Ein goldiges Paar

Am 29. Mai haben Toni und Irene Nussbaumer aus Obfelden ihren 50. Hochzeitstag gefeiert. In der «Anzeiger»-Gratulation stand, sie seien ein «Vorzeige-Paar». Wie leben die beiden? Zu Besuch bei den Nussbaumers.

Wichtig sei, dass man miteinander «schnurret» und lacht: Nussbaumers in ihrer Garten-Lounge. (Bild Livia Häberling)
Wichtig sei, dass man miteinander «schnurret» und lacht: Nussbaumers in ihrer Garten-Lounge. (Bild Livia Häberling)

Etwas sammeln muss man ja. Toni Nussbaumer knipst den Lichtschalter an. So viele Güggel! Dabei sind es gar nicht die Tiere an sich, die es Irene ­Nussbaumer angetan haben: Ihren Anfang genommen habe ihre Sammel­leidenschaft, als der Ehemann von der Geschäftsreise aus Portugal drei bunte Porzellan-Hähne als Souvenir mitgebracht habe. «Ich habe einfach immer weitergesammelt», sagt Irene Nussbaumer. Über die Jahre wurden es mehr und mehr, ein Güggeli nach dem anderen fand sein Plätzchen in der beleuchteten Vitrine in der Stube. Inzwischen herrscht dort Dichtestress, und die Nussbaumers lassen das mit dem Schenken. «Wir haben ja alles», sagt sie. Die beiden haben ja einander.

Toni bittet auf den Gartensitzplatz. «Es Gläsli Prosecco?», fragt er – in einem Ton, in den man am Satzende ein freundliches «oder?» hineindeutet. Anstossen geht immer. Zum Beispiel am 29. Mai, da prosteten sich die Nussbaumers zur goldenen Hochzeit zu. Im Gratulationstext im «Anzeiger» hiess es über das Ehepaar: «Die beiden sind ein Vorzeige-Paar, scherzen und lachen oft zusammen, unternehmen viel mit­einander, grillen die besten Würste an ­Festen und pflegen regen Austausch mit Freunden und Bekannten.»


In der Winterjacke in den Garten
«Bis nach Baasel aabe» sei die Gratulation durchgesickert, denn von Basel her kamen Irene und Toni Nussbaumer, als er bei IBM eine Stelle fand und sie sich im Jahr 1979 in der Zürcher Agglo eine Mietwohnung suchten – und am Schluss ein Haus kauften. In Obfelden. Wie es das Regionalklischee will, hatten die beiden 1967 an der Fasnacht nähere Bekanntschaft gemacht. Flüchtig kannten sie sich bereits, also habe Toni Irene gefragt, ob sie mit ihm den Guggenmusik-Tag verbringe. Und sie antwortete: «He joo, denn chummi halt mit.» In ihrem Haus in Toussen wohnen die beiden noch immer, der Sohn ist längst ausgezogen, und Toni und Irene Nussbaumer sind inzwischen 74 Jahre alt und eben: ein Vorzeigepaar, so sagen die andern. Wie wird man das? Irene Nussbaumer zieht die Schultern hoch. Sie seien einfach so. Überhaupt: Sein, das tun die Nussbaumers am liebsten in ihrer Lounge vor dem Haus – mit Blick auf die Quartierstrasse. «Dort sitzen wir mit einem Glas Wein», sagt Toni Nussbaumer, «und schnurred zämme».

«Anzeiger»: Worüber plaudert man so, nach 50 Jahren Ehe?
Er: Gott und die Welt.
Sie: Genau, Gott und die Welt.

Ein recht uferloses Gebiet. Ein Beispiel?
Sie: Geschichten von früher.
Er: Kein spezielles Thema.
Sie: Nein, genau.
Er: Wir hören Dinge, sehen Dinge, ­treffen immer wieder Leute an. Alles was parat liegt, wird diskutiert. Das ­ergibt sich.
Sie: Nur im Winter ist es blöd, dann sitzt man in der Stube, die Kiste läuft ...
Er: Da schnurrsch nit.
Sie: ... Aber beim Skifahren sitzt man ja auch draussen, obwohl es kalt ist. Deshalb setzen wir uns schon im Frühling raus. In der Jacke.

Wer von Ihnen redet mehr?
Sie: Ich.

Und Sie, Herr Nussbaumer, hören mehr zu?
Sie: Genau, er hört mehr zu.

Hören Sie gern so viel zu, Herr Nussbaumer?
Sie: Er findets lässig, joo. (lacht).

Die Nussbaumers sitzen allerdings nicht nur auf ihren weichen Lounge-Kissen, sondern auch regelmässig im Velosattel. Wieder. Toni Nussbaumer sagt, zuvor habe sich seine Frau immer wildere Ausreden zurechtgelegt, um die Gruppentouren zu schwänzen. Das Gestrampel sei ihr ihr zu anstrengend gewesen, sagt sie. Also ging er einkaufen, sodass in der Garage eines Tages ein E-Bike ­bereitstand. Seither fährt auch Irene ­Nussbaumer wieder gerne mit. Ansonsten haben sie getrennte Hobbies. Sie malt und jasst, er besucht das LaMarotte oder spielt Keyboard. Mal etwas alleine machen, nicht ständig aneinander kleben, das sei wichtig.

«Riechst du das?», sagt Irene ­Nussbaumer zu ihrem «Schätzeli», als man drinnen am Esstisch sitzt. «Nein, was?», fragt er. «Es schmörzelet. Ich glaub, dein Dessert im Ofen ist angebrannt!» Auch die Küche teilen sie sich ab und zu.

Zusammen in der Küche, geht das gut?
Sie: Meistens schon. Er hat mich aber auch schon rausgeschmissen.
Er: Weil du reingeschnurrt hast!
Sie: Dabei bin in der Küche ich die Chefin.
Er: Ja, das ist ihre Domäne. Ich bin höchstens Sous-chef. Allerhöchstens.

Wo haben Sie das Sagen?
Er: Ich bin der Chef, wenn es um elektronische Medien geht.

Das heisst?
Er: Sie sagt dann «schreib dieser oder jener Person mal eine SMS».

Sie sind die ausführende Gewalt?
Genau. Sie gibt die Anweisung, und ich machs. (lacht.)

Keine Anweisungen hingegen braucht Irene Nussbaumer am Morgen früh: Weil sie eine Frühaufsteherin ist und er nicht, serviert sie ihm jeden Morgen die Zeitung, den Kaffee und ein Glas Orangensaft. Ans Bett. Er hingegen übernimmt nach den gemeinsamen Kegelabenden in Basel auf der Rückfahrt das Steuer, weil sie nachts nicht gerne fährt. Und sonst so? Fliegen bei den Nussbaumers auch mal die Fetzen?

Hat jemand dem anderen in der Verrücktheit schon mal mit Scheidung gedroht?
... (Grosse Augen, Stille.)

Soll vorkommen.
Sie: Nein. Nein, nein, nein!
Er: Noch nie auch nur daran gedacht.
Sie: Nein, also wirklich nicht.

«Natürlich sind wir uns nicht immer einig», sagt Irene Nussbaumer. Dann bespreche man das, sodass die Fronten spätestens am Abend wieder geklärt sind. An ein Credo hält sich das ­«Vorzeige»-Paar ohne Geheimrezept nämlich doch: Nie ohne Abschied aus dem Haus. Und: Nie ohne Gute-Nacht-Kuss ins Bett.

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