Der eine Schluck zu viel

Die Schluck-Bar in Bonstetten bleibt bis auf Weiteres geschlossen: die Hintergründe

Ob die Gäste der Schluck-Bar je wieder gemeinsam im Garten ein Fussballspiel schauen können, wie hier an der WM 2014, steht in den Sternen. (Bild Kaspar Köchli)
Ob die Gäste der Schluck-Bar je wieder gemeinsam im Garten ein Fussballspiel schauen können, wie hier an der WM 2014, steht in den Sternen. (Bild Kaspar Köchli)

Die Schluck-Bar liegt direkt an der Grenze zwischen Bonstetten und Wettswil, in der Mischzone beim Bahnhof. Konzipiert als Apéro-Bar, hat sie seit ihrer Eröffnung ein gemischtes Publikum angezogen. Geschlecht, Alter und sozialer Hintergrund schienen keine Rolle zu spielen. Die Leute kamen in Gruppen oder allein – aus Bonstetten, Wettswil und Stallikon oder von weiter her.

Die Gemeinde Bonstetten hatte vor der Eröffnung eine provisorische Bewilligung für drei Jahre ausgestellt. Im Jahr 2008 hatte der Wettswiler Ernst Kull gegenüber dem «Schluck», an der Stationsstrasse 76 und 78 zwei Häuser mit mehreren Mietwohnungen gebaut. «Ich habe damals die Baubewilligung angeschaut aber keinen Rekurs gemacht. Ich fand die Idee einer Apéro-Bar eigentlich gut, erwartete aber nicht solche negativen Begleiterscheinungen», erklärt Erst Kull. Die Idee der Apéro-Bar kam auch bei der Bevölkerung gut an und bald wurde der «Schluck» zum Stammlokal zahlreicher Vereine und Privatpersonen. «Gerade Einzelpersonen sind oft spontan in die Schluck-Bar gekommen, da hier jeder schnell Anschluss fand», erklärt der Besitzer Peter Stüssi.

Nachbarn müssen früh aufstehen

Durch die gute Stimmung und die lockere Atmosphäre, blieben die Gäste auch gerne einmal unter der Woche etwas länger sitzen und damit auch die Raucher im Freundeskreis auf ihre Rechnung kamen, oft draussen. Ein Nachbar, der seit Dezember 2008 gegenüber des Bar wohnt, erläutert seine Erfahrungen: «Jeden Sommer wurde der Lärm der Schluck-Bar schlimmer. Am Wochenende hatte ich mit den Lärmemissionen nie ein Problem, doch auch unter der Woche wurde jeden Monat mehrfach bis nach Mitternacht gefeiert. Ich muss jeden Morgen um sechs Uhr aufstehen – was viele der Feiernden wohl nicht mussten. Wir waren kurz davor auszuziehen, wegen der Lärmbelästigung.» Er sei zwar nie direkt beim Schluck-Betreiber vorstellig geworden, dafür bei Ernst Kull, seinem Vermieter und den Gemeinden Bonstetten und Wettswil. Wenn es unter der Woche ab 22 Uhr ruhiger würde und um Mitternacht wirklich die letzten Kunden weg wären, würde für ihn der Wiedereröffnung der Schluck-Bar jedoch nichts im Weg stehen.

Schön, eine Apéro-Bar vor der Haustüre zu haben

Es fühlten sich jedoch nicht alle Anwohner vom «Schluck» belästigt. Kurt Wobmann, Vorstand der SVP Wettswil meint: «Obwohl ich nicht Stammgast in der Apero-Bar war, bedaure ich die Schliessung des Lokals sehr. In der Nähe des Bahnhofs und der Park & Ride Parkplätze war es an einem optimalen Ort und erfüllte ein wichtiges soziales Bedürfnis im Unteramt. Mangels Alternativen müssen sich die Leute jetzt in Zürich treffen.» In seinem Schlaf gestört habe ihn der «Schluck» nie und er hoffe, dass er bald wieder öffnen könne.

Gesetze sollen respektiert werden

2012 lief die befristete Bewilligung des Betriebs aus und Schluck-BesitzerPeter Stüssi reichte ein neues Baugesuch ein, das 2013 vom Kanton bewilligt wurde. Ernst Kull erhob dagegen beim Baurekursgericht Einspruch, da sich seine Mieter vom Lokal gestört fühlten und Schluck-Kunden die Park & Ride Parkplätze benutzten. Ernst Kull erläutert: «Ich habe es immer wieder bilateral versucht, mit dem Betreiber und auch die Gemeinde schien nichts ausrichten zu können, deshalb habe ich den Rechtsweg eingeschlagen. Ich verlange nur, dass die Betreiber sich an die geltenden Gesetze halten.»

Peter Stüssi sieht sich seinerseits im Recht: «Wir haben neue Parkplätze eingerichtet, haben ein Lärmgutachten erstellt, das keine übergebührende Belastung der Nachbarschaft durch den Betrieb attestiert und haben uns immer Mühe gegeben, unsere Kunden Nachts zur Ruhe zu ermahnen. Dazu kommt, dass wir uns hier in einer Mischzone, an einer Hauptstrasse in Bahnhofsnähe befinden. Hier wohnt man, wenn man zentral wohnen will, nicht wenn man Ruhe sucht.»

Die Interessen der Vielen

Markus Fischer, der Präsident des FC Wettswil-Bonstetten bedauert die Schliessung des Schlucks sehr: «Aufgrund von Reklamationen von Anwohnern fehlt jetzt im Unteramt ein Treffpunkt für alle. Toleranz scheint in unserer Gesellschaft zu erodieren. Schlussendlich müsste doch das Wohl der Vielen stärker gewichtet werden, als das Wohl der Wenigen.»

Auch der Wettswiler Gemeindepräsident, Hanspeter Eichenberger, bedauert die Streitigkeiten: «Gerade Gruppen von Frauen schienen sich in der gemütlichen und anständigenAtmosphäre des Schlucks sehr wohl zu fühlen. Gerade für sie gibt es wenige Ausweichmöglichkeiten in der Region. Schlussendlich ist es auch in diesem Fall eine Frage der Verhältnismässigkeit. Wenn sich die Schluck-Gäste draussen um Ruhe bemühen und die Anwohner auch einmal ein Auge zudrücken, dann haben in der Mischzone Wohnen und Gastronomie nebeneinander Platz.»

Das Baurekursgericht entscheidet

Um der Lärmproblematik entgegenzuwirken, hat Peter Stüssi in der neuen Baubewilligung einen Ausbau eingegeben. Ein Viertel des Schlucks würde bei Erteilung der Bewilligungg als Raucherlokal geführt. Wann und ob der Aus- und Umbau realisiert und der «Schluck» wiedereröffnet werden kann, ist noch offen. Der Bonstetter Gemeindeschreiber Primus Kaiser erklärt: «Wenn das Baurekursgericht entschieden hat, werden wir mehr wissen. Bis dann kann weder weitergebaut noch eröffnet werden.» Momentan sammeln zahlreiche Unterämtler Vereine Unterschriften für eine Petition zur Erhaltung der Schluck-Bar.

 

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