Folgt nun der WM-Titel für Schneebeli?

Die Schweizer Meisterin im Mountainbike-Cross-Country, Jacqueline Schneebeli, avanciert mit dem Gewinn des Europameistertitels zur Favoritin für eine Medaille an den Weltmeisterschaften Ende August im kanadischen Mont-Sainte-Anne.

Juniorin Jacqueline Schneebeli feiert in Brünn ihren ersten Mountainbike-Cross-Country- Europameistertitel – und tat es damit ihren Vorgängerinnen Jolanda Neff und Sina Frei gleich. <em/>

Juniorin Jacqueline Schneebeli feiert in Brünn ihren ersten Mountainbike-Cross-Country- Europameistertitel – und tat es damit ihren Vorgängerinnen Jolanda Neff und Sina Frei gleich. <em/>

Begnadete Fahrtechnikerin: Jacqueline Schneebeli an der Spitze des EM-Juniorinnenrennens vor ihrer Kontrahentin Mona Mitterwallner, die später einen Platten erlitt. <em>(Fotos Armin Küstenbrück)</em>

Begnadete Fahrtechnikerin: Jacqueline Schneebeli an der Spitze des EM-Juniorinnenrennens vor ihrer Kontrahentin Mona Mitterwallner, die später einen Platten erlitt. <em>(Fotos Armin Küstenbrück)</em>

Jacqueline Schneebeli geniesst derzeit einen Lauf, wie ihn sich jede Sportlerin und jeder Sportler wünscht. Seit Beginn dieser Saison blieb die Hauptikerin bis auf ein Rennen stets ungeschlagen. Im Proffix Swiss Bike Cup, den sie bereits im Vorjahr gewinnen konnte, blickt die 18-Jährige auf eine makellose Siegserie zurück und führt mit grossem Punktepolster – obwohl sie ein Rennen weniger absolviert hat als die Zweitplatzierte im Gesamtklassement. An der Schweizer Meisterschaft in Gränichen hat sie den Titel souverän verteidigt und dabei über die gesamte Distanz mit Elitefahrerin und Ex-Sprintweltmeisterin Linda Indergand mitgehalten. Das Selbstvertrauen, dass es auch im internationalen Vergleich zu mehr reichen könnte, holte sich die Elektroinstallateur-Lehrtochter mit dem Gewinn des Junioren-Weltcuplaufs in Albstadt.

Taktisch abgebrüht

An der Europameisterschaft letzten Samstag im tschechischen Brünn zeigte sich Schneebeli abgebrüht und taktisch klug agierend. Sie liess sich nicht von der Anwesenheit ihrer härtesten Kontrahentin Mona Mitterwallner nervös machen, sondern zwang ihr ihren Rhythmus auf. Immer wieder verschärfte Schneebeli das Tempo in den Steigungen, zwang so ihre Konkurrentin, die sich partout nicht an der Führungsarbeit beteiligen wollte, zum Reagieren. «Es hatte Wind auf der Strecke. Ich wollte nicht, dass Mona in meinem Windschatten ihre Kräfte fürs Finale schont», begründet Schneebeli ihre Fahrweise. Auf die Idee gebracht hatte sie ihr Trainer. «Wir haben mit diesem Szenario gerechnet. Er riet mir: Spiele mit deinen Gegnerinnen, wenn du nicht alleine bist. Das habe ich umgesetzt.»

Dass sie in den letzten Wochen vor der Europameisterschaft nur noch wenige Wettkampfeinsätze bestreiten konnte, erachtet die Hauptikerin nicht als Nachteil. Sie sagt: «Ich kann mich auch alleine im Training gut auspowern und mich völlig an die Leistungsgrenze bringen. Das ist zwar eine starke Kopf- und Willenssache. Aber es geht.» Pirmin Christen schreibe ihr dazu die Trainingspläne. Gearbeitet werde mit verschiedenen Pulsbereichen. «Beim Abarbeiten der Programme packt mich jeweils völlig der Ehrgeiz, bereits im Training mein Bestes zu geben», erklärt die Oberämtlerin. Das Intervalltraining habe ihr die nötige Härte gegeben, weshalb sie während des Titelkampfes nie voll in der Säure fahren musste. «Als Mitterwallner den Defekt hatte, habe ich mein Tempo einfach durchgezogen», so Schneebeli. Bis zuletzt sei sie hochkonzentriert geblieben, denn in den künstlich angelegten Steinpassagen hätte es auch ihr passieren können, dass sie einen Platten einfährt.

Konzentriert bis zum Schluss

Nicht nur deshalb war höchste Konzentration gefragt: Während des Rennens begann es zu regnen. «In der vierten von fünf Runden wurde der Rock Garden extrem glitschig. Aber es ist glücklicherweise alles gut gegangen. In der Schlussrunde war der Kurs bereits wieder abgetrocknet.» Auf die Ende August bevorstehende Welt-meisterschaft im kanadischen Mont-Sainte-Anne angesprochen, entgegnet die Hauptikerin: «Wenn alles gut geht, ist ein WM-Medaillengewinn realistisch. Ich freue mich jedenfalls mega.» Bereits im letzten Jahr, als die Welt- titelkämpfe in Lenzerheide stattgefunden hatten, war Schneebeli in der Nationalauswahl und konnte erstmals WM-Luft schnuppern. Sie wurde Siebte.»

Bis zur Abreise nach Kanada geniesst sie nun das Leben eines Profis. Zeit, um den EM-Titel zu Hause würdig zu feiern, bleibt jedoch kaum. Am Nationalfeiertag gehts bereits weiter für zwei Wochen ab in die Familiensommerferien nach Sankt Leonhard im Südtirol. Dabeisein wird auch ihr Vater, der sie mit dem Bike-Virus angesteckt hat. «Da werde ich biken ohne Ende», sagt Schneebeli lachend. Sie müsse nur aufpassen, dass sie es in der Euphorie nicht übertreibe.

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