Abhängigkeiten in Zeiten der Corona-Pandemie

Suchtberatung findet wegen des Coronavirus unter erschwerten Bedingungen statt. Man lasse die Menschen aber nicht alleine, betont Suchtberater Max Lenzi von der Suchtberatung des Sozialdienstes Bezirk Affoltern.

Max Lenzi, Suchtberater des Sozialdiensts Bezirk Affoltern, versichert: «Wir lassen die Menschen auch jetzt nicht alleine!» (Bild zvg.)
Max Lenzi, Suchtberater des Sozialdiensts Bezirk Affoltern, versichert: «Wir lassen die Menschen auch jetzt nicht alleine!» (Bild zvg.)

«Die Medien sind voll davon und viele Fachpersonen warnen davor: In den nächsten Tagen und Wochen werden die Meldungen zu häuslicher Gewalt und zu Drogenmissbräuchen massiv zunehmen», schickt Psychologe Max Lenzi, Suchtberater des Sozialdienstes Bezirk Affoltern, vorneweg. Schliesslich würden diese beiden Umstände vielfach zusammenhängen, fügt er an und meint schmunzelnd: «Schon Wilhelm Busch hat seinerzeit in der ‹frommen Helene› festgehalten: ‹Wer Sorgen hat, hat auch Likör.›» Die Welt, so Lenzi weiter, habe sich in dieser Hinsicht offenbar noch nicht wirklich weiterentwickelt.

Fehlende Tagesstrukturen können zu Mehrkonsum führen

Die Zeit, in der man keine Kontrolle über den Alltag hat, ist selbstredend für alle belastend. Viele Personen, die nun gezwungenermassen die meiste Zeit zu Hause verbringen müssen und keiner Arbeit mehr nachgehen dürfen, fällt nach kurzer Zeit die Decke auf den Kopf. Lenzi: «So schön es im Vorfeld ausgesehen haben mag – endlich einmal ein paar Tage ohne Arbeitsstress zu Hause verbringen zu können –, desto stärker fällt schon bald die Erkenntnis aus, dass dies schnell langweilig wird. Die ersten Tage auf dem Balkon, vielleicht zur Entspannung mit einem Glas Rotwein oder einem Bier in der Hand, es kann aber auch ein Joint sein, sind noch toll. Aber bald reichen ein Glas oder ein Joint nicht mehr und bald schon wird der Konsum deutlich mehr.»

Das Risiko, mehr Alkohol zu trinken oder vermehrt Joints zu rauchen, um sich selbst runterzuholen, sei entsprechend ganz klar erhöht. Fehlt die Tagesstruktur, kann das zu mehr Konsum führen – und das gilt selbst für Menschen, die bisher kein Suchtproblem hatten.

Mehr Krisen – Beratung gewährleistet

«Und mit diesem Mehrkonsum fangen die Probleme an», weiss Max Lenzi und erklärt: «Entweder sind Partnerinnen, Partner und Familienmitglieder unzufrieden und beginnen, dieses Verhalten zu kritisieren, was schliesslich gar zur häuslichen Gewalt ausarten kann. Manchmal ahnt die oder der Betroffene aber auch selber, dass der Konsum deutlich zu viel geworden ist. Experten rechnen deshalb grundsätzlich mit mehr Krisen – «und diesbezüglich machen uns auch die Familien, vor allem die Kinder suchtkranker Eltern Sorgen», hält der Suchtberater des Sozialdienstes Bezirk Affoltern fest.

Die Frage wieviel «zu viel» beim Suchtmittelkonsum wirklich «zu viel» ist, lässt sich anhand von ehrlichen Selbsttests unschwer feststellen. Der «Anzeiger» hat Max Lenzi gebeten, die Online-Adressen einiger dieser in- und ausländischen Selbsttests zur Publikation zusammenzutragen. Wer seinen Konsum lieber nicht im Internet überprüfen lassen will, hat auch Möglichkeiten, dies mit seinem Smartphone zu tun. Sowohl unter iOS wie auch bei ­Android gibt es verschiedene Apps, die dabei hilfreich sind.

Und was kann man tun, wenn man wirklich feststellt, dass der eigene Konsum oder derjenige des Partners, der Partnerin oder der Kinder nicht mehr im «normalen Rahmen» verläuft? Max Lenzi: «Die Suchtberatungsstelle des Bezirks Affoltern ist auch in diesen schwierigen Zeiten für die Menschen da – telefonisch, per E-Mail oder auch persönlich. Letzteres natürlich unter Wahrung aller notwendigen Schutzmassnahmen.»

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