegentliche Fussballspielen mit Freunden am Sonntag. Musikhören und Kinobesuche gehören zu seinen weiteren Steckenpferden. Inzwischen arbeitet er als Software-Lieferant, spricht verständlich Deutsch, ist verheiratet und glücklicher Vater zweier Kinder, wovon der Sohn in seine Fussstapfen getreten ist und beim FCA kickt.

Wie fühlt er sich nun in der Schweiz? «Die Schweiz ist eines der besten Länder der Welt; Demokratie, Stabilität, klare Regeln, Sauberkeit!» Suly ist des Lobes voll, wenn er über seine neue Heimat spricht. Trotzdem hat er die Brücken zur Elfenbeinküste keineswegs ­abgebrochen. Einmal pro Jahr besucht er dort Verwandte und Bekannte, doch auch in der Schweiz pflegt er die afrikanische Kultur, sei es, indem er deren Musik hört oder typisch afrikanische Speisen zubereitet.

Afrikas Fussball auf dem Vormarsch

Konate betont die Erfolge afrikanischer Teams an Weltmeisterschaften, als Kamerun (1990) und Senegal (2002) den Viertelfinal und Marokko (2022) sogar den Halbfinal erreichten. Für die nächsten Weltmeisterschaften im Jahr 2026 erhofft er sich ein Turnier des afrikanischen Kontinents. Sein Optimismus stützt sich darauf, dass die besten afrikanischen Fussballer in renommierten Vereinen spielen. Und natürlich, so verkündet Suly voller Patriotismus, ist die Elfenbeinküste, der frisch gebackene Afrikameister, das stärkste Team.

Rolf Oberhänsli

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