Ein Schuljahr voller Kunst
In Stallikon haben Kinder Werke berühmter Kunstschaffender in eigenen Projekten nachempfunden
Die Tagesstrukturen Stallikon (TaSS) haben ihr diesjähriges Jahresthema ganz der Kunst gewidmet. Inspiriert von bekannten Künstlerinnen und Künstlern gestalten die Kinder eigene Werke – vom farbenfrohen Bild bis zum fantasievollen Modellbau. Silvia Muff, Leiterin der TaSS, berichtet über die Hintergründe, den pädagogischen Ansatz und die kreative Reise, die mit einer Vernissage Ende Juni ihren Abschluss findet.
«Anzeiger»: Silvia Muff, wie entstand die Idee, Kunst zum Jahresthema zu machen?
Silvia Muff: Wir wählen jedes Jahr ein pädagogisches Schwerpunktthema, das für alle Mitarbeitenden gilt. Dieses stimme ich jeweils mit den Gruppenleitungen ab. In diesem Jahr wollte ich ein Thema, das die Selbstkompetenz der Kinder stärkt. Da ich selbst künstlerisch tätig bin, lag Kunst als Jahresthema nahe – ich kann das Team und die Kinder bei Bedarf gut unterstützen.
Nach welchen Kriterien wurden die Künstlerinnen und Künstler ausgewählt, mit denen sich die Kinder auseinandersetzen?
Wir haben auf kindgerechtes Material zurückgegriffen – zum Beispiel auf das Mitmachbuch «Kunst» für Kinder, Videobeiträge und Inputs von Fachpersonen. So entstand ein vielseitiger Zugang zur Kunst. Ein besonderes Highlight war der Besuch der Hundertwasser-Markthalle in Altenrhein – als Abschluss unserer intensiven Auseinandersetzung mit seinem Werk.
Welche Altersgruppen machen mit und wie viele Kinder betreuen die TaSS?
Das Jahresprojekt umfasst vier altersdurchmischte Gruppen sowie eine zusätzliche Lunchgruppe wegen der grossen Nachfrage. Insgesamt betreuen die Tagesstrukturen Stallikon rund 190 Kinder – vom Kindergartenalter bis zur 6. Klasse.
Wie wird die Kreativität der Kinder konkret gefördert?
Die Kinder lassen sich von den Kunstwerken inspirieren, reflektieren, probieren Neues aus und entwickeln eigene Ideen. Es geht nicht um Perfektion, sondern um Ausdruck. Besonders in der Gruppe der 2. bis 4. Klasse wurde das Projekt regelrecht zum Selbstläufer. Die Kinder gestalteten fantasievolle Werke mit Mosaiksteinen – inspiriert von Hundertwasser. Es sind Arbeiten entstanden, die viel über Kreativität und Zusammenarbeit aussagen – weit über das reine Kopieren hinaus.
Gab es Künstler, die bei den Kindern besonders gut ankamen?
Ja, Friedensreich Hundertwasser war sehr beliebt – seine verspielte und farbenfrohe Bildsprache spricht Kinder direkt an. Aber auch Paul Klee, Pablo Picasso, Wassily Kandinsky, Edvard Munch, Vincent van Gogh und Bruno Weber kamen gut an. Besonders eindrücklich war der Zugang zu Richard Long, einem Vertreter der Land Art. Der Engländer arbeitet mit Schlamm, Steinen und anderen Naturmaterialien. Anfangs waren einige Kinder noch zurückhaltend – doch als sie mit den Händen im Schlamm arbeiten durften, wich die Scheu schnell echter Begeisterung. Entstanden ist daraus eine Kreation auf einem grossen Leintuch.
Welche Kompetenzen möchten Sie mit diesem Projekt fördern?
Kunst fördert nicht nur Kreativität und Feinmotorik, sondern auch soziale, sinnliche und ästhetische Erfahrungen. Die Kinder stärken ihre Persönlichkeit und ihr Selbstbewusstsein, erleben Gemeinschaft und entwickeln ein Gespür für Ausdruck und Gestaltung. Gleichzeitig werden Teamarbeit, Beziehungen zu Betreuungspersonen und die Öffentlichkeitsarbeit gestärkt.
Gab es besondere Herausforderungen oder überraschende Momente?
Natürlich gab es anfangs kleinere Hürden – einige Kinder mussten erst den Zugang zur Kunst finden. Aber oft hat sich das schnell gelegt. Besonders berührend war der Moment, als ein Kind mit besonderen Bedürfnissen beim Bau eines Modells richtig aufblühte. Die anderen Kinder unterstützten es tatkräftig. Es wurde klar: Hier zählen nicht Schulnoten, sondern andere, ebenso wichtige Fähigkeiten.
Was erwarten die TaSS mit und nach der Vernissage?
Die Vernissage ist der Abschluss des Projekts. Sie findet Ende Juni statt. Ob sich der grosse Aufwand gelohnt hat, evaluieren wir danach gemeinsam. Aber schon jetzt zeigt sich: Die Begeisterung und das Engagement der Kinder sprechen für sich. Sie überlegen sogar, eine dauerhaft bemalbare Wand einzurichten.
Wird es ein Folgeprojekt geben?
Wir setzen jedes Jahr einen neuen pädagogischen Schwerpunkt, der sich aus unserem Konzept ableitet. Ob Kunst künftig wieder eine Rolle spielt, ist offen. Wichtig ist, dass wir gemeinsam an einem Ziel arbeiten – das stärkt den Teamgeist und fördert den Austausch. Dieses Jahr hat gezeigt, wie verbindend und kraftvoll Kunst sein kann.
Die Vernissage findet am Freitag, 27. Juni, von 19.30 bis 21 Uhr im Foyer der Turnhalle des Schulhauses Loomatt in Stallikon statt
Tagesstrukturen Stallikon (TaSS)
Die Tagesstrukturen Stallikon (TaSS) sind Teil der Primarschule Stallikon und bieten eine schulergänzende Betreuung für Kinder vom Kindergarten bis zur Mittelstufe. Die Betreuung findet auf freiwilliger und kostenpflichtiger Basis vor und nach dem Unterricht statt – jeweils nach Anmeldung. Da die TaSS keine Ferienbetreuung anbieten, haben Kinder der Schule Stallikon die Möglichkeit, während der Schulferien die Horte in Bonstetten und Wettswil zu besuchen. Die TaSS unterstützen die Kinder in ihrer persönlichen und sozialen Entwicklung, fördern ihre Kreativität, motorische Fähigkeiten und Selbstständigkeit. In einem strukturierten und zugleich inspirierenden Umfeld erleben die Kinder Gemeinschaft und werden individuell begleitet. (net)