«Ich bin auf keine Art glücklich»

Die Gastrobetriebe sind bereits seit dem 22. Dezember geschlossen. Inzwischen ist klar: Bis mindestens Ende Februar bleibt das so. Bei den Wirtinnen und Wirten im Säuliamt zeigt sich Enttäuschung – aber auch Erleichterung über das an­­­gekündigte Härtefallprogramm.

Els Imhof vom Restaurant Central hofft, dass sie mit den in Aussicht gestellten Geldern wenigstens ihre Fixkosten decken kann. (Bild Livia Häberling)
Els Imhof vom Restaurant Central hofft, dass sie mit den in Aussicht gestellten Geldern wenigstens ihre Fixkosten decken kann. (Bild Livia Häberling)

Er hoffe, dass der Bundesrat «aufmache», hat Robert Habegger vom Restaurant Schönegg in Hausen am Dienstag noch gesagt. Wobei er damals schon befürchtete, dass daraus wohl nichts wird. Länger anhaltende Massnahmen hatten sich abgezeichnet, am Mittwochnachmittag folgte die Gewissheit: Sämtliche Läden, die nicht Güter des täglichen Bedarfs anbieten, müssen schliessen. Die Gastronomiebetriebe bleiben schweizweit zu – und zwar nicht nur bis am 22. Januar, wie zunächst angekündigt – sondern bis Ende Februar. 

Für die Restaurants und Bars bedeutet das, mindestens fünf zusätzliche Wochen auszuharren, ohne Gäste bewirten zu dürfen. Els Imhof, Wirtin im Restaurant Central, ist darüber «auf keine Art glücklich», wie sie sagt. «Natürlich würden wir das Lokal lieber öffnen.» Sie bietet mittags und abends zwar ein Take-Away-Angebot, dieses lohne sich aus finanzieller Sicht jedoch kaum.

In den vergangenen Tagen hatte der Branchenverband GastroSuisse versucht, politisch Druck aufzusetzen. Es könne nicht sein, dass «der Niedergang der Schweizer Gastronomie als Kollateralschaden in Kauf genommen» werde und «tausende Existenzen vernichtet» würden, kritisierte man in einem offenen Brief an den Bundesrat. Gefordert wurde «eine sofortige, unkomplizierte und umfassende Ausfallentschädigung».

Entschädigungen betragen bis 20 Prozent des Jahresumsatzes

Solche Entschädigungen sollen nun bald gesprochen werden, erklärte Finanzminister Ueli Maurer an der Pressekonferenz. Unternehmen, die auf behördliche Anweisung hin mindestens 40 Tage lang schliessen müssen, werden nun als Härtefälle gehandelt. Sie werden gemäss der Härtefallverordnung mit A-fonds-perdu-Beiträgen unterstützt. Diese betragen 20 Prozent des Umsatzes, maximal 750000 Franken pro Betrieb.

Tiziano Tuozzo, der zusammen mit seiner Mutter in Bonstetten das Restaurant Milia’s führt, verfolgt gerade die Pressekonferenz, als man ihn erreicht. Später ruft er zurück – und zeigt sich über das vorgestellte Härtefallprogramm erleichtert. «Unser Betrieb ist erst dreijährig. Ursprünglich wäre geplant gewesen, im vergangenen Jahr den Sprung in die Gewinnzone zu schaffen», so Tuozzo. Durch den Shutdown und die Betriebseinschränkungen sei dieses Vorhaben gescheitert. Weil sich sein Betrieb noch im Aufbau befindet, konnte Tuozzo nicht auf grosse Reserven des «Milia’s» zurückgreifen, um die laufenden Kosten zu decken. 

Auf ein finanzielles Polster aus besseren Tagen zurückgreifen kann hingegen Els Imhof, die langjährige Wirtin des «Central». Gleichwohl ist sie froh, wenn die versprochenen Zahlungen ­eintreffen. In einer etwas komfortableren Situation befindet sich auch das «Pöstli» im Aeugstertal. Dadurch, dass das Haus im Eigenbesitz sei, falle für sie und ihren Ehemann kein hoher Pacht-, sondern ein überschaubarer Hypothekarzins an. sagt Sabina Lehner. Mit Ersparnissen, den Kurzarbeits- und Erwerbsausfall-Entschädigungen sei man bisher gut über die Runden gekommen. Ihr sei jedoch auch bewusst, dass es andere Wirte deutlich schwieriger hätten, weil für sie monatlich die Miete für das stillgelegte Lokal anfalle. «In diesem Sinne sind wir wirklich privilegiert.»

Bis die Gelder ausbezahlt werden, dauert es einige Wochen

Bis die Gelder auf den Konten der Wirtinnen und Wirte eintreffen, dürfte es noch einige Wochen dauern. Die rund 100000 erwarteten Gesuche seien für die Kantone eine logistische Herausforderung, gab Ueli Maurer zu bedenken. Robert Habegger vom Restaurant Schönegg sagt, er sei derzeit glücklicherweise noch in der Lage, die laufenden Kosten zu decken, bis das Geld fliesse. «Für jene, die das Messer bereits am Hals haben, ist es dann aber wohl bereits zu spät.» In einer Medienmitteilung schrieb GastroSuisse Anfang Woche, gemäss einer Umfrage werde die Hälfte aller Betriebe bis Ende März eingehen, sollten nicht sofort finanzielle Hilfen gesprochen werden. So prekär gestaltet sich die Lage beim «Central», «Pöstli» oder «Schönegg» nicht, Tiziano Tuozzo hingegen sagt, für sein noch ­junges «Milia’s» wäre es nach März ­vermutlich schwierig geworden. Von der Solidarität und Unterstützungsbereitschaft, die er von seinen Gästen bis heute erfahren habe, sei er immer wieder aufs Neue überwältigt. Das motiviere ihn und mache Mut, so Tuozzo.

Im Bezirk Affoltern habe es im letzten Jahr aussergewöhnlich viele Konkursverfahren gegeben, sagt Notar Roman Schneebeli auf Anfrage. Eine Häufung im Gastrobereich sei jedoch nicht ersichtlich, sagt er. Direkt mit den Corona-Massnahmen möchte Schneebeli diese Fälle nicht in Verbindung bringen. Dass die Einschränkungen der letzten Monate jedoch einen Anstieg der Konkursverfahren nach sich ziehen werden, damit rechnet auch das Notariatsinspektorat. Um die Ämter zu entlasten, wurde ­inzwischen eine zehnköpfige mobile Equipe zusammengestellt. Diese soll die verschiedenen Konkursämter im Kanton unterstützen, sobald es zu einem ­Anstieg der Fallzahlen kommt. 
 

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