Seit zehn Jahren Entwicklung ermöglichen
Morgen Samstag, 20. Juni, hätte der Verein Gemeinsam statt Einsam (GsE) in Affoltern sein zehnjähriges Bestehen feiern wollen. Das Fest musste zwar abgesagt werden, die Angebote kommen aber langsam wieder in Schwung.

Nach den Frühlingsferien nahm das Flick-Atelier wieder den Betrieb auf, seit zehn Tagen ist auch der Treffpunkt wieder aktiv. «Das Runterfahren war nicht so schwierig wie das Hochfahren», sagt Eveline Hedinger, Präsidentin des Vereins «Gemeinsam statt Einsam» (GsE) in Affoltern. Viele der freiwilligen Mitarbeitenden sind in der Corona-Hochrisiko-Gruppe, was das Organisieren schwieriger macht. Noch nicht reaktiviert wurde deshalb der besonders personalintensive Mittagstisch. Stattdessen werden nach wie vor Lebensmittel für einen symbolischen Betrag abgegeben.
In der Krise zeigt sich deutlich: «GsE» hat in den zehn Jahren seines Bestehens für verschiedenste Leute Tagesstrukturen geschaffen. Der Mittagstisch als Treffpunkt war damals das Resultat der Abschlussarbeit von Eveline Hedinger in ihrer Ausbildung zur Sozialmanagerin. Und der Erfolg gab ihr recht: Bald kamen 15, dann 30, 40 und schliesslich bis zu 60 Gäste. Und wenn die Leute schon kommen, sollen sie auch gefördert werden. So folgte auf die Basis essen und trinken in einem zweiten Schritt das Lernen der deutschen Sprache. Eveline Hedinger betont, dass das Wachstum nicht geplant war, sondern sich immer «irgendwie ergeben» habe. Anfragen kamen von den Gästen, aber auch von Behörden.
Die Einsamkeit durchbrechen
«In den zehn Jahren haben wir viele Beziehungen aufgebaut», freut sich Eveline Hedinger. Als wichtigen Erfolgsfaktor nennt die GsE-Initiantin die personelle Konstanz. Grosse Bedeutung misst sie auch dem Umzug des Treffpunkts vom Untergeschoss der Chrischona ins Haus am Jonenbach zu. Ein Haus mit einer eigenen Brücke. Diese steht sinnbildlich für das Verbindende zwischen verschiedenen Gesellschaftsschichten und Ethnien. «Ich glaube, dass wir als Christen einen Auftrag in der Gesellschaft haben», sagt Eveline Hedinger. «GsE» versteht sie deshalb als Treffpunkt für Menschen, die psychisch oder physisch in Not sind. Sie sollen sich hier wohlfühlen, sich auf Augenhöhe mit anderen austauschen können – und so die Einsamkeit durchbrechen.
Dazu gehört, dass man sich nicht nur helfen lassen, sondern auch etwas beitragen darf. So kostet auch jedes Angebot etwas. Das Essen am Mittagstisch fünf Franken, eine Lebensmitteltasche zwei Franken, die Teilnahme am Treffpunkt zehn Franken im Monat. Die Beträge sind extra so gewählt, dass niemand ausgeschlossen wird. «Und wer Freude hat, darf gerne mehr spenden», so Eveline Hedinger. Gespendet oder zur Verfügung gestellt sind auch die Nähmaschinen, an denen sich Gäste kreativ betätigen können. Willkommen sind in diesem Zusammenhang Leute mit handwerklichen Ideen, die sich gerne einbringen würden. «Wir wünschen uns auch ein Angebot für Männer», so Eveline Hedinger, «vielleicht etwas mit Holz.»
Keine Abhängigkeiten schaffen
Entwicklung ermöglichen – das ist eines der grossen Ziele von «GsE». Beispielhaft zeigt sich dies bei einer Syrerin, die ursprünglich zum Mittagstisch kam, dann in den Deutschunterricht und sich jetzt darauf vorbereitet, sich ihren Lebensunterhalt künftig selbstständig als Näherin und Flickerin verdienen zu können. «Wir wollen keine Abhängigkeiten schaffen», betont Eveline Hedinger. Dazu gehört, dass man künftig die Menschen noch besser unterstützen will, im Arbeitsmarkt Fuss zu fassen.
Verein GsE, Alte Dorfstrasse 1b, Affoltern. Weitere Infos unter www.gse-affoltern.ch