Bald der beste Biersommelier der Welt?

Bier ist seine grosse Leidenschaft. Gregor Völkening braut seit Jahren seine eigenen Biere. Eignet sich etliches Fachwissen über das Kulturgut Bier an, schult seine Geschmacksnerven, um Bierstile aus aller Welt zu erkennen. So gerüstet, versucht er den Weltmeistertitel als Biersommelier zu erringen.

In seinem Keller braut Gregor Völkening seine speziell aromatisierten Biere. <em>(Bild Stefan Schneiter)</em>
In seinem Keller braut Gregor Völkening seine speziell aromatisierten Biere. <em>(Bild Stefan Schneiter)</em>

Seit Monaten dreht sich bei Gregor Völkening alles ums Bier. In seiner Freizeit liest er alles, was ihm in die Finger kommt, über Bier. Er kauft sich Dutzende von Bieren zusammen, degustiert und analysiert sie. Regelmässig trifft er sich zu Trainings mit andern Biersommeliers, um Bierstile und Bier-Flavours richtig zuzuordnen und Bierpräsentation zu üben. Das alles, um an diesem Freitag perfekt vorbereitet zur Weltmeisterschaft der Biersommeliers antreten zu können.

In Rimini (Italien) findet diese WM statt. 80 Biersommeliers aus 18 Nationen werden antreten. Vier von ihnen sind Schweizer. Der 39-jährige Gregor Völkening aus Affoltern gehört zu ihnen. Im vergangenen November hat er sich an der Schweizer Meisterschaft in Bern für die WM qualifiziert. Er erreichte dort den 4. Platz, der ihn zur Teilnahme an der WM berechtigt. Ausserdem gehört er seither der vierköpfigen Schweizer Nationalmannschaft an.

An der WM müssen die Teilnehmer ihre Fähigkeiten in den Bereichen Fachwissen, Sensorik und Bierpräsentation unter Beweis stellen. In der Vorausscheidung sind theoretisches Wissen rund ums Bier gefragt wie auch sensorische Fähigkeiten im Erkennen von Bierstilen und -geschmäckern. Die zehn Besten treten dann im Halbfinal und Final gegeneinander an. Dabei erhalten sie ein ausgewähltes Bier zugeteilt, über das sie dann vor einer Fachjury sieben Minuten lang in einer gekonnten Präsentation referieren müssen. «Als Biersommelier muss man ein guter Geschichtenerzähler sein», sagt Gregor Völkening. «Man muss sich auf die Bühne stellen und die Leute unterhalten, indem man möglichst spannend und kenntnisreich über Bier erzählt.» Woher stammt das Bier, welche Geschichte hat es, ist es obergärig oder untergärig, blond, braun, schwarz, zu welchem Essen passt es am besten – zu all diesen Fragen gilt es, überzeugende Antworten zu finden und diese in einer virtuosen Präsentation darzulegen. Auf eine gute Körpersprache und sympathische Ausstrahlung ist zu achten. Wer die Botschaft von Bierkultur und -vielfalt am besten zu inszenieren weiss, wird zum Sieger und somit neuen Weltmeister der Biersommeliers.

Die Begeisterung für Bier nahm bei Gregor Völkening nach Beendigung des Studiums als Maschinenbauingenieur ihren Anfang. Damals, 2003, noch auf der Suche nach einem Job, stiess er in einer Buchhandlung auf ein Buch über Hobbybrauen. «Das wäre noch was», fand er und legte sich ein kleines Starterkit für Brauen in den eigenen vier Wänden zu. Immer mehr wuchs er in sein Hobby hinein. Belegte einen Braukurs für Fortgeschrittene, kaufte sich eine bessere Brauanlage, eine «Brau-Eule» mit Zwei-Pfannen-Sudwerk. legte sich Gärfässer zu und all die diversen Zutaten, die für ein ambitiöses Brauen notwendig sind. Den Hopfen baut er inzwischen selber im Garten an. Immer mal wieder nahm er an Hobby-Brauerwettbewerben teil und gewann mehrfach Preise.

Heute braut er ein- bis zweimal pro Monat im eigenen Keller. «Rund 400 Liter im Jahr. Das ist die Höchstgrenze», erzählt Völkening, «wären es mehr, müsste ich mich als Brauerei anmelden und Steuern zahlen.» Er stellt verschiedenste Biere her, «querbeet alles – ausser klassisches Lagerbier, das können professionelle Brauer besser produzieren als Hobbybrauer.»

Koriander- und Orangenschalenbier

Gern probiert er speziell aromatisierte Biere aus, mischt Früchte, Kräuter, Gewürze wie Koriander oder Orangenschalen mit rein, auch Quitten oder Kürbisse. «Ich experimentiere gern mit Bieren, die man kaum im Handel findet.» Die Rezepte schreibt er sich genau auf, hält in Protokollen auf die Minute genau den jeweiligen Herstellungsprozess fest. Alle Rezepte, rund 60, hat er ordentlich in einem Ordner abgelegt. Im grossen Kühlschrank im Keller hält er hunderte frisch gebrauter Biere aufbewahrt, jede Flasche mit Braudatum, Stammwürze- und Alkoholgehalt beschriftet.

Bier aus dem Säuliamt

Von Beruf ist Völkening Projektleiter bei den SBB. Nun möchte er aber auch kommerziell ins Biergeschäft einsteigen. Er kreierte die Rezeptur für das neue Säulämtler-Bier. Dieses bringt er, zusammen mit Mitinitiator Christian Bachmann aus Stallikon, auf Ende Jahr in den Verkauf. Das «Söilibröi» wurde Anfang August in der Einhorn-Brauerei in Hünenberg (ZG) produziert und gärt nun dem Verkaufsstart entgegen. 5000 Flaschen sind vorerst eingeplant. Kommt das Bier gut an, wird die Produktion fortgesetzt.

Zunächst aber steht die Biersommelier-WM an. Was, wenn Gregor Völkening gewinnt? Will er dann professioneller Biersommelier werden? Nein, das nicht. Der Affoltemer trägt sich mit dem Gedanken, den Lehrgang «Master of Beer» in Deutschland zu belegen. Teilzeitberuflich könnte er sich vorstellen, an Firmenevents als Sommelier Schweizer Biermarktpräsentationen vorzunehmen, als Juror bei Bierwettbewerben oder als Berater im Bier-Onlinehandel mitzuwirken.

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