Die Geschichte der jüngsten Panzersperre der Schweiz

Kappel: spannende Maturaarbeit von Flurin Baumann

Flurin Baumann steht im Graben vor der Panzersperre Islisberg bei Kappel. Links von ihm ein Betonelement der Sperre, gut getarnt mit einer – ökologisch wertvollen – Hecke, dahinter der Wald als natürliche Panzersperre. (Bild Bernhard Schneider)

Flurin Baumann hat seine ganze Primarschulzeit in Kappel verbracht und von hier aus die Kantonsschule Zug besucht, die er nun mit der Matura abgeschlossen hat. In seiner Maturaarbeit im Fach ­Geschichte untersucht er den Weg der Panzersperre, die sich bei Islisberg ­zwischen den Gemeinden Kappel und Baar befindet, von einem Instrument der Landesverteidigung zu einem ­Naturschutzobjekt.

Recherche nach Jungschützenkurs

Auf dem Weg zur Kantonsschule fuhr er täglich an der Panzersperre vorbei. Beim Jungschützenkurs in Kappel erfuhr er, dass diese Panzersperre die ­letzte derartige Anlage ist, die in der Schweiz gebaut wurde. «Allein die Recherche, ob diese Aussage stimmt, war unerwartet aufwendig», erzählt er, denn die Informationen über die Panzer­sperren waren als geheim klassifiziert. Doch seine Anfragen bei Armasuisse zeitigten einen erstaunlichen Erfolg: «Am 30. August letzten Jahres wurden die Dokumente freigegeben, am Tag darauf erhielt ich sie per E-Mail ­zugesandt.»

Bereits in der Primarschule faszinierten ihn Festungsbauten. Ein Projekt, das er damals umsetzte, war der Bau eines Modells der Festung Fürigen bei Stansstad, das er mit einem Vortrag vor der Klasse vorstellte. In der Rekrutenschule allerdings möchte er sich nicht mit Festungen auseinandersetzen; er will in die Militärmusik, demnächst steht das Vorspielen an.

Die Funktion der Panzersperren war das Verlangsamen eines Panzerangriffs, erläutert Flurin Baumann. Sie waren eine dem Reduit vorgelagerte Verteidigungslinie und hatten die Funktion, die Innerschweiz gegen Angriffe zu schützen. Das System verband natürliche Hindernisse wie Wälder und Gewässer miteinander, wobei Geschützeinheiten – in diesem Fall Festungsminenwerfer, stationiert bei Brüggen-Rohrholz zwischen Kappel und Hauptikon – die Sperren absicherten. Die Sperre war so angelegt, dass ein potenzieller Angreifer Zug nicht ins Blickfeld bekommen hätte.

Ökologisch wertvolle Hecke

Noch während des Baus der Panzer­sperre bei Kappel fiel die Berliner Mauer am 9. November 1989. Die Panzersperre Islisberg wurde zwar 1990 fertiggestellt, doch die Pläne für umliegende Panzersperren, die zum gleichen Verteidigungssystem gehörten, wurden eingestellt. Zuerst pachtete ein Landwirt das Land und legte eine Hecke an. Damit schützte er einerseits sein Land, anderseits schuf er einen Korridor im Rahmen der ökologischen Vernetzung, um verschiedenen Arten Lebensraum und Schutz zu gewähren. Und aus militärischer Sicht tarnte die Hecke die Anlage.

Anschliessend übernahm Pro Natura die Hecke, um sie optimal zu pflegen im Hinblick auf die Biodiversität. Flurin Baumann verglich sie mit der Panzersperre Mülibach in Hausen und kam zum Schluss: «Damit das Land nicht unkontrolliert verwildert, ist eine Pflege rund um die Sperre unabdingbar. Man sieht, dass die Sperre Mülibach komplett überwachsen ist und der Kräutersaum fehlt. Die Variabilität der Pflanzenarten ist kleiner und die Hecke ist deutlich höher als in Islisberg. Der Graben ist bereits fast vollständig zugeschüttet. Ich bin schon oft mit dem Fahrrad dort durchgefahren und mir ist, anders als bei Islisberg, zuvor nie aufgefallen, dass es dort eine Panzersperre gibt, weil sie so überwuchert ist.»

Panzersperren seien zwar noch immer sehr effektiv zur Abwehr von Panzern und könnten deshalb keineswegs als veraltet bezeichnet werden, aber «man sieht jedoch die reelle Gefahr eines Angriffs nicht und benutzt das Geld, welches für den Unterhalt und Bau der Sperren nötig wäre, lieber für andere innenpolitische Angelegenheiten.» Doch dies könne sich ändern, auch die Schweiz könne sich der Entwicklung, angesichts des Ukrainekriegs die Verteidigung wieder zu stärken, nicht entziehen. In der Abwägung bei der Verwendung der Mittel etwa mit Cybersecurity oder der Luftwaffe hätten Panzersperren allerdings schlechte Karten.

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