Ein Schock, der auf die Psyche schlug

Am 27. März wurde der amtierende Stadtpräsident Clemens Grötsch abgewählt. Er sagt, das deutliche Resultat habe ihm den Boden unter den Füssen weggezogen. Seither ist er arbeitsunfähig. Doch Grötsch hofft, dass er nochmals ins Amt zurückkehren kann.

Stadtpräsident Clemens Grötsch. (Archivbild Stephan Faessler)
Stadtpräsident Clemens Grötsch. (Archivbild Stephan Faessler)

Als am frühen Nachmittag des Wahlsonntags die Resultate vorlagen, war es Clemens Grötsch wichtig, Haltung zu zeigen. Er las die Ergebnisse im Foyer des Kasinosaals selber vor – und sie waren deutlich: Eveline Fenner, Mitstreiterin ums Präsidium, erzielte 1123 Stimmen und wurde als neue Stadtpräsidentin von Affoltern gewählt. Er hingegen lag mit 506 Stimmen weit zurück. Ein ähnliches Bild bot sich bei den Wahlen für den Stadtrat: Dort ­erreichte Clemens Grötsch zwar das absolute Mehr, schied jedoch als überzählig aus. Während alle Gewählten mehr als 1100 Stimmen auf sich vereinen konnten, holte er nur 851.

Der Wahlsonntag liegt fünf Wochen zurück. Seither übt Clemens Grötsch das Amt des Stadtpräsidenten nicht mehr aus. Er ist krankgeschrieben. «Das Resultat hat mir komplett den Boden unter den Füssen weggezogen», sagte er am Freitag am Telefon. Er habe die Wiederwahl ja nicht bloss knapp verfehlt, im Gegenteil: «Ich wurde sprichwörtlich vom Hof gejagt.»

Kurz nach Bekanntwerden der Ergebnisse am Wahlsonntag hatte Grötsch gegenüber dem «Anzeiger» gesagt, dass auch Erleichterung durchschlage. Mit seinem Amt war viel Verantwortung ­einhergegangen, nach der Abwahl sei dieser Druck von ihm abgefallen: «Während man läuft, erkennt man die Anspannung häufig gar nicht, in der man sich befindet», sagt er rückblickend. Zur grossen Enttäuschung hinzu kamen jedoch auch ein Gefühl der Leere und der Eindruck, dass er für die Entscheide, die der Stadtrat als Gremium gefällt hatte (Stichwort: Spital), als Einziger abgestraft worden war. Das schmerze – umso mehr, als dass er sich stets als Teil eines Teams gesehen habe.

Erfolge, die man in den vergangenen Jahren habe erzielen können, zum Beispiel beim Schuldenabbau, scheine die Bevölkerung hingegen kaum zu würdigen. Körperlich und psychisch sei es ihm so schlecht gegangen, dass er nicht mehr arbeitsfähig war.

Dossiers übergeben

Die formalen Funktionen des Stadtpräsidenten – zum Beispiel die Leitung der Sitzungen oder die Unterzeichnung der Protokolle – hat inzwischen Grötschs 1. Stellvertreter, Martin Gallusser, übernommen. Seine Dossiers wurden intern neu verteilt. Was die Amtsübergabe an Eveline Fenner ­betrifft, hat Clemens Grötsch keine Bedenken. Diese werde planmässig stattfinden; notfalls durch die jeweiligen Ressortleiterinnen. Aktuell sei seine Rückkehr ins Amt noch nicht absehbar, doch Grötsch sagt: «Ich hoffe, dass es mir bis im Juni besser geht. Es ist mein Wunsch, die letzte Gemeindeversammlung selbst zu leiten.»

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