«Dieser Kran ist unser Flaggschiff, es macht stolz, ihn fahren zu dürfen»

Sommerserie «Hoch hinaus», Teil 5: 65 Meter über dem Boden mit Kranführer Loris Pat

Bis das Hubseil eingefädelt und der Turmdrehkran betriebsbereit ist, braucht es noch einige Arbeitsschritte auf dem Ausleger des Krans.

Bis das Hubseil eingefädelt und der Turmdrehkran betriebsbereit ist, braucht es noch einige Arbeitsschritte auf dem Ausleger des Krans.

Beim Platzieren des Grundballasts auf dem Unterwagen des Turmdrehkrans ist Millimeter-Arbeit gefragt. Links im Bild Kranführer Loris Pat. (Bilder Marcus Weiss)

Beim Platzieren des Grundballasts auf dem Unterwagen des Turmdrehkrans ist Millimeter-Arbeit gefragt. Links im Bild Kranführer Loris Pat. (Bilder Marcus Weiss)

Es ist ruhig in Affoltern an jenem ­Donnerstagabend der ersten Schulferien­woche, doch auf der Baustelle Brauipark bahnt sich Grosses an: Lastwagen stauen sich vor der Einfahrt zum Gelände, riesige Kranteile werden angeliefert, ein Mobilkran ragt weithin sichtbar in den Himmel. «Heute wird unser Flaggschiff hier aufgebaut, ein MDT 389», strahlt Loris Pat bei der Begrüssung.

Vor drei Jahren habe sein Arbeitgeber diesen Turmdrehkran angeschafft, und das Gerät sei ihm mittlerweile richtig ans Herz gewachsen. Erst Tage ist es her, seit Pat sich mit dem Kran zum letzten Mal auf der Schulhausbaustelle Wiesental in Baar Lasten in luftige ­Höhen bewegt hat, nun soll der Braui­park für ungefähr zwei Jahre der neue ­Arbeitsplatz für das perfekt eingespielte Gespann aus Mensch und Maschine werden.

Im Hintergrund macht sich der ­Motor des Mobilkrans mit einem melodischen Brummen bemerkbar, und der Haken senkt sich zum bereits montierten sogenannten Unterwagen des Turmdrehkrans herab. «Nun folgt ein grosser Moment», erklärt der Kranführer und schaut prüfend auf die Szenerie. «Wir werden den Unterwagen jetzt in einem Stück in die Baugrube heben», führt Loris Pat aus und eilt in Richtung des Geschehens. Er, der selbst bei der Montage seines riesigen Arbeitsgeräts mit anpackt, möchte das Montageteam in dieser entscheidenden Phase unterstützen. Bald schon schwebt der tonnenschwere Fussteil des Turmdrehkrans über der Baugrube und wird sachte zum vorbereiteten Fundament hin abgesenkt. Keine Hektik ist auf dem Platz zu spüren, routiniert und ruhig verrichtet das Team der Schweizer Vertretung des Kranherstellers Handgriff für Handgriff. Nachdem der Unterwagen mithilfe von speziellem Werkzeug am Fundament festgeschraubt ist, folgt das Platzieren der passgenau angefertigten Betonplatten, des sogenannten Grundballasts. Dank dieser Gewichtselemente am Fuss wird der hohe Kran in allen Situationen sicher auf dem Platz stehen.

«Ich hätte nie gedacht, einmal Kranführer zu werden»

Am nächsten Vormittag, beim zweiten Besuch auf der Baustelle, hat sich die Kulisse gewandelt, sie ist noch ein gewaltiges Stück eindrucksvoller geworden. Der am Vortag eingesetzte Mobilkran hat Affoltern verlassen und einem grösseren Modell Platz gemacht, das für die Montage der Turmdrehkran-Teile in 65 Metern Höhe geeignet ist. «Wir haben gestern noch lange gearbeitet, und ich war heute schon wieder früh auf der Baustelle», erzählt Loris Pat bei der Begrüssung. Das Ergebnis ist unübersehbar, der Turm ist fertig montiert und überragt nun den Bezirkshauptort. Gerade ist der Gegenausleger des Turmkrans nach oben gehievt worden, jener rückwärtige Arm des Hebegeräts, der später die Betonelemente des Gegen­gewichts tragen wird. Am Morgen habe er noch die Scheiben seiner Kranführerkabine geputzt, damit bei Einsatzbeginn alles tipptopp sei und er immer klare Sicht auf den Brauipark habe, berichtet der Kranführer. Man sieht ihm an, dass dieser Kran für ihn nicht «nur» ein ­Arbeitsgerät ist, sondern er auch emotional an der Maschine hängt, vergleichbar mit dem Verhältnis eines Fernfahrers zu seinem Truck. Hat er bereits als Kind davon geträumt, einmal in einer Kranführerkabine zu sitzen? «Nein, ich hätte nie gedacht, dass ich einmal Kranführer werden würde, obwohl mich Krane eigentlich schon immer fasziniert haben.» Er habe ursprünglich Maurer gelernt und sich erst später zu diesem Beruf umschulen lassen.

Der Kranführer reagiert intuitiv auf die Bewegungen seiner Maschine

Jetzt folgt der wohl spannendste Teil der Kranmontage, der 75 Meter lange Hauptausleger wird in die Höhe gehoben. Loris Pat beobachtet die Szene mit Argus­augen und eilt dem Montageteam zur Unterstützung entgegen, denn beim Abheben vom Boden darf sich auf keinen Fall etwas verhaken. Mit einem Seil, das an einem Auslegerende angebracht ist, dirigiert ein Kranmonteur vom Boden aus die Drehbewegung des mit 17 Tonnen schwersten Einzelstücks dieser Montage. In luftiger Höhe greifen dann die starken Arme eines seiner Kollegen vom Kranturm aus nach dem inneren Ende des Auslegers und lenken ihn sachte zu der Stelle, wo er befestigt werden muss, vergleichbar mit einem Boot, das zu seiner Anlegestelle gezogen wird. Pat atmet auf und blickt zufrieden nach oben, wo sich nun die markante Silhouette «seines Turmdrehkrans vor dem wolkenlosen Himmel abzeichnet. Mit dem Mobilkran (der seinerseits mit 90 Tonnen Gegengewicht beschwert ist) werden nun noch die restlichen Gegengewichtselemente in die Höhe gehievt. Die mit «3070 kg» beschrifteten Betonblöcke müssen am Boden mit besonderer Vorsicht bewegt werden, damit ­niemand in Gefahr gerät, erdrückt zu werden.

Einmal oben auf dem Turmdrehkran, treten sie in dem filigran anmutenden Gegenausleger nur noch wie eine schmale Reihe von Dominosteinen in Erscheinung. Loris Pat deutet nach oben und erklärt, wie nun noch das Hubseil eingefädelt werden muss, damit der Kran betriebsbereit wird. Wie fühlt es sich eigentlich an, als Kranführer in solchen Höhen zu arbeiten, hat er bei den Schwankungen seines Hebezeugs nie ein mulmiges Gefühl? «Nein, dieses Kranmodell ist ziemlich stabil, und wenn man lange Kran fährt, reagiert man ­intuitiv auf die Schwankungen, ohne dass einem dabei unwohl wird», antwortet er. Einmal mehr spürt man, dass das «Flaggschiff» der Bauunternehmung bei ihm in den richtigen Händen ist.

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