Verletzte und tote Katzen: Ursachen unklar

Bezirksgericht spricht 29-Jährigen vom Vorwurf der mehrfachen Tierquälerei frei

Weil er im Einzelgerichtsverfahren nicht erscheinen muss, blieb der Ankläger der Gerichtsverhandlung fern. (Bild cle)
Weil er im Einzelgerichtsverfahren nicht erscheinen muss, blieb der Ankläger der Gerichtsverhandlung fern. (Bild cle)

Nach Ansicht des Bezirksgerichts Affoltern kann nicht rechtsgenügend nachgewiesen werden, dass der 29-jährige Serbe in vier Fällen Katzen Verletzungen beigebracht hat und zwei davon verstarben. Es sprach den wegen mehrfacher Tierquälerei angeklagten Mann frei. «Auch andere Ursachen sind hier möglich», sagte die Richterin.

Gemäss Anklage hat der als Verkäufer im Bezirk Affoltern tätige Mann zwischen Juli 2024 und Februar 2025 in seiner Wohnung den vier Katzen Verletzungen beigebracht, durch unbekannte Einwirkungen. Da ist unter anderem von Rippenserienfraktur, Einblutungen an Augen, Blutgerinnsel und Loch in der Bauchwand, von ausgeschlagenem Reisszahn und blutunterlaufenen Krallen sowie von traumatischer Verlagerung des Oberschenkelkopfs die Rede. In einem Fall sei das Tier wegen eines hypovolämischen Schocks verstorben, im anderen Fall habe die Katze eingeschläfert werden müssen.

Wegen mehrfacher Tierquälerei verlangt die Staatsanwaltschaft eine bedingte Geldstrafe von 150 Tagessätzen à 80 Franken (entsprechend 12000 Franken) sowie eine Busse von 2500 Franken. Der Ankläger blieb der Gerichtsverhandlung fern, weil er im Einzelgerichtsverfahren nicht erscheinen muss.

«Für meine Tiere immer das Beste gegeben»

Vor Gericht bestritt der nicht vorbestrafte Mann sämtliche ihm zur Last gelegten Tatvorgänge – mit sehr leiser Stimme und von der Richterin mehrfach aufgefordert, lauter zu sprechen. Er machte geltend, dass die Tiere sich die Verletzungen selbst zugezogen haben können, etwa durch Einklemmen im Kippfenster, durch Stürze vom Katzenbaum, aber auch im Kampf untereinander oder durch Eindringen ins nicht immer gänzlich verschlossene Terrarium, wo sie möglicherweise von der dort lebenden Python verletzt worden sein könnten. Nicht auszuschliessen sei auch, dass während der Rauchpausen von ihm und der Partnerin sich jemand zur unverschlossenen Wohnung Zugang verschafft haben könnte, sagte er unter Hinweis auf eine problematische Mieterschaft in der unteren Etage des Mehrfamilienhauses. Der Mann stellte sich als Tierfreund dar, der auch den Tierarzt aufgesucht, dort den Grund für die Verletzungen nicht erörtert, aber vom Fachmann Ratschläge erhalten hat. «Ich kann nicht sagen, wie diese Verletzungen entstanden sind, und habe für meine Tiere immer das Beste gegeben. Die Verletzungen sind entstanden, als ich bei der Arbeit war», verteidigte er sich. Nicht allein die Anklagevorwürfe seien belastend, sondern auch seine prekäre finanzielle Situation, die sich mit einer 2500-Franken-Busse verschlimmern würde.

Mit einer Beweisumkehr den Anklagegrundsatz verletzt

Seine Anwältin zielte in dieselbe Stossrichtung. Sie verlangte einen vollumfänglichen Freispruch. Für sie hat die Staatsanwaltschaft den Anklagegrundsatz verletzt, mit einer Beweisumkehr, weil man hier einen Schuldigen wolle. Sie wiederholte, was der Angeklagte zuvor geltend gemacht hatte: dass die Ursachen der Verletzungen andere Gründe haben können. Durch Einklemmen im Kippfenster («Kippfenstersyndrom») sei spastische Lähmung möglich; Rippenbrüche seien nicht von Menschenhand herbeigeführt worden, sondern beim Fenster entstanden. Nicht auszuschliessen sei auch ein Eindringen ins Schlangen-Terrarium. Zudem erwähnte die Verteidigerin etwas, was vom Angeklagten nicht zu hören war: eine Mitschuld der psychisch angeschlagenen Lebenspartnerin, die starke Medikamente einnehme und das Schiebefenster offengelassen haben könnte. Nicht auszuschliessen sei auch eine fremde Täterschaft – Mieter in der unteren Etage, die während der Rauchpausen des Paares in deren unverschlossene Wohnung eingedrungen sein könnten. «Es gibt keinerlei Beweise für ein straffälliges Verhalten meines Mandanten – deshalb gilt: in dubio pro reo.»

Auch andere Ursachen der Verletzungen möglich

Das Bezirksgericht sprach den Mann vom Vorwurf der mehrfachen Tierquälerei frei. Der Staat habe die Schuld zu beweisen – nicht umgekehrt, hielt die Richterin fest und ergänzt: «Es kann nicht rechtsgenügend festgestellt werden, dass Sie den Katzen die Verletzungen beigebracht haben.» Auch andere Ursachen seien möglich. Es existiere zwar ein Bericht des Veterinäramtes, aber kein Gutachten, aus dem hervorgehe, wie diese Verletzungen entstanden seien: eventuell durch Kippfenster, Katzenbaum, im Terrarium oder in Kombination mit Katzenkämpfen – oder durch jemand, der Zugang zur Wohnung hatte. Die Häufung der Vorfälle sei zwar speziell, aber ein rechtsgenügender Nachweis sei nicht vorhanden, der Anklagegrundsatz nicht erklärbar. Deshalb gelte hier: Freispruch – in dubio pro reo, im Zweifel für den Angeklagten – demzufolge werden die Verfahrenskosten auf die Staatskasse genommen, das Honorar der Vereidigung (knapp 7700 Franken) ohnehin.

 

 

 

Urteil GG 250 007 vom 9. Dezember 2025, noch nicht rechtskräftig

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