Aus dem Garagenzelt in die Selbständigkeit

Serie "Unternehmen im Bezirk": Mario Winkler hat eine Automatikerlehre absolviert − heute bietet er in Affoltern Beschriftungen aller Art an

Mario Winkler (33) vor seiner Werkstatt in Affoltern. (Bild Deviprasad Rao)
Mario Winkler (33) vor seiner Werkstatt in Affoltern. (Bild Deviprasad Rao)

Wer Mario Winkler begegnet, spürt sofort die Energie eines Menschen, der sich seinen eigenen Weg geschaffen hat. Mit 33 Jahren steht er an der Spitze der Winkler Beschriftungen GmbH, eines Unternehmens, das im Handwerk der Fahrzeugfolierung und Beschriftung verwurzelt ist – und doch geprägt von seinem persönlichen Drang nach Kreativität, Unabhängigkeit und familiären Werten. Seine Geschichte beginnt nicht in glitzernden Showrooms oder mit ausgefeilten Businessplänen, sondern mit einem jungen Lehrling, der nach mehr suchte.

Aufgewachsen in Zwillikon und Obfelden, stammt Mario aus einer Familie, in der Selbstständigkeit fast Tradition war. «In jeder Generation gab es mindestens ein oder zwei Unternehmer», erinnert er sich. «Das hat mich früh inspiriert, etwas Eigenes aufzubauen.» Seine Grosseltern leben in der gleichen Liegenschaft wie seine Firma, in der sein Grossvater Ernst Winkler (90 Jahre) bis vor einem Jahr als Hauswart tätig war. Heute schöpft Mario Kraft aus seinem nahen Familienkreis: seiner Frau, zwei kleinen Kindern – und den beiden Hunden, die ihn früher oft ins Geschäft begleiteten.

Alles begann in einer Lagerhalle

Sein formaler Einstieg ins Berufsleben war wenig inspirierend. Als Automatiker bei den Verkehrsbetrieben der Stadt Zürich merkte er schnell, dass ihm der kreative Funke fehlte. «Das war nichts für mich», sagt er offen. Ein kurzer Abstecher zu einem Schliessanlagenbetrieb bestätigte den Eindruck. Dann kam die Wende: Ein Familienfreund mit einer Garage in Urdorf bot ihm eine Stelle im Verkauf von Kleinwagen an. Entscheidend war für Mario nicht nur der Job, sondern die Freiheit, die Räume zu nutzen, um nebenbei seine eigene Geschäftsidee zu erproben.

2012 entstand carfolierung.ch – ein Ein-Mann-Betrieb für Fahrzeugvollverklebungen. In einem Zelt (zur Regulierung der Temperatur) in der Lagerhalle eignete sich Mario das Handwerk an, besuchte Schulungen und übte viel. Anfangs lebte das Geschäft von Tuning-Kunden. «Ein Kunde kommt, das Auto wird foliert, und dann ist er wieder weg. Spannend, aber nicht nachhaltig. Ich wollte mehr Stabilität.»

Die Lösung war ein strategischer Schritt: Aus carfolierung.ch wurde Winkler Beschriftungen. Damit änderte sich nicht nur der Name, sondern die ganze Identität. Von Beginn an wuchs Mario vorsichtig, ohne Kredite und mit langsamer Expansion. Ein Meilenstein war die Anstellung seines ersten Mitarbeiters, Antony Villa. «Für eine andere Person Verantwortung zu tragen, ist ein grosser Schritt», sagt er rückblickend. Antony ist bis heute dabei – Symbol für die Loyalität, die Mario vorlebt. Heute zählen auch Gestalterinnen, Monteure, Produktionskräfte und seine Mutter im Textilbereich zum Team.

Seine Führungsphilosophie basiert auf Respekt und Offenheit. «Ich versuche, das Geschäft so zu führen, wie ich es selbst als Angestellter geschätzt habe – kollegial, mit einem respektvollen Umgangston. Wenn Fehler passieren, sollen die Mitarbeitenden offen zu mir kommen. Wir lösen das gemeinsam.» Diese Haltung hat ein stabiles, junges Team mit starkem Zusammenhalt geformt.

Die Arbeit selbst ist ein Wechselspiel aus Kreativität und Präzision. Winkler Beschriftungen bietet heute Gestaltungen, Digitaldruck, Plotten und Montage – alles inhouse, mit einem bewusst schlanken Maschinenpark. «Lieber machen wir das, was wir können, wirklich perfekt, statt uns zu verzetteln.» So gelingt es, Qualität zu sichern und Vertrauen bei den Kunden aufzubauen, zu denen viele regionale Handwerksbetriebe gehören.

Kein grosser Wachstumsdrang

Seine Wurzeln im Car Wrapping verschaffen ihm bis heute einen Vorteil. «Die meisten Werbetechniker können bis zu einem gewissen Punkt folieren, dann stossen sie an Grenzen. Weil ich vom Wrapping komme, können wir auch sehr komplexe Projekte umsetzen.» Dieses Know-how und eine bodenständige Kundschaft haben ein stabiles Geschäftsmodell geschaffen. Selbst in der Pandemie blieb die Firma erfolgreich. «Die Handwerker hatten Arbeit – die Leute renovierten ihre Häuser und Gärten. Unsere Kunden waren beschäftigt, und wir ebenso.»

Dennoch jagt Mario keinem aggressiven Wachstum hinterher. Seine Vision bleibt bescheiden: vielleicht noch ein Mitarbeiter und noch ein Lernender – mehr nicht. «Für mich sind langfristige Mitarbeitende das Wichtigste. Beständigkeit, Freundschaft, Vertrauen – das zählt mehr als jede Wachstumszahl.»

Abseits des Geschäfts dreht sich für Mario alles um seine Familie. Sie ist Inspiration und Erdung zugleich. «Für sie zu sorgen – und meinen Mitarbeitenden Sicherheit zu geben, damit alle gut leben können – darum geht es.» Selbst die spielerischen Details seiner Firma spiegeln diese Haltung wider: Auf der offiziellen Website sind zwei Hunde ausdrücklich Teil des Teams. Halb im Scherz und halb als Statement soll dies zeigen, dass Arbeit Platz für Menschlichkeit und Humor haben darf.

Auch sein Vater, Fredy Winkler, bringt es auf den Punkt: «Ich bin sehr stolz auf meinen Sohn. Er hat die Firma mit Hingabe und Entschlossenheit von Grund auf aufgebaut. Wenn er etwas nicht wusste, hat er sich das Wissen beschafft – das hat mich immer beeindruckt. Ehrlichkeit, Zuverlässigkeit und sein Umgang mit Kunden haben viel zu seinem Erfolg beigetragen. Dazu kommt seine Ruhe und die Freude an der Arbeit. Als Eltern sind wir dankbar.»

Marios Weg vom Automatiker zum Unternehmer ist keine Geschichte von schnellem Ruhm, sondern von stetigem Wachstum – getragen von Werten und Kreativität. Sein Erfolg liegt nicht im Glanz der Autos, sondern in Vertrauen, Loyalität und dem Willen, etwas Dauerhaftes zu schaffen, ohne die Menschen aus dem Blick zu verlieren.

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